Recycling-Misere in der Modebranche
Circular Fashion Index 2023 zeigt den mangelnden Fortschritt. Vorreiter sind Patagonia, Levi’s und The North Face.
Bereits zum dritten Mal attestiert die internationale Unternehmensberatung Kearney der Modeindustrie in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit einen schlechten Geschmack. Unter den 200 im „Circular Fashion Index 2023“ untersuchten Marken aus 20 Ländern finden sich nur wenige, die bei der Herstellung auf Recycling setzen. An der Spitze liegen, wie schon im letzten Jahr, Patagonia, Levi’s und The North Face. Doch auch deutsche Marken können punkten. So ist Esprit in den Top 10 vertreten und auch Adidas, Hugo Boss und C&A finden sich im oberen Viertel. Insgesamt zeichnen sich diese Marken durch ihre Kommunikationsstärke aus.
Klimasünder Kleidung. Mit einer zehnstufigen Skala, dem „Circular Fashion Index 2023 (CFX)“, bewertet die internationale Unternehmensberatung Kearney, wie Modeunternehmen den Lebenszyklus ihrer Produkte im Sinne einer Kreislaufwirtschaft verlängern. Untersucht wurden 200 Labels aus 20 Ländern in den sechs Bekleidungskategorien Sport/Outdoor, Wäsche/Dessous, Luxus, Premium/Erschwinglicher Luxus, Massenmarkt und Fast Fashion. Die Unternehmen bekommen damit ein objektives Instrument in die Hand, den eigenen Status zu erfassen und Verbesserungsmaßnahmen in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft einzuleiten. Leider ist das Ergebnis für die Branche ernüchternd: Trotz des Modepakts, der auf dem G7-Gipfel 2019 in Frankreich vorgestellt wurde, gehört die Branche weiterhin zu den weltweit größten Umweltverschmutzern. So liegt der durchschnittliche CFX-Wert aller 200 globalen Marken bei mageren 2,97 von 10 Punkten. „Im Vergleich zu den Ergebnissen von 2022 liegen alle Marken zwischen 2 und 6. Sie haben es versäumt, die Verbraucher über die Bedeutung von Nachhaltigkeit aufzuklären und sie über Maßnahmen wie Recycling, Upcycling und den Verleih von Kleidung zu informieren“, sagt Mirko Warschun, Partner bei Kearney. „Nur 19 der 200 von uns untersuchten globalen Marken erreichten mehr als 5 von 10 Punkten und nur die drei führenden Marken erzielten in allen Bereichen mehr als 7 Punkte. Der diesjährige CFX zeigt, dass konkrete Maßnahmen erforderlich sind, um die Lücke zu schließen und die Branche zu mehr Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zu bewegen“, so Frederic Dittmar,Mitverfasser des Berichts und Manager bei Kearney.
Keine Bewegung an der Spitze
Spitzenreiter sind wie in den Vorjahren Patagonia, Levi’s und The North Face mit CFX-Werten von 8,65, 8,30 bzw. 7,90. Die beiden erstgenannten konnten sich leicht verbessern: Patagonia, indem sie ihre Bemühungen für mehr Recycling stärker kommunizierten und intern die Recyclingfähigkeit ihrer Produkte nach einem 10-Punkte-Programm bewerteten. Ähnlich Levi`s, das seine Nachhaltigkeitsbemühungen auch nach außen kommuniziert. Darüber hinaus hat das Unternehmen eine eigene Seite für recycelte Denim-Produkte ins Leben gerufen.
Mit Platz 6 im Ranking ist die US-amerikanische Marke Madewell der Aufsteiger des Jahres. Mit dem Programm „Madewell Forever“ und der Rücknahme gebrauchter Ware punktet das Label vor allem im Second-Hand-Bereich.
Auch der Schweizer Outdoor-Spezialist Mammut ist auf dem richtigen Weg. Er zeigt in den Bereichen Recyclingmaterialien, Kommunikation, Pflegeanleitungen und Reparaturservice auf.
Frankreich bester Durchschnittswert. Indien ist Schlusslicht
Interessant ist auch der regionale Vergleich: Die Mehrheit der untersuchten Marken (80 Prozent) stammt aus den USA, Deutschland, Frankreich, Italien, Indien und Großbritannien. Fünf der zehn bestplatzierten Marken kommen aus den USA. Frankreich weist mit 3,43 den besten Durchschnittswert auf, hat aber kein Label unter den Top 10. Allerdings befinden sich 50 Prozent der französischen Marken im oberen Viertel mit einem hohen Anteil an recycelten Materialien. Doch auch deutsche Marken schneiden gut ab. So ist das deutsche Unternehmen Esprit in den Top 10 vertreten und auch Adidas, Hugo Boss und C&A befinden sich im oberen Viertel. Insgesamt zeichnen sich die deutschen Marken mit 3,05 Punkten durch ihre Nachhaltigkeitskommunikation aus. Italienische Marken sind OVS (Platz 4) und Gucci (Platz 5), gefolgt von Moncler.
Vier britische Marken sind in den Top 25 Prozent vertreten (Burberry, Alexander McQueen, River Island und Barbour), da sie sich verstärkt um die Entsorgung von Altkleidern kümmern. Indien liegt mit einem CFX-Wert von 1,51 deutlich unter dem Durchschnitt. Alle indischen Marken liegen in der unteren Hälfte des Rankings und schneiden in fast allen Kategorien schlecht ab.
Über den „Circular Fashion Index 2023“ von Kearney
Der „Circular Fashion Index 2023“ wurde in seiner dritten Ausgabe erweitert und analysiert nun 200 globale Modemarken aus 20 Ländern in sechs Bekleidungskategorien: Sport/Outdoor, Unterwäsche/Dessous, Luxus, Premium/Erschwinglicher Luxus, Massenmarkt und Fast Fashion. Die CFX-Bewertung jedes Unternehmens basiert auf sieben Dimensionen, die die Auswirkungen der Marke auf die Kreislaufwirtschaft zeigen: Anteil der aus recycelten Stoffen hergestellten Kleidungsstücke, Verfügbarkeit von Reparaturen und Wartung, „Kreislaufwirtschaft“ in der Markenkommunikation, Ausführlichkeit/Zugänglichkeit von Pflegeanleitungen, Umfang/Tiefe des Secondhand-Verkaufs, Umfang/Tiefe des Verleihservices und die Verfügbarkeit von Rückgabestellen für getragene Kleidung.