Das Onlineshop-Projekt darf nicht zur Krise in der Krise werden!
Es werden jetzt bald zwei Monate seit der große Shut Down die Wirtschaftswelt lahm gelegt hat. Die großen Gewinner der Krise sind zweifelsohne Onlineriesen wie Amazon, Zalando und einige mehr. Für den Rest des Einzelhandels stand die Welt bis vor Kurzem still. So darf man sich nicht wundern, dass zahlreiche Österreichische Handelsunternehmen sich dem Thema Onlineshop nun verstärkt widmen und sich darin in vielen Fällen einen Rettungsanker erhoffen. Schließlich scheint es sich ohnehin um eine nicht mehr abwendbare Entwicklung zu handeln. In den nächsten zwei Monaten wird sich die MedienManager Redaktion diesem Thema eingehend widmen. Mit ausgewiesenen Experten werden wir Chancen und Risiken sowie Umsetzungsstrategien beleuchten und diskutieren. Einleiten werden wir diesen Schwerpunkt mit dem E-Commerce Experten Gerhard Krennmair. Seines Zeichens Director Business Development bei Cards & Systems. Die Kreativwerkstatt von Webshop Plattformen wie dm, Hornbach, Douglas, Bank Austria, u.v.m.. Wir werden heute die Frage beleuchten: Wie muss die Investition in das Thema Online Shop angelegt sein, wenn das Projekt erfolgreich sein soll.
MedienManager: Welche Bedeutung hat das Thema Digitalisierung in Verbindung mit Webshops für den Österreichischen Einzelhandel in Zukunft?
Krennmair: Wie wir alle erleben können bedeutet in diesen Krisenzeiten Online sein gleichzeitig mehr Geschäft zu machen. Bei allen unseren Kunden bewahrheitet sich diese Aussage. Was die Webshop-Umsätze betrifft erleben wir Wachstumssteigerungen von 20, 30 bis zu 300 Prozent.
MedienManager: Wie lässt sich eine Investition in ein Onlineshop Projekt einschätzen?
Krennmair: Die große Frage lautet natürlich: Ab wann zahlt sich ein Webshop grundsätzlich aus? Wenn man noch gar nicht online präsent ist und somit auch noch keinerlei Waren online verkauft, dann muss davon ausgegangen werden, dass der break even bei mindestens 5 % des zukünftigen Gesamtumsatzes liegt. Wenn ich diesen Umsatz nicht anstrebe, dann hilft mir ein Webshop zwar marketingmäßig in Verbindung mit einer größeren Präsenz meine Marke aufzuladen und ermöglicht dadurch eine Umwegrentabilität für das Unternehmen aber Gewinne werde ich dadurch keine erzielen können. Anders formuliert sollte ich mindestens einen Umsatzanteil von 8 – 10 % mit meinem Webshop anstreben um letztlich damit auch Gewinne zu erzielen. Diese Berechnungen begründen sich auf der Tatsache, dass für das erfolgreiche Betreiben eines Webshops einige Investitionen erforderlich sind. So benötige ich eine Rechenzentrums-Infrastruktur, jemanden der den Webshop implementiert, jemanden der den Webshop aktiv betreut und für gezieltes Marketing, Fotomaterial, Content sorgt um den Webshop entsprechend abzubilden. Das verursacht über das Jahr gesehen nicht zu verachtende Grundkosten ohne die der Webshop nicht profitabel läuft.
MedienManager: Für welche Unternehmensgröße ist diese Faustregel anwendbar?
Krennmair: Diese Faustformel ist unabhängig von der Unternehmensgröße anwendbar. Wenn ich daher sage der break even point liegt bei 5 % meines geplanten Umsatzes, dann kann ich zunächst relativ leicht ausrechnen welche Investition ich zu tätigen habe um entweder ein Nullsummenspiel oder Gewinne organisieren zu können.
MedienManager: Die Installation eines Webshops scheint demnach ein durchaus aufwendiges Unterfangen zu sein?
Krennmair: Ich rate grundsätzlich jedem Unternehmen, egal in welchem Bereich es digitalisiert, zuerst einmal einen Plan zu haben um die Frage: Was möchte ich mit dieser Investition erreichen, konkret zu beantworten. Und zwar nicht nur in Form eines reinen Finanzplans, sondern auch im Bezug auf die Frage: Was möchte ich für meine Marke in Verbindung mit der Digitalisierungsinvestition erreichen?
MedienManager: Wie viele der KMU mit denen Sie zu tun haben verfügen über eine derartig strukturierte Herangehensweise?
Krennmair: Ich möchte da ganz ehrlich sein. Ich erlebe hier sowohl Professionalität als auch das Gegenteil. Ein Drittel der Unternehmen haben einen guten seriösen und durchdachten Plan, ein weiteres Drittel hat diesen Plan ebenso aber lebt nicht danach und ein Drittel hat keinen Plan.
MedienManager: Mit welchen Aufwand muss man kalkulieren, um einen erfolgreichen Webshop installieren und betreiben zu können?
Krennmair: Der Aufwand ist sicher sehr unterschiedlich. Wir hatten gerade jetzt in der Corona Zeit ein Unternehmen das genau fünf Produkte abbilden wollte. Hier sprechen wir von einem Webshop der – abgesehen von der Bezahlmethode – in Summe eine Woche Zeit in Anspruch nimmt um diesen aufzusetzen. Aber das ist dann eben keine strategische Plattform sondern ein Transport-Vehikel über ein digitales Medium. Es wird mit weder dabei helfen die Marke aufzuladen um meinen Markenwert zu erhöhen, noch dabei helfen meinen Marketingauftritt zu verbessern.
MedienManager: Wie viel Aufwand ist für die Bewerbung eines Webshops zu planen?
Krennmair: Nehmen wir als Beispiel einen unserer Kunden, einen sehr großen Drogeriemarkt. Hier wird sehr, sehr viel Content in Form eines digitalen Magazins ausgespielt, um bspw. den neueste Eyeliner zu bewerben. Da wird dann berichtet, dass dieser nicht mehr klebt und diese Werbung gelesen wird, wird das Produkt dann auch unmittelbar darauf bestellt. Und somit wird auch eine höhere Conversion im Webshop erzielt. Ein professionell gebauter Webshop ist eben sehr stark mit Content versehen. Mit Hilfe von Newslettersystemen wird die Zielgruppe sehr konkret und nachhaltig informiert. Da werden gezielt Unternehmenswerte sowie laufend neue Themen und Angeboten kommuniziert die ich dem Kunden bewusst näher gebracht werden um durch Kaufanreize das Einkaufen im Webshop auszulösen.
MedienManager: Das alles klingt durchaus auch ein wenig nach Risiko. Wenn ich das so betrachte dann sprechen wir hier von drei konkreten Säulen beim Thema Webshop. Was ich brauche ist 1. einen Webshop, 2. ein professionelles fulfillment, also Bestellannahme, Fakturierung, Warenversand, Retourenbearbeitung und letztlich 3. eine vernünftige Bewerbung meines Webshops, sonst weiß ja niemand das es mich gibt. Also von schnellen Lösungen kann hier vermutlich in den meisten Fällen keine Rede sein:
Krennmair: Eines ist klar, nur Scharlatane behaupten, dass ein professioneller Webshop in zwei Tagen umgesetzt werden kann. Es gilt wie überall: Es braucht eine konkrete Strategie, einen Gesamtplan und ein professionelles Management wenn so ein zukunftsweisendes Projekt erfolgreich umgesetzt werden soll. Schnellschüsse können sehr teuer und rasch zur Krise in der Krise werden.
Interview:
Otto Koller