Digitalisierung: „Masterplan“ statt „Einzelinitiativen“
Das Bildungsministerium will technischen Fortschritt systematisch an die Schulen bringen. Wo es bisher „zahlreiche Einzelinitiativen und Projekte“ des Ressorts gegeben habe, soll bis Sommersemester 2019 ein „Masterplan Digitalisierung“ her. Ziel laut Ministerratsvortrag vom Mittwoch: Moderne Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien, bessere Infrastruktur und verstärkte Aus- und Fortbildung der Lehrer.
Der Masterplan tritt an die Stelle von Initiativen wie der erst im Vorjahr noch unter Ex-Ministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) gestarteten „Digitalisierungsstrategie“. Diese setzte bereits auf ähnliche Themen (Aus- und Fortbildung der Pädagogen, Ausbau der Infrastruktur, Ausstattung der Schüler mit Tablets bzw. Laptops). Folge war etwa die Einführung der heuer flächendeckend umgesetzten verbindlichen Übung „Digitale Grundbildung“ für Schüler an den Neuen Mittelschulen (NMS) und AHS-Unterstufen.
Fachinhalte sollen beim „Masterplan“ künftig ebenso auf den Prüfstand wie die Art der Wissensvermittlung, das Verständnis für große Zusammenhänge und Kritikfähigkeit soll Vorrang bekommen vor Faktenlernen, das Interesse an Technologie (vor allem unter Mädchen) gesteigert und digitale Fähigkeiten verbessert werden. Wie und in welcher Art digitale Inhalte und Instrumente in den Unterricht einfließen, ist laut Ministerium „noch nicht abschließend geklärt“. Immerhin bringe der Einsatz digitaler Geräte ohne „die richtigen pädagogischen Ansätze“ nicht automatisch bessere Lernergebnisse, verweist man auf Studien der OECD.
Bei der technischen Ausstattung herrscht laut Bildungsministerium „teils erheblicher Nachholbedarf“: Nur an etwa der Hälfte der AHS und NMS sowie rund 60 Prozent der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) gab es im ersten Halbjahr 2018 WLAN in allen Unterrichts- und Aufenthaltsräumen. Lediglich an 14 Prozent der NMS und mehr als einem Drittel der AHS und BMHS gibt es eine Internet-Breitband-Anbindung von 100 Mbit/s. Eingesetzt werden digitale Medien trotzdem jetzt schon an der Mehrzahl der Sekundarschulen: Rund zwei Drittel der NMS, AHS und BMHS nutzen bei Bedarf Smartphones, Tablets und Notebooks der Schüler im Unterricht; ein pädagogisches Konzept dafür haben zwei Drittel der NMS, rund 59 Prozent der AHS und die Hälfte der BMHS.
Ziel des Bildungsministeriums ist es, die Ausstattung aller Schulen mit Infrastruktur und mobilen Engeräten auf einen vergleichbaren Stand zu bringen und flächendeckend die Voraussetzungen für einen Einsatz digitaler Tools an den Schulen zu schaffen. Außerdem soll in einem Modellprojekt an ausgewählten Schulen der 1. Klasse AHS – bzw. „wenn finanziell verkraftbar“ beim gesamten Jahrgang – der Einsatz einer Musterausstattung (Breitbandanbindung, Netzwerk/WLAN im gesamten Schulgebäude, digitale Schultafeln/Beamer, mobile Endgeräte) samt pädagogischem Konzept getestet werden.
Dritter Schwerpunkt neben Lehrinhalten und technischer Ausstattung sind die Lehrer selbst: In ihrer Aus- Fort- und Weiterbildung soll Digitalisierung und Vermittlung von Inhalten mit modernen Medien systematisch verankert werden. Bei bereits unterrichtenden Pädagogen sollen vor allem schulinterne Fortbildungen am Standort eingesetzt werden.
Erstellt werden soll der „Masterplan“ gemeinsam mit anderen Ministerien und externen Experten, die Umsetzung schrittweise bis 2023 erfolgen. Die Finanzierung muss erst mit Bundeskanzleramt und Finanzministerium geklärt werden.
Jahrzehnteprogramm
Der Masterplan soll Österreich „wettbewerbsfähiger und besser“ machen, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz. Bildungsminister Heinz Faßmann (beide ÖVP) sprach dabei von einem „Jahrzehnteprogramm“.
Nach der Einführung der Gratis-Schulbücher sei dies ein weiterer wesentlicher Schritt, so Kurz. Er erklärte, es handle sich um ein „sehr großes Projekt, das uns bis zum Ende der Legislaturperiode begleiten wird und uns definitiv wettbewerbsfähiger und besser machen wird“. Es brauche dabei jedenfalls nicht nur die Endgeräte, sondern auch gute Aus- und Weiterbildung für die Lehrer, so Kurz.
Faßmann räumte ein, dass die Digitalisierung kein einfaches Projekt ist. Mit ihr soll aber das „enorme Potenzial“ für das Schulwesen genutzt werden. Schüler sollen dabei nicht nur Programme bedienen können, sondern die Prozesse verstehen, ebenso was Programme leisten bzw. nicht leisten können. Laut dem Bildungsminister genüge es dabei nicht, die technische Infrastruktur zur Verfügung zu stellen: „Wer digitale Medien nur verwendet, um vielleicht Overheadfolien durch Power Point zu ersetzen, hat das Potenzial nicht verstanden.“
Der Masterplan soll in den nächsten Monaten, so zeitnahe wie möglich, erarbeitet werden. „Wir werden den Prozess nicht alleine gehen“, verwies Faßmann auf Gewerkschaft, Elternvertreter und Fachexperten. „Insgesamt ist es ein bemerkenswertes Vorhaben. Wir machen einen deutlichen Schritt vorwärts.“
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) erklärte, man wolle die Digitalisierung und Tablets für Schüler sicherstellen. „Das ist notwendig, um die Schüler zukunftsfit zu machen“, so Strache.