Presse-Großvertrieb: Mit Strategie gegen Umsatzminus
Umsatzrückgänge und negative Remissionstrends dominieren in Deutschland den Presse-Großvertrieb. In Österreich ist die Situation ähnlich.
Schon seit längerem ist die Stimmung unter den Pressegroßvertriebs-Händlern in Deutschland gedrückt: Sie haben zwischen 5 und 8 Prozent Umsatzrückgänge in den ersten sechs Monaten 2017 zu verbuchen. Das verstärkt den Fusionsdruck in der Branche zusätzlich, ist doch bereits in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Pressegroßhändler von 100 auf unter 50 gesunken. In fünf Jahren könnten es nur noch 20 sein, vermuten Branchenkenner. Aber auch das Phänomen der Sofort- und Frühremissionen beschäftigt die Grossisten, weshalb bereits heftig an Plänen und Konzepten gefeilt wird, wie bzw. mit welchen Maßnahmen diese Rückläufe gesenkt werden können. In Österreich herrscht in diesem Markt auch keine große Euphorie, wiewohl sich die Marktsituation durch die lediglich zwei aktiven Presse-Großhändler Presse Großvertrieb Austria Trunk (PGV) und Morawa doch ein wenig anders darstellt.
Marktlage. „Der Zeitschriftengroßhandel basiert in Österreich grundsätzlich auf denselben Usancen wie bei unseren deutschen Nachbarn“, erläutert Ludwig Huber, Geschäftsleiter Vertrieb bei PGV Austria Trunk: „Das heißt: Dispositionsrecht des Grossisten, einhergehend mit einem vollen Remissionsrecht des Einzelhandels und einer Preisbindung, also einem vorgegebenen Verkaufspreis. Wir unterscheiden uns allerdings im Marktauftritt: in Deutschland gibt es Gebietsgrossisten, die in den für sie geografisch abgesteckten Markt das gesamte Pressesortiment anbieten. Ausnahmen sind Berlin und Hamburg – hier gibt es gleiche Voraussetzungen wie in Österreich.“ In Österreich, so Huber weiter, gibt es lediglich zwei Grossisten, PGV Austria Trunk und Morawa Pressevertrieb, die das gesamte Bundesgebiet bedienen, allerdings mit einer geteilten Objektpalette: „Basierend auf diesen Strukturunterschied sind Fusionsbestrebungen, die in Deutschland durchaus auch von den Verlagen vorangetrieben werden, in Österreich kein Thema.“ Ähnlich bewertet Morawa-Geschäftsführer Emmerich Selch die Lage im Lande: „Die Umsatzentwicklung in Deutschland und Österreich ist durchaus vