Elternbefragung ÖWR
Die ELTERNBEFRAGUNG des Österreichischen Werberats liefert valide Zahlen über die Ursache von Übergewicht bei Kindern sowie das Ernährungs- und Bewegungsverhalten in Österreich. Eines der Ergebnisse ist, dass Werbung in diesem Zusammenhang von untergeordneter Bedeutung ist. Weitere wichtige Ergebnisse in Kürze:
Corona hat den Alltag von Kindern in Österreich beeinflusst – gestiegen sind vor allem passive/sitzende Aktivitäten rund um Internet/Social Media sowie Videospiele – gesunken sind Bewegung und sportliche Aktivitäten.
Doch nicht der gestiegene Medienkonsum oder gar Werbung sind für Eltern die Hauptgründe für Übergewicht bei Kindern – vielmehr sind sich Eltern ihrer Eigenverantwortung und Vorbildwirkung bewusst.
Bei der Kaufentscheidung für Lebensmitteln sind qualitative Kriterien entscheidend: Qualität und Frische sind die wichtigsten Aspekte – gefolgt von Preis und Geschmack. Als am wenigsten relevant werden die Aspekte Verpackung und Werbung angegeben.
Werbung ist eine geschätzte Informationsquelle: Das Informationsinteresse über Produktneuheiten und Innovationen im Lebensmittelbereich mittels Werbung ist mit 82 Prozent sehr hoch.
Als zielführende Lösungen, um Übergewicht bei Kindern vorzubeugen und zu verringern, gelten: Mehr Bewegung, Ausbau der Ernährungsbildung und breit angelegte Aufklärungskampagnen. Die Eltern selbst sehen in Bewegung und Sport das stärkste Verbesserungspotential ihrer Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten.
Corona hat den Alltag von Kindern wesentlich beeinflusst: Vor allem die Nutzung von Internet und sozialen Medien ist erheblich gestiegen, auch Fernsehen oder Videospiele waren beliebte Beschäftigungen in Zeiten, in denen persönliche Kontakte nicht oder nur eingeschränkt möglich waren. Zu diesem eindeutigen Ergebnis kommt eine Elternbefragung im Auftrag des Österreichischen Werberats (ÖWR) über das Ernährungs- und Bewegungsverhalten von Kindern in Österreich. Beim Essen selbst war das Verhalten innerhalb der Familie ausschlaggebend: Gestiegen sind vor allem das (gemeinsame) Kochen zu Hause sowie die gemeinsamen Mahlzeiten innerhalb der Familie. Gesunken sind die körperliche Bewegung und sportliche Aktivität.
EIGENVERANTWORTUNG DER ELTERN
„Die veränderten Lebensgewohnheiten durch Corona waren uns allen bewusst“, so ÖWR-Präsident Michael Straberger, „genauso wie die direkten Auswirkungen dieser Änderungen auf das Übergewicht bei Kindern“. Interessant in diesem Zusammenhang war, welche Aspekte aus Sicht der Eltern für Übergewicht bei Kindern verantwortlich sind. Die Ergebnisse sind eindeutig. „Eltern sind sich ihrer Eigenverantwortung mehr als bewusst – sowohl in Bezug auf die Vorbildfunktion ihres eigenen Verhaltens als auch auf ihr mangelndes Wissen über Ernährung“, ergänzt Studienleiterin Roswitha Hasslinger. Insgesamt 87 Prozent der befragten Eltern sind der Meinung, dass das Vorbildverhalten von Eltern und der Umgang mit Ernährung im eigenen Haushalt eine sehr wichtige (56 Prozent) bzw. eher große (31 Prozent) Rolle bei der Entstehung von Übergewicht spielt. „Mit insgesamt 77 Prozent wird als weitere Hauptursache das mangelnde Wissen der Eltern über Ernährung angegeben. Doch auch das soziale Umfeld des Kindes oder die finanzielle Situation der Familie stehen an der Spitze der genannten Ursachen“, erklärt Hasslinger weiter.
Der zweitwichtigste Themenkreis bei der Entstehung von kindlichem Übergewicht wird im schulischen Bereich geortet – genannt werden dabei Faktoren wie das Fehlen von Ernährungsbildung im Schulunterricht, zu wenig Möglichkeit zur Bewegung oder die Qualität des Essens in Schule, Kindergarten etc.
Als weniger relevante Aspekte bei der Entstehung von Übergewicht werden schließlich zu viel Computernutzung und Medienkonsum, der Einfluss von Influencern oder auch Werbung in den verschiedensten Medienkanälen genannt.
WERBUNG IST INFORMATION
Vielmehr sieht die absolute Mehrheit der Mütter und Väter in der Werbung im Lebensmittelbereich einen wichtigen Informationsgehalt: 82 Prozent möchten mittels Werbung über Produktneuheiten und Innovationen bei Lebensmitteln informiert werden. Unter den Personen, die sich selbst als übergewichtig einschätzen, sind es 86 Prozent und bei jenen, die mit übergewichtigen Kindern im Haushalt leben, sogar 93 (!) Prozent.
„Aus Sicht des Werberats liefert die Elternbefragung mehr als interessante Ergebnisse und Erkenntnisse.“, betont ÖWR-Präsident Michael Straberger, „Nicht die werbliche Kommunikation an sich ist für Eltern bei der Entstehung von Übergewicht relevant. Vielmehr werden eigene Fehlverhalten als Ursache erkannt und Forderungen vor allem in Richtung pädagogischer Einrichtungen laut.“ Darüber hinaus geben 79 Prozent der Eltern an, dass sie Gespräche mit ihren Kindern über Wirkung, Zweck und Ziele von Werbung führen.
