Zeitungsbranche diskutierte digitale Bezahlmodelle

Bei den Medientagen ist am Donnerstag die Zukunft der Printmedien im Mittelpunkt gestanden. „Die Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo warb in seiner Keynote für eine ständige Weiterentwicklung der Medienprodukte. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion zum Thema, wie digital Geld zu verdienen sei, zeigten sich die Vertreter österreichischer Medienhäuser durchaus experimentierfreudig.

„Das Medienprodukt der Zukunft wird möglicherweise nicht nur journalistische Inhalte haben“, sagte Markus Mair (Styria Media Group). Die Styria, zu der unter anderem die „Presse“ und die „Kleine Zeitung“ gehören, war unter den ersten österreichischen Medienhäusern, die online Bezahlschranken einführten.

„Sorgen“ um die Zukunft von Regionalzeitungen machte sich Medienmanager Veit Dengler (Bauer Media Group). Denn diese seien noch am ehesten durch Gratisprodukte ersetzbar, meinte er. Optimistischer zeigte sich Hermann Petz, Vorstandschef der Moser Holding, zu der die „Tiroler Tageszeitung“ gehört. Er warb dafür, die „Kraft der alteingesessenen regionalen Marken“ nicht zu unterschätzen. „Ich bin davon überzeugt, dass es noch lange einen relevanten Printanteil im Regionalen geben wird“, sagte er.

„Ich glaube nicht, dass man Journalismus, wie ihn ‚Standard‘, ‚Presse‘ oder ‚Krone‘ macht, mit Paid Content auf diesem Niveau halten können wird“, meinte dagegen „Heute“-Herausgeberin Eva Dichand. Es werde staatliche Förderungen in „ganz hohem Ausmaß“ für Digitalplattformen brauchen. Anders sah das Dengler: „Es gibt keine Förderung gratis“, warnte er. Zu fördern sei nicht Aufgabe des Staates, sondern der Zivilgesellschaft.

„Das Problem ist, dass wir sehr viel neue Channels bespielen müssen und nicht wissen, wie wir das monetarisieren können“, sagte Dichand. Bei neuen Tools wie Podcasts stehe man derzeit vor der Frage, wie man diese zu Geld machen könne.

Auf die Möglichkeit, neue Technologien durch die „Google News Initiative“ fördern zu lassen, wies Christine Antlanger-Winter, Country Director für Google Österreich, hin. Mit der Förderschiene seien in den vergangenen drei Jahren 17 Projekte in Österreich unterstützt worden.

Es gehe auch darum, zu lernen, welche Artikel die meisten Leser dazu bringen, sich zu registrieren bzw. dafür zu bezahlen, sagte Petz. Bei der „Tiroler Tagezeitung“ sei das etwa ein Bericht darüber gewesen, wie die Gehzeiten auf Wanderschildern berechnet werden, erzählte er.

Bei der „Zeit Online“ seien die meisten Probe-Abos durch einen Artikel über Waldorfkindergärten erzeugt worden, berichtete Geschäftsführer Christian Röpke, „also Dinge, die einen berühren, eine starke Meinung auslösen“.

Der „Standard“ gründete das Ressort „Edition Zukunft“, als deutlich wurde, dass Artikel zum Thema „wie kann ich mein Leben etwas besser machen“, die Leser besonders interessierten, erzählte die stellvertretende Chefredakteurin Nana Siebert. Bezahlschranken gibt es auf standard.at im Gegensatz zu vielen anderen Onlinezeitungen keine. Mit dem „Pur-Abo“ kann man das Angebot aber werbefrei nutzen. Bis Jahresende will der „Standard“ 7.000 Pur-Abos erreichen. Experimentieren will man auch mit einem Modell angelehnt an den britischen „Guardian“, das Leser auffordert zu spenden.

Vom Wandel von einem an Reichweiten orientierten Modell hin zu einem lesermarktorientierten Modell erzählte Röpke von der „Zeit Online“. Das intensive Eingehen auf die Leserschaft hatte zuvor auch „Die Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo als einen der Gründe für den Erfolg der Wochenzeitung genannt.

„Uns geht es gut“, stellte di Lorenzo in seiner Keynote zu Beginn der Veranstaltung fest. Die Zeitung habe eine höhere Auflage, mehr Reichweite, mehr Leser und höhere Gewinne als vor 15 Jahren. „Gehen Sie den Wandel an, auf jeder Ebene, solange es Ihnen noch einigermaßen gut geht“, lautete sein Rat an die anderen Medienmancher.

Außerdem plädierte er für Diversität in den Redaktionen: „Ein paar Anti-Konformisten mehr würden uns allen ziemlich gut tun“, zeigte er sich überzeugt. Rein auf das digitale Produkt umstellen will di Lorenzo nicht. „Wir stellen fest, dass es eine enorme Bindung an das Papier gibt.“ Selbst unter den jungen Lesern sei die gedruckte Ausgabe beliebt. „Wenn wir die Printausgabe einstellen würden, hätten wir zwar Kosten gespart, aber wir würden auch Auflage verlieren.“ „Bestürzt“ zeigte sich der „Zeit“-Chefredakteur darüber, wie „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk in den vergangenen Wochen attackiert worden sei. „So etwas ist in Deutschland schwer vorstellbar“, stellte er fest.