Klimawandel durch Digitalisierung

Ist die digitale Mediennutzung umweltfreundlicher als analoge Medien?

Belastet das Medium Print die Umwelt stärker als die jeweiligen digitalen Pendants? Dies jedenfalls ist seit einigen Jahren die allgemeine Überzeugung der Medienwelt. Viele Unternehmen weisen explizit darauf hin, dass die Druckerzeugnisse ihrer internen und externen Unternehmenskommunikation durch digitale Komponenten umweltfreundlich ersetzt wurden. Doch diese Argumentation ist de facto nicht richtig. Die Nutzung des Internets ist nicht per se umweltfreundlich, sondern belastet in erheblichem Ausmaß das Klima. In vielen Fällen bietet das Medium Print definitiv umweltgerechtere und klimafreundlichere Alternativen als das Internet.

© Pixabay/Umdex
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Der Energiehunger des Internets hat sich seit dem Jahr 2000 alle fünf Jahre verdoppelt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Und das Bewusstsein über die Umweltauswirkungen dieser Technologie scheint bei Unternehmen wie auch Endverbraucher:innen eher marginal zu sein.

Mit 5,28 Milliarden Internetnutzer:innen waren im Jahr 2022 erstmals weit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung online.

Der Jährliche Stromverbrauch des globalen Internets

Nicht nur die großen Unternehmen des Internets verschmutzen die Umwelt mit dem Treibhausgas CO2. Auch wir, die gewerblichen und privaten Internetnutzer:innen, sind in großem Maße am Stromverbrauch des Internets beteiligt, sobald wir bei Google eine Suchanfrage starten oder Streamingdienste nutzen oder unsere Daten in der Cloud ablegen oder eine E-Mail schreiben oder unsere Computer stundenlang laufen lassen.

Das weltweite Internet und Cloud-Computing verbraucht jährlich 730 Milliarden kWh des weltweiten Stromverbrauchs von 2.100 Milliarden kWh, Tendenz steigend. Aber auch in den Industrienationen steigt trotz teilweiser Nutzung von grüner Energie der Stromverbrauch des Internets ständig an.

Der Jährliche Stromverbrauch des Internets in der DACH-Region

Eine Studie des Fraunhofer Instituts e.V. zur Entwicklung des Energiebedarfs der Informations- und Kommunikationstechnik kam zu dem Ergebnis, dass der Energiebedarf der deutschen Rechenzentren  einschließlich der Server-, Speicher- und Netzwerktechnik sowie wesentlicher Infrastruktursysteme im Jahr 2021 auf 55 Milliarden Kilowattstunden (kWh) pro Jahr gestiegen ist – das sind etwa 10 Prozent der 556,5 Milliarden kWh die Deutschland laut dem Bundesverband Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) jährlich an Strom verbraucht.

In der Schweiz verbrauchten die Rechenzentren und Server im Jahr 2019 für die 8,7 Millionen Einwohner rund 2.1 Milliarden kWh Strom. Der abgeschätzte Energieverbrauch der Informations- und Kommunikationstechnik in Österreich betrug für 8,9 Millionen Einwohner im Jahr 2020 4,7 Milliarden kWh.

Das Internet der DACH-Region verbrauchte also in den Jahren 2019-2021 insgesamt 61,8 Milliarden kWh pro Jahr – das sind 8,5 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs des globalen Internets!

Die jährliche CO2-Emission des Internets in der DACH-Region

Im Durchschnitt emittiert das Internet gemäß dem aktuell durchschnittlichen Strommix von 0,4 kg C02 pro verbrauchter kWh. Bei einem Verbrauch 61,8 Milliarden kWh emittiert das Internet der DACH-Region jährlich 24,7 Milliarden kg CO2.

Das sind knapp 26 Prozent der CO2-Emissionen, die durch den regionalen KFZ-Verkehr entstehen und 142 Prozent des regionalen Luftverkehrs.

Von den 24,7 Milliarden kg CO2, die das Internet der DACH-Region emittiert, entfallen 48 Prozent auf PCs und entsprechende Hardwarekomponenten, 26 Prozent auf Rechenzentren, 20 Prozent auf Telekommunikationsnetze sowie 11 Prozent auf Endgeräte der Telekommunikation.