Auch die Verantwortung für eine ausgewogene Ernährung sehen Eltern mit insgesamt 91 (!) Prozent eindeutig bei sich selbst bzw. der Familie – 76 Prozent sehen hier sogar die hauptsächliche Verantwortung. Weit dahinter werden ältere Kinder selbst (41 Prozent) sowie Lehrer/Schule/Kindergarten (29 Prozent) und Hersteller von Lebensmitteln (29 Prozent) genannt, wobei gerade Letzteren lediglich eine Mitverantwortlichkeit zugeschrieben wird (nur 1 Prozent) sieht hier eine hauptsächliche Verantwortlichkeit). Und auch hier bestätigen sich die Ergebnisse für Kommunikation: Nur 2 Prozent der befragten Eltern sehen in der Berichterstattung von Medien und in der Werbung eine Hauptverantwortlichkeit für eine ausgewogene Ernährung von Kindern.
BEWEGUNG UND ERNÄHRUNGSBILDUNG ALS SCHLÜSSEL
Als wichtigste Maßnahme, um Übergewicht bei Kindern vorzubeugen bzw. zu verringern, wird die Änderung von Lebensgewohnheiten (55 Prozent) genannt. Damit einhergehend werden die Förderung von körperlicher Bewegung durch mehr öffentliches Freizeit- und Sportangebot (50 Prozent) oder auch die Wissensvermittlung über Ernährung an Kinder (38 Prozent) genannt. Im Lösungspaket von Eltern ebenfalls enthalten ist der Vorschlag der Änderung von Rezepturen von Lebensmitteln (38 Prozent).
Als wenig geeignet, um Übergewicht bei Kindern tatsächlich zu verringern, sehen Väter und Mütter in Österreich eine Beschränkung von Lebensmittelwerbung (20 Prozent) oder die Änderung von Lebensmittelverpackungen (13 Prozent). Vielmehr gibt die überwiegende Mehrheit der Eltern (insgesamt 91 Prozent) an, dass ausreichend Informationen über die Nährwerte der gekauften Lebensmittel auf der Verpackung vorhanden sind.
Hinsichtlich der Verbesserung des eigenen Ernährungs- und Bewegungsverhaltens geben die Befragten „mehr Bewegung und Sport“ als wichtigsten Faktor an. Die Beschränkung von Lebensmittelwerbung bildet bei möglichen unterstützenden Maßnahmen das Schlusslicht.
PROAKTIVES HANDELN GEFRAGT
„Der Ruf nach Werbeverboten als Lösung des Problems scheint nach Betrachtung dieser Ergebnisse politisch motiviert und wenig lösungsorientiert. Deshalb mein Appell an alle Verantwortlichen: Bündeln wir unsere Kräfte im Kampf gegen Übergewicht bei Kindern! Den gemeinsamen Weg in Form einer breit angelegten Informations- und Aufklärungskampagne zur Bewusstseinsbildung für einen gesunden Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend Bewegung begleiten wir gerne“, erklärt ÖWR-Präsident Michael Straberger.
Positive Signale für einen gemeinsamen Weg gab es bereits bei ersten Gesprächen zwischen dem Gesundheitsministerium und ÖWR-Präsident Michael Straberger sowie ÖWR-Geschäftsführerin Andrea Stoidl. Gespräche mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) müssen aus Sicht des ÖWR folgen, weisen doch gerade die befragten Eltern sehr deutlich auf eine relevante Mitverantwortung einer zu stärkenden Ernährungsaufklärung im Bildungswesen hin. Straberger weiter: „Bewusstseinsbildung und Aufklärung zum Wohl der Kinder ist ein gemeinsames Anliegen. Wichtig dabei ist vor allem der proaktive Zugang. Dies kann eine breit angelegte öffentlichkeitsstarke Informationsoffensive oder auch eine zielgruppenspezifische Informationskampagne über Influencer umfassen“.
„Lassen sie uns Werbung gemeinsam dazu nutzen, wofür sie gedacht ist: Aufmerksamkeit zu erzeugen, zu informieren und neue Angebote zu präsentieren. Denn, Werbung wirkt. Werbeverbote werden jedoch genau ein gegenteiliges Verhaltensmuster begünstigen, in dem sie das ,Verbotene‘ nur noch interessanter machen“, so Straberger abschließend.
Über die Studie:
In der zweiten Jahreshälfte 2021 wurde eine Elternbefragung über „Ernährung und Übergewicht von Kindern in Österreich“ im Auftrag des Österreichischen Werberats mittels online Panel durchgeführt.
Das Sample beträgt 1.009 Interviews. Zielpersonen der Befragung waren „Einkaufsverantwortliche in Haushalten mit Kindern bis 15 Jahren in Österreich. Für die Studienleitung und Auswertung zeichnete Roswitha Hasslinger (Hasslinger Consulting) verantwortlich. Die Feldarbeit übernahm Webfrager.
Über den Österreichischen Werberat
Der Österreichische Werberat (ÖWR) ist ein unabhängiges Organ des Vereines „Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft“. Der ÖWR fördert mittels freiwilliger Selbstbeschränkung der Österreichischen Werbewirtschaft das verantwortungsbewusste Handeln der Werbewirtschaft und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Die Zuständigkeit des Werberates erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Bereich Wirtschaftswerbung. Im Detail hat der ÖWR die Aufgabe, Fehlentwicklungen bzw. Missbräuche in der Werbung zu korrigieren und dient damit sowohl den Konsumentinnen und Konsumenten als auch verantwortungsbewussten Werbeunternehmen.