Wie Radiosender Audioinhalte Social-Media-tauglich machen
Im visuellen Internet hat Radio einen großen Nachteil: Es ist unsichtbar. Dass Audio-Inhalte nur selten viral werden, kommt wohl nicht von ungefähr. Gehörtes lässt sich auf sozialen Medien nur schwer darstellen. Auf Facebook sind Radiobeiträge und Podcastfolgen zum Beispiel meist nicht mehr als unspektakuläre Links. Und diese gehen im bunten Rundherum schnell unter.
Bei den Social-Media-Auftritten von Radiosendern und Podcasts werden daher häufig zusätzliche Fotos oder Videoclips eingesetzt, um die Audioinhalte aufzupeppen. Einen ganz bestimmten Tonschnipsel aus einer Radiosendung ansprechend zu teilen – ähnlich wie einen Ausschnitt einer Fernsehsendung, beispielweise als GIF – ist allerdings nicht ohne Weiteres möglich. Das wusste auch Stephanie Foo: „Also habe ich mir gedacht: Gut, dann bauen wir uns das eben selbst“, sagt die Radiojournalistin.
Audio-GIF. Das Tool, das Stephanie Foo und ihr Team für die amerikanische Radiosendung „This American Life“ entwickelt haben, heißt „Shortcut“. Auf einer Website kann man damit eine beliebige Stelle aus einer Folge von „This American Life“ auswählen. Das Online-Tool verwandelt diese dann automatisch in ein kurzes Video. Gezeigt wird darin eine Wellenform und das Gesprochene als Text. Vereinfacht gesagt handelt es sich um einen Audioclip mit einem poppigen Untertitel. Der Clou: Um Shortcut nützen zu können, braucht man keine besonderen Kenntnisse als Programmierer oder Radiojournalist.
Bunte Clips. Shortcut ist nicht das einzige digitale Werkzeug zur Visualisierung von Audio-Inhalten. Beim Radiosender WNYC des New York Public Radio wird beispielsweise der Audiogram Generator eingesetzt. Auch hier wird ein Audioclip mit Wellenform und etwas Text illustriert – letzterer ist allerdings nicht animiert. Mittlerweile kann man die Open-Source-Software downloaden. Vereinzelt experimentieren Radiosender auch mit aufwendigeren visuellen Inhalten – beispielsweise Animationen, die illustrieren, was man gerade hört. Meist sind die Clips allerdings auf Text und Wellenform reduziert. Es gehe nicht darum, einen Radiobeitrag in einen Videobeitrag zu verwandeln, meint Stephanie Foo: „Man würde sich ja auch nicht einen ganzen Film in Form von GIFs ansehen.“ Die kurzweiligen, bunten Clips sollen Menschen vor allem neugierig auf den Radiobeitrag machen.
Was wird geteilt? Laut dem Columbia Journalism Review wurde Shortcut in den ersten sieben Wochen von rund 3.900 Menschen genützt, um ca. 4.800 Clips zu generieren. Ein erster Blick in die Daten zeigt, dass Shortcut-Nutzer vor allem außergewöhnliche und lustige Momente einer Episode von „This American Life“ in Clips verwandeln. Häufig wird auch die Zusammenfassung zu Beginn der Sendung geteilt, sagt Foo. Sie ist außerdem davon beeindruckt, dass Nutzer nicht nur die aktuellsten Sendungen mit Shortcut bearbeiten, sondern sich auch im Sendungsarchiv umsehen. „Das hat dazu geführt, dass auch ältere Inhalte aus unserem Archiv wieder relevant wurden“, sagt Foo.
Teilen vs. Downloaden. Mit Shortcut können Clips direkt auf den Social-Media-Plattformen Facebook und Twitter geteilt werden. Allerdings: Nicht jeder Nutzer tut das auch – jedenfalls nicht sofort. Manche laden das generierte Video stattdessen nur herunter. Für Stephanie Foo bedeutet das aber nicht unbedingt, dass Shortcut für diese Nutzer nicht gut genug funktioniert. „Wir wissen nicht, wie diese Nutzer die Clips verwenden“, sagt die Radiojournalistin. Vielleicht würden sie die Videos an ausgewählte Freunde in einer E-Mail schicken. Vielleicht aberauch einfach später von ihrem Computer auf Facebook oder Twitter teilen.Derzeit ist Shortcut noch auf „This American Life“ beschränkt. Aber schon bald soll das Tool auch anderen Radiosendungen und Podcasts als Open-Source-Software zur Verfügung stehen.
Autor: Lukas Plank