Deutschland will gemeinsame Linie für Medienvielfalt
Deutschland will seine EU-Ratspräsidentschaft zu einer gemeinsamen europäischen Linie für mehr Medienvielfalt nutzen. Dabei geht es unter anderem um die Plattformregulierung. „Die meisten Mitgliedstaaten versuchen auf nationaler Ebene, Plattformregulierung im Interesse großer Medienvielfalt und für eine vitale Demokratie zu betreiben“, sagte die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters.
Man wolle aber unter Berücksichtigung der Kompetenzen der Mitgliedstaaten ergänzend auch noch stärker auf die medienpolitische Tagesordnung der EU setzen, „wie man unabhängigen Journalismus und Freiheit der Medien in der digitalen Gesellschaft im Interesse einer pluralistischen Medienlandschaft sichern kann“, so die CDU-Politikerin gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zum Start der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am heutigen Mittwoch.
Grütters zählte Regeln für die Auffindbarkeit von Medieninhalten auf großen Plattformen auf und forderte eine Transparenzpflicht für Betreiber, ihre Algorithmen offenzulegen. „Plattformregulierung ist nicht nur ein Thema, das in der Medienwelt stattfindet, sondern sie ist relevant für unseren gesamten Alltag“, betonte Grütters und nannte etwa Desinformation und die Sicherung der Meinungsfreiheit.
Deutschland hat sechs Monate lang die EU-Ratspräsidentschaft inne. Man wolle in dieser Zeit auch darauf hinwirken, dass bei EU-Gesetzesvorhaben künftig der Bereich Medien noch stärker mitgedacht werde. „Wir möchten, dass der Medienpluralismus zum horizontalen Thema wird. Das heißt, dass die Frage der Medienverträglichkeit bei fast allen EU-Gesetzgebungsvorhaben zumindest mitläuft“, sagte Grütters. Ziel sei es, im Dezember eine sogenannte Schlussfolgerung des Rates zu beschließen. Darin wird eine gemeinsame Position der Mitgliedstaaten festgemacht, die dazu dient, den politischen Standpunkt des Rates zu einem EU-Thema deutlich zu machen.
Grütters erläuterte: „Wir wollen eine gemeinsame Position dazu finden, was mediale Vielfalt in Zeiten von Überangebot und gleichzeitiger Quasi-Monopolisierung durch einzelne Marktteilnehmer wie Google und Facebook bedeutet.“ Sie ergänzte: „Und wie journalistische Qualität, fairer Wettbewerb um Aufmerksamkeit, Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit in einer digitalen Welt erhalten werden können.“
Was die Regulierung von Plattform-Betreibern angeht, könnte nach Ansicht der CDU-Politikerin der neue Medienstaatsvertrag in Deutschland als Blaupause dienen. Dieser befindet sich in der abschließenden Phase der Abstimmung in den jeweiligen Parlamenten in den deutschen Bundesländern, um dann womöglich im Herbst in Kraft zu treten. Er ersetzt den Rundfunkstaatsvertrag und nimmt als Neuerung auch große Plattform-Betreiber in die Pflicht. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass Internet-Plattformen in der Medienbranche seit Jahren an Bedeutung gewinnen.
Damit gelten die Regeln auch für Online-Plattformen wie Smart-TVs (also TV-Geräte mit Internetzugang und Benutzeroberflächen), Soziale Medien und Suchmaschinen, die Medieninhalte bereitstellen, sie aber nicht selbst produzieren. So sollen zum Beispiel die Angebote diskriminierungsfrei zur Verfügung stehen – die Plattformen dürfen also nicht bestimmte Inhalte ohne gerechtfertigten Grund in den Hintergrund rücken.
Grütters betonte: „Die Länder haben mit dem Medienstaatsvertrag Konzerne wie Google und Facebook in die Pflicht genommen. Das ist deshalb richtig, weil sie immer noch viel zu viel Einfluss darauf haben, welche Inhalte bei den Nutzerinnen und Nutzern ankommen.“ Medienpolitische Impulse will Deutschland auch mit einer digitalen Konferenzserie mit Medienakteuren aus ganz Europa geben.