Kundenbeziehung von morgen
Customer Relationship Management (CRM) ist schon längst nicht mehr reines Kontaktmanagement. Und die Herausforderungen steigen weiter.
CRM ist – bei richtigem Einsatz – für den unternehmerischen Erfolg von wesentlicher Bedeutung. So manche Experten glauben sogar, dass das wirklich große Geld künftig eher in CRM-Lösungen und nicht so sehr in kreative Kampagnen gesteckt werden sollte: Daten des Marketings, des Kundenservice und des Kundenmanagements sollen derart intelligent miteinander verknüpft werden, um noch aussagekräftigere Kundenprofile erstellen zu können. Die Nähe zum Kunden ist dabei alles: Leistungen und Prozesse im Service müssen so reibungslos funktionieren, um Mehrwert für die Kunden zu generieren und Kundenbeziehungen zu vertiefen. Wo liegen nun Macht und die Möglichkeiten von CRM?
Viel Arbeit. Cosima Serban, Vorstandsmitglied des Interactive Advertising Bureau Austria (IAB), ist im Moment noch nicht begeistert: „Aktuell arbeiten wenige Unternehmen ganzheitlich und integriert. Die CRM Systeme bieten einen Datenschatz, der Gold wert ist.“ Man müsste nur die vorhandenen CRM Datenstränge mit der übergeordneten Strategie und Kampagnenstruktur verknüpfen: „Die holistische Implementierung kann Top Kunden identifizieren und dem Unternehmen helfen, diese lange zu halten, den Umsatz und die Marktanteile zu steigern, ohne in Werbung überinvestieren zu müssen. Der Streuverlust kann signifikant gesenkt werden.“ Jene Unternehmen, die die hohe Kunst der datengetriebenen Ausrichtung ihrer Marketingaktivitäten für sich entdeckt und kultiviert haben, gehen ganz anders mit Themen wie Customer Lifecycle, Customer Journey und Lifetime Value um, weiß Serban: „Sie haben verstanden, wie die Relevanz für den Nutzer und die Wirtschaftlichkeit für ihr Unternehmen erhöht werden können. Sie sprechen ihre Bestandskunden und potenziellen Kunden maßgeschneidert an, je nach Stufe im Kaufentscheidungsprozess, mit passenden Botschaften, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und mit dem höchstmöglichen Impact.“
Neue Modelle. Um die unterschiedlichen online und offline CRM-Daten miteinander sinnvoll verknüpfen und laufend optimieren zu können, muss eine sinnvolle Attributionsmodellierung konzipiert werden, erläutert Expertin Serban mögliche Modelle: „Wenn z.B. der Wertschöpfungsbeitrag der online Kanäle zum offline Kauf gemessen wird, kann dies neue Insights und Learnings liefern. Eine Bidding Optimierung auf den „Kauf in der Filiale“ bringt eine signifikante Effizienzsteigerung. Durch ein ganzheitliches CRM kann beispielsweise auch ein in der Filiale bereits gekauftes Produkt für die online Remarketing Taktik ausgeschlossen werden.“ All das steigere die Kosteneffizienz und auch die inhaltliche Relevanz, ist Serban überzeugt. Die offline Kaufhistorie könnte für die Cross- und Upselling Maßnahmen online eingesetzt werden. Kundenunzufriedenheit, Abwanderungssignale aus dem CRM, gepaart mit dem Interesse an Konkurrenzprodukten können für Churn Prediction und Prevention Systematiken eingesetzt werden, erklärt IAB-Vorstandsmitglied Serban: „Unzufriedene oder inaktive Kunden können identifiziert und reaktiviert, neu begeistert werden, wenn man sie rechtzeitig erkennt und mit passenden Botschaften und Angeboten anspricht.“
Zukunft. Künstliche Intelligenz (KI) wird dabei immer mehr Einzug in Kundenbeziehungen halten, berichtet Serban von einem aktuellen Beispiel eines Start-ups in Asien: „Dieses entwickelte bereits die erste KI-Systematik, die Ladendiebe erkennt, bevor die Signale für das menschliche Auge überhaupt erkennbar wären. Dadurch, dass in Asien der Datenschutz praktisch nicht vorhanden ist, können genügend hochwertige Daten für die Entwicklung bahnbrechender Tools und zukunftsorientierter Software-Pakete eingesetzt werden. Somit sind einst Hollywood-Szenarien bald Alltagsrealität.“ Dennoch stellen sich für Serban auch ganz andere Fragen im Zusammenhang mit all diesen Entwicklungen: „Werden die Menschen und jungen Generationen, die damit aufwachsen, dadurch gescheiter oder wird ihr Horizont eher eingeschränkt? Werden dadurch, dass kleine nervige Entscheidungen wegfallen, Menschen gescheiter, weil sie mehr Zeit für andere Gedanken haben? Oder werden sie eher weniger smart, weil sie immer weniger aktive Entscheidungen treffen müssen und irgendwann „alles“ im Leben zum Low-Involvement wird?“ Man wird sehen …