„Radio öffnet Herzen und Brieftaschen“

Corona hat die Medienbranche im Allgemeinen und einige Mediengattungen im Besonderen stark mitgenommen. Radio scheint von diesen Entwicklungen ausgenommen zu sein. Warum das so ist und was in Zukunft auf das Medium Radio zukommen wird, hat der MedienManager bei Hörfunk-Experten nachgefragt.

 

MedienManager: Corona und Radio – Wie lautet Ihre Einschätzung?

Gottfried Bichler, Antenne: Speziell in einer Ausnahmesituation wie dieser ist es umso wichtiger, die regionale Wirtschaft mit kreativer Radiowerbung zu unterstützen und hörbar zu machen. Unter dem Motto „Die Steiermark bzw. Kärnten startet wieder durch“ entwickelten wir Konzepte, bei denen unsere Kunden unseren Hörerzuspruch bestmöglich für sich nutzen und aus der Menge hervorstechen konnten. Vor allem die starke regionale Verankerung ist das, was uns als Werbepartner auszeichnet und von anderen abhebt. 

Joachim Feher, RMS Austria: Radio hat genau jene Eigenschaften, die die Werbeindustrie im Augenblick braucht: Mit uns kann man von der Entscheidung über Kreation und Produktion innerhalb von 48 Stunden on air sein, wir haben nicht nur die günstigsten TKPs aller klassischen Mediengattungen, auch ein Spot kostet in der Produktion einen Bruchteil von Bewegtbild. Und keine andere Mediengattung öffnet auch so rasch die Herzen und Brieftaschen der Konsumentinnen und Konsumenten. 

Christian Stögmüller, Life Radio: Corona hat in eine neue Realität überführt, in der Radio als „Medium der Krise“ neuerlich seine Stärken ausspielen konnte: Punktgenaue, schnelle und zuverlässig recherchierte Information – regional verdichtet und somit eine große Informationshilfe. Das haben die HörerInnen, aber auch die Werbewirtschaft sehr zu schätzen gewusst. Der Anteil von Radio am österreichischen Werbemarkt ist deutlich gestiegen. Nach einer schwierigen Startphase im April konnte der Markt sehr gut stabilisiert werden. 

Ernst Swoboda, Kronehit: Was mir persönlich große Sorgen macht, für unsere gesamte Wirtschaft und noch weiter für unsere Gesellschaft, ist der abrupte und offenbar ziemlich nachhaltige Wandel von der – sicher etwas übertriebenen – „Spaß-Kultur“ zu einer stark übertriebenen „Angst-Kultur“. Ich sehe es als unsere Aufgabe, diesen negativen Konsequenzen verordneter Angst-Kultur gegenzusteuern und den Menschen trotz aller Widrigkeiten Freude am Leben und Offenheit gegenüber den Mitmenschen zu vermitteln.

Günther Zögernitz, RadioCom Wien: Radio ist das Krisenmedium mit der größten Reichweite und dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Auf nationaler Ebene lässt sich sehr gut beobachten, wie sehr die Wirtschaft auf Radio setzt. Auf regionaler Ebene ist das theoretisch auch so. Jedoch hat es auch viele KMU stark gebeutelt. Am Verhalten der Hörer hat sich erfreulicherweise nichts geändert. Sie konsumieren Radio in einem genauso hohen Maß wie vor oder während der Krise und bleiben ihrem Medium treu.

 

MedienManager: Was wird sich alles 2020 (und 2021) für Radio ändern?

Gottfried Bichler, Antenne: Wir sind und bleiben ein authentisches Produkt. Die Möglichkeiten, wo, wann und wie man Radio hören kann, entwickeln sich ohnedies stetig weiter. Als innovativer Sender setzen wir auf alle wirtschaftlich sinnvollen Verbreitungswege. Die Herausforderung besteht darin, die große Palette an Möglichkeiten erfolgreich zu bespielen und auf den relevanten Plattformen präsent zu sein.

Joachim Feher, RMS Austria: Wie sich das 4. Quartal entwickeln wird, kann im Augenblick noch niemand sagen. Ich hoffe sehr, dass die düsteren Prognosen nicht eintreten und Österreich auf einem guten Recovery-Kurs weiterfährt. Gerade im Online-Audio-Bereich sehen wir sehr schöne zweistellige Zuwachsraten in der Nutzung. Audio passt einfach in jeder Lebenssituation, punktet mit einem hohen Vertrauensgehalt in der Information, aber auch mit den wichtigen Momenten der Entspannung und des Durchatmens.

