Breitseite gegen Google & Co.
Internationale Medienhäuser kooperieren, um Vermarktung und Leserschaft nicht gänzlich an Riesen wie Facebook oder Google zu verlieren
Es regt sich Widerstand gegen Technologie- (und Medien-)Imperien wie Facebook oder Google: In Frankreich startet als Kampfansage gegen Google unter Beteiligung von Gruner+Jahr und RTL die gemeinsame Datenplattform „Gravity“, wodurch Werbekunden Kampagnen leichter und gezielter planen können. Auch in Deutschland wird’s konkret: Vermarkter wie IP, ProSiebenSat.1 und United Internet Media wollen enger in Sachen datenbasierter Werbung kooperieren. Aber auch in den USA selbst geben Publisher nicht kampflos gegenüber Google & Co. auf: So hat sich die so genannte News Media Alliance, ein Zusammenschluss von fast 2000 Nachrichten-Organisationen, an den US-Kongress mit der Bitte gewandt, gemeinsam Verhandlungen mit Google und Facebook aufnehmen zu dürfen. Ziel: Es soll über Geschäftsmodelle verhandelt werden, wie die Produktion lokaler Inhalte durch amerikanische Newsrooms langfristig sichergestellt werden kann. Damit soll diesen Publishern ein fairer Anteil an Umsätzen, Daten und Abos gesichert werden. Die Grundaussage all dieser Initiativen: „Es müssen Allianzen gebildet werden, sonst ist man gegenüber Google & Facebook chancenlos.“
Erste Wirkung. Diese Vorstöße zeigen offensichtlich erste Wirkung: Facebook möchte im Herbst mit der Testversion eines Paywall-Modells beginnen, die die User zu den Seiten der Publisher leitet, wo diese dann z.B. digitale Abos bestellen können. Waren solche Allianzen nicht schon längst fällig? Welche Erfolge trauen Experten diesen Initiativen zu – und profitiert man in Österreich auch davon?
Sinnvoll. „Die beschriebenen Allianzen machen auf jeden Fall Sinn“, betont Georg Klauda, Managing Director von Goldbach Audience Austria: „Zu begrüßen ist, dass im Rahmen dieser Initiative nationale Mitbewerber gemeinsam versuchen, einen Gegenpol zu den dominanten, international agierenden Riesen wie Google oder Facebook aufzubauen und somit der drohenden Gefahr, dass nationale Medien die Hoheit über ihre eigene Daten verlieren, entgegenwirken.“ Er könne sich durchwegs vorstellen, dass die Initiative in Deutschland Früchte tragen wird, da relevante, namhafte Marktteilnehmer beteiligt sind: „Aus meiner Sicht ist es im Datenbereich eine Grundvoraussetzung, über genügend Reichweite zu verfügen, um eine gewisse Relevanz zu gewährleisten und ausreichend Daten sammeln und segmentieren zu können.“ Hier hätten bislang Facebook und Google aufgrund ihrer Nutzerzahlen einen klaren Vorteil gegenüber Mitbewerbern. Klauda: „Mit vereinten Kräften ist es möglich, eine Gegenbewegung zu schaffen und somit die Wertschöpfung im eigenen Land langfristig sicherzustellen.“
Monetarisierungs-Chance. Christine Antlanger-Winter, Chief Strategy & Digital Officer bei Mindshare Austria, ist ebenfalls gespannt: „Die Mediennutzung im digitalisierten Informations-Ecosystem hat sich nachhaltig verändert. Es werden jene Angebote gewinnen, die sich am besten auf die Erwartungshaltungen der Menschen einstellen und es schaffen, diesen Traffic und die damit verbundenen Daten zu monetarisieren.“ Google und Facebook hätten hier zur Zeit die beste Ausgangslage mit Userdaten und bestehenden Inhalten, die nicht von ihnen verfasst werden, sondern auffindbar gemacht bzw. verbreitet werden, so Antlanger-Winter: „Es wird also interessant, ob und wie solche Allianzen die Wechselwirkung des aktuellen Ecosystems beeinflussen können – auch in Österreich.“
Richtige Richtung. Goldbach Audience-Chef Klauda glaubt konkret, dass man auch in Österreich von diesen Bewegungen profitieren kann: „Sie zeigen, dass Kooperationen und ‚gemeinsam an einem Strang ziehen‘ trotz Wettbewerbsverhältnis durchwegs Sinn machen. Ich kann mir vorstellen, dass es ein ähnliches Modell auch in Österreich geben wird und eine Entwicklung in die richtige Richtung wäre.“ Aufgrund des kleineren Marktes könnten diese Kooperationen in Österreich ein sehr relevanter Aspekt sein, um gegenüber den internationalen Konzernen bestehen zu können, ist sich Klauda sicher.