Rechnungshof-Rohbericht zum ORF-Standort liegt vor

Der Rechnungshof hat seine Prüfung des ORF-Umbaus vorerst abgeschlossen und den Rohbericht vorgelegt. Den übermittelte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz am Montag den Stiftungsräten, mit einer „ersten Analyse“, in der er festhält: Der RH habe in mehreren Punkten Kritik geübt, einen „ganz überwiegenden Teil“ davon habe der ORF bereits aus dem Weg geräumt bzw. Empfehlungen schon umgesetzt.

Insgesamt sprach der Rechnungshof 21 Empfehlungen aus, 16 davon betrachtet der Generaldirektor als bereits umgesetzt, eine als teilweise. Ein wesentlicher Kritikpunkt des Rechnungshofs betrifft die Entscheidungsfindung für den Standort. APA-Informationen zufolge kam der RH zu dem Schluss, dass ein Neubau nur um weniges mehr gekostet hätte. Beim Beschluss für den zentralen Medienstandort am Küniglberg seien nicht noch zusätzliche Szenarien geprüft und im Detail bewertet worden, fasste Wrabetz in seinem Schreiben an den Stiftungsrat, das der APA vorliegt, den RH-Befund zusammen.

Man hätte auch bis zum Vorliegen von Umwidmungen warten sollen, hieß es weiter. Dass der „Plan B“ – der nun, da die Umwidmungen erfolgt sind, umgesetzt wird – nicht schon vor der Standortentscheidung erstellt wurde, bemängelte der Rechnungshof demnach ebenfalls. Wrabetz hält dazu fest, dass der Beschluss für den Standort im 13. Wiener Gemeindebezirk „auf Grundlage umfangreicher strategischer und wirtschaftlicher Überlegungen“ gefasst worden sei. „Eine langfristige Verzögerung der Umwidmung war nicht absehbar“, schreibt er. Und der „Plan B“ sei zeitgerecht entstanden.

Was das Baubudget betrifft, finden die Prüfer, dass dessen Höhe (303,7 Millionen Euro) zu früh fixiert wurde, gibt Wrabetz einen weiteren Kritikpunkt wieder. „Der ‚Plan B‘ und dessen bisherige Umsetzung zeigen jedoch, dass diese ambitionierte ‚Zielsetzung‘ umsetzbar ist“, schreibt er. Vor allem zu Beginn des Projekts habe es „organisatorische Defizite“ gegeben, stellte der RH laut Wrabetz fest. Das bestreitet der ORF-Chef auch gar nicht. „Ein Grund war der Zeitdruck“, da Sanierungsmaßnahmen „zwingend notwendig“ geworden seien. Ein anderer „die hohe Nachfrage nach Fachkräften“. Allerdings seien mittlerweile „sämtliche Organisationsdefizite beseitigt“, man agiere nun „weitgehend“ gemäß der „Bauempfehlungen“ des Rechnungshofs.

Der Verkauf des Funkhauses sei ebenfalls zu früh gestartet worden, berichtet Wrabetz von einem weiteren Befund des Rechnungshofs. Allerdings wendet der ORF-Chef ein, dass man den „Schwierigkeiten beim Umwidmungsverfahren Rechnung getragen“ und den Verkaufsprozess entsprechend adaptiert habe.

Dass die Sanierung des „Objekt 1“, des Hauptgebäudes, teurer wurde als geplant, ist bekannt – und wird, wie Wrabetz schreibt, auch „erwartungsgemäß“ vom Rechnungshof festgestellt. Dieser moniere, dass bis zum Sanierungsstart zu viel Zeit verstrichen sei. Der „unmittelbare Handlungsbedarf“ mit „Gefahr für Leib und Leben“ sei aber erst 2012 offensichtlich geworden, hält der Generaldirektor dem entgegen. Außerdem habe man aus dem Objekt 1 „gelernt und entsprechend reagiert“ – beim Objekt 2 liege man „exakt im Termin- und Kostenplan“. Ein weiterer Kritikpunkt des Rechnungshofs schließlich betrifft die Tatsache, dass manche Vergaben nicht gemäß dem Bundesvergabegesetz durchgeführt wurden. Der ORF vertrete aber die Rechtsmeinung, den Bestimmungen des Gesetzes nicht zu unterliegen, erklärt Wrabetz. Außerdem werde es „von vielen Experten in einem Bauprojekt als kein geeignetes Instrument“ gesehen, wegen der Gefahr verfahrensbedingter Verzögerungen. Trotzdem wende der ORF es „in fast allen Fällen freiwillig an“.

Positiv hervorgehoben habe der Rechnungshof, dass der ORF im Rahmen des Bauprojekts Nachhaltigkeitsmaßnahmen ergriff und dass es „trotz der Komplexität des Bauvorhabens“ zu keinen Produktions- oder Sendeausfällen gekommen sei.

Wrabetz versicherte den Stiftungsräten, dass der Bericht in den nächsten Gremiensitzungen „vertiefend“ dargelegt werden wird. Er unterstrich generell, „dass das Bauprojekt ‚ORF-Medienstandort‘ mittlerweile sowohl im Kosten- als auch im Terminrahmen ist“. Der ORF hat nun drei Monate Zeit, seine Stellungnahme an den Rechnungshof zu formulieren, die dieser für seinen Endbericht berücksichtigt. Mit dessen Vorliegen ist somit im Laufe des Jahres zu rechnen.