 Jährliche CO2-Emission des globalen Internets

Verschiedene Expertisen und Studien ermittelten, dass die Informations- und Telekommunikationsindustrie in den Jahren 2019 bis 2021 für 28 Prozent der gesamten globalen fossilen Treibhausgasemissionen von jährlich 1.050 Milliarden CO2      verantwortlich war – der vielgescholtene Flugverkehr hingegen nur für 17 Prozent.

Mittlerweile wird von den globalen Internetunternehmen und -nutzer:innen eine CO2-Emission von 0,412 Kilo pro kWh erzeugt. Das ergibt eine Gesamtemission von fast 300 Milliarden kg CO2 pro Jahr. Wenn die führenden Internet-Unternehmen nicht bald einen Weg finden, auf traditionelle umweltschädliche Stromquellen zu verzichten, wird durch die Ausbreitung von Cloud- und Streaming-Diensten der Ausstoß des Klima-Killers CO2 in den nächsten Jahren rasant ansteigen. 

 Der jährliche CO2-Ausstoß des weltweiten Internets ist mittlerweile fast doppelt so groß wie der des globalen Flugverkehrs!

 Klimakiller Google Suchanfrage

Allein für eine einzige Suchanfrage bei Google verbraucht ein durchschnittlicher PC genau so viel Strom wie benötigt wird, um ein Zimmer mit einer 40-Watt-Energiesparlampe eine Stunde lang zu beleuchten. Wie viel ein Computer tatsächlich bei der Nutzung verbraucht, hängt von der Hardware, dem Verhalten des Nutzers und dem Nutzungszweck ab. Unabhängige Studien berechneten durchschnittlich 2,8 Watt Stromverbrauch pro Klick auf den Suchbutton, was einer Emission von 1,4 g CO2 entspricht.

© Pixabay/Umdex
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Klimakiller E-Mail und private Internet-Nutzung

Laut einer Studie von BIOIS im Auftrag der Europäischen Kommission, wurden allein im Jahr 2018 weltweit 281 Milliarden E-Mails pro Tag verschickt, empfangen, gelesen und gespeichert. Analysten des Marktforschungsinstituts RadiCati Group rechnen mit einer jährlichen Steigerungsrate von 4,3 Prozent, das wären im Jahr 2023 im Durchschnitt über 333 Milliarden E-Mails pro Tag. Ein E-Mail-Rechenzentrum verbraucht dabei durchschnittlich 100 kWh pro Jahr und pro Nutzerkonto – das entspricht einer CO2-Emission von 41,2 kg. Der Versand einer E-Mail ohne Anhang beläuft sich auf etwa 8,05 Watt, mit großem Anhang auf etwa 50 – 60 Watt.

Im Jahr 2009 betrug der CO2-Ausstoß allein durch den globalen Mail-Verkehr damit 37 Millionen kg pro Tag. Berücksichtigt man, dass sich der Energiebedarf des Internets alle 5 Jahre fast verdoppelt, dürfte die Belastung der Umwelt mit CO2 im Jahr 2022 bei täglich 220 Millionen kg angekommen sein.

Aktuell emittiert das Internet:

  • In einer Stunde Video-Streaming 3,2 kg CO2
  • Pro Versand einer einfachen Mail 0,04 kg CO2
  • Pro Versand einer Mail mit Anhang 0,3 kg CO2
  • Beim Erhalt und Versand einer Spam-Mail jeweils 0,03 kg CO2

Klimakiller PC

Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin fanden heraus, dass die Produktion eines neuen PCs so viele Rohstoffe verbraucht wie die Herstellung eines durchschnittlichen Sportwagens. Der benötigte Energieaufwand beträgt 535 kWh, das sind 273 kg an CO2-Emissionen. Ein gebrauchter Computer kann damit rund acht Jahre lang betrieben werden.