Christian Stögmüller, Life Radio: Auch in den Sendern ist eine neue Realität eingezogen. Ob Homeoffice oder strengere Hygiene- und Workflow-Vorschriften, die Abläufe sind neu definiert worden und werden von den Teams, vor allem bei Life Radio, konsequent und mit hohem Verantwortungsbewusstsein gelebt. Das wird sich so schnell wohl auch nicht ändern. Planungen werden jedenfalls auch schwieriger, der Fokus liegt auf einem „Fahren auf Sicht“.

Ernst Swoboda, Kronehit: Aus „nur“ betriebswirtschaftlicher Sicht hat natürlich der Lockdown und damit verbunden der starke Ausfall von Werbung Privatradio als ausschließlich durch Werbeeinnahmen finanziertes Medium stark getroffen. Dennoch gelingt es uns bei Kronehit und meiner Beobachtung nach auch den meisten anderen Sendern, durch Kosteneinsparungen in Verbindung mit diversen Förderungen und Unterstützungen die Krise wirtschaftlich sehr gut zu bewältigen.

Günther Zögernitz, RadioCom Wien: Für uns in der Vermarktung wird es in nächster Zeit darum gehen, für unsere Kunden verstärkt da zu sein und ihnen vielleicht bei einem Neustart unter die Arme zu greifen, maßgeschneiderte Pakete zu schnüren und ganz individuell auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Außerdem wird weiterhin ganz oben auf unserer Liste stehen, die Vorteile von Radiowerbung zu betonen.

 

MedienManager: Der Radiotest ist erschienen – Überraschungen?

Gottfried Bichler, Antenne: Wir fühlen uns mehr als bestärkt, dass das Medium Radio in herausfordernden Zeiten Sicherheit und Verlässlichkeit bietet. Die Versorgung mit den wichtigsten Infos zur aktuellen Lage der Region ist dabei wesentlich, nicht weniger wichtig die menschliche Komponente. Der aktuelle Radiotest bescheinigt, dass die „Antennen“ der Tagesbegleiter für Kärnten und die Steiermark sind.

Joachim Feher, RMS Austria: Natürlich hätte ich mich über ein Plus bei allen Privatsendern sehr gefreut, aber meine Zufriedenheit ist auch mit den aktuellen Zahlen sehr hoch. Beinahe Stabilität auf diesem hohen Niveau in einer dramatisch veränderten Welt belegt, wie immens wichtig Radio im Alltag der ÖsterreicherInnen ist. 2,1 Mio. potenzielle Konsumentinnen und Konsumenten in einer Buchung sind – durch die Fragmentierung der Medienlandschaft auch im Vergleich zu Print, TV und natürlich ganz besonders versus Online – einzigartig.

Christian Stögmüller, Life Radio: Nein – Bestätigung positivster Art! Life Radio steigt in allen Werten und ist in der Gesamthörerschaft 10+ das beliebteste Privatradio in Oberösterreich. Das beweist: Radio ist ein perfektes Medium in Krisenzeiten, wird viel und lange genutzt – und spielt seine Stärken aus: schnell, kompetent, informativ, regional, aber natürlich auch unterhaltsam.

Ernst Swoboda, Kronehit: Für mich nicht. Ich sehe jedoch zwei Probleme: Zum einen soll ja die Reichweitenerhebung auch ein Planungsinstrument für die Zukunft sein – und da ist der derzeitige Radiotest nur beschränkt verwendbar. Zum anderen sehe ich, dass die gegenwärtige Erhebungsmethode eine immer größere Gruppe von (online-affinen) Menschen mit erheblicher Audionutzung nicht mehr erreicht – weil sie grundsätzlich keine Telefoninterviews für Marktforschung geben. Da muss uns rasch etwas einfallen.

Günther Zögernitz, RadioCom Wien: Jene Sender, die ihre Hörer bestmöglich kennen und auch um ihre Bedürfnisse Bescheid wissen, waren definitiv die Gewinner dieses Radiotests. Der Hörer gibt sich nicht nur mit Musik zufrieden. Er möchte unterhalten und informiert werden und sich bei seinem Sender wohl und zuhause fühlen. Und in sein Zuhause lässt man nur gute Freunde. So auch nur den Lieblingssender. Wie der aktuelle Radiotest bestätigt, haben wir unsere Hausaufgaben gemacht.