Der Ausweg liegt in der Nutzung klimafreundlicher Printprodukte

Trotz der verheerenden Auswirkungen des Internets auf die Umwelt, hält sich in der öffentlichen Meinung unbeirrt der Glaube, die Digitalisierung sei eine umweltfreundliche Alternative zu den Produkten analoger Kommunikation. Dabei sind umweltgerecht produzierte Druckprodukte den digitalen Pendants an Umwelt- und Klimafreundlichkeit oft haushoch überlegen. Vor allem nachhaltig produzierende Druckereien wie die UmDEX-Partner Unternehmen: Druckerei Janetschek, oeding print GmbhDruckstudio GmbHDruckerei Lokay Druck e. K., Industriedruck BrandenburgUmweltweltdruck Berlin GmbHBonitasprint GmbH, Kern GmbH, WKS Druckholding GmbH, die in ihren Unternehmen Umweltmanagementsysteme wie EMAS, ISO 14001, ISO 50001, RAL DE-UZ 195 implementiert haben, die zudem durch Wärmerückgewinnung, eigene Energieerzeugung oder Ökostrom den CO2-Fußabdruck ihrer Unternehmen auf ein Minimum reduzieren, sind in der Lage nahezu klimaneutrale Druckprodukte anzubieten.

 Zwei Studien zur Umweltbilanz analoger Medien

Im Auftrag des Fachverbandes Druck und Papiertechnik, haben das Fraunhofer Institut UMSICHT sowie das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) die ökologischen Auswirkungen vergleichbarer gedruckter und digitaler Medien untersucht. Das Ergebnis dieser Studien zeigt, dass es sich keineswegs so verhält, wie von vielen erwartet:

Gedruckte Medien haben im Verhältnis zur jeweiligen elektronischen Entsprechung nicht grundsätzlich eine schlechtere Umweltbilanz. Vielmehr ist oft das Gegenteil der Fall: Es gibt zahlreiche Situationen, in denen es allemal umweltfreundlicher ist, ein Buch zu lesen, anstatt den Computer anzuschalten, um sich ein E-Book herunterzuladen.

 Beispiel Tageszeitung versus Online-Zeitung

Abgesehen von Anwendungen, für die es jeweils entweder keine digitalen oder analogen Alternativen der Mediennutzung gibt, zeigt das folgende Beispiel dass Print häufig besser als sein Ruf ist. Die Printzeitung verbraucht im Vergleich zur Online-Zeitung deutlich mehr Primärenergie.

Im Durchschnitt liest jedoch jeder Nutzer 312 Tageszeitungen pro Jahr. 312 gedruckte Tageszeitungen erzeugen bei der Herstellung eine Emission von 79 kg CO2 pro Person. 312 Online-Zeitungen erzeugen dagegen nur 48 kg CO2 pro Person, sofern diese auf einem iPad unter Benutzung von WLAN oder UMTS gelesen werden. Berücksichtigt man jedoch, dass eine gedruckte Tageszeitung laut UMSICHT-Studie im Durchschnitt von 2,8 Personen gelesen wird, verschiebt sich das Verhältnis mit 28,2 kg CO2 pro Person deutlich zugunsten des gedruckten Mediums.

Fazit
Die Öko-Bilanz hängt also oft von Dauer und Häufigkeit der Nutzung ab. Wie lange sitzt man vor dem PC und liest seine Online-Zeitung? Wie viele Bücher liest ein Nutzer im Jahr? Wie viele Menschen nutzen ein Medium gemeinsam? Das Online-Medium wird in der Regel allein genutzt, mit unterschiedlicher Hardware und unterschiedlichen Netzen, die ebenfalls Einfluss auf die Umweltbelastung haben.

Es gibt natürlich auch Bereiche, in denen das elektronische Medium umweltfreundlicher als Print abschneidet: Fast-Print-Produkte wie Supermarktzettel, Werbefolder, oder Warenkataloge und Massendrucksachen sind weniger nachhaltig als Bücher, Geschäftsberichte oder gedruckte Verpackungen, die wiederverwendet werden.

Letzten Endes verschwindet aber jeder Umweltvorteil elektronischer Medien, sobald Informationen aus dem Internet ausgedruckt werden.

 Autor: Guido Rochus Schmidt, UmDEX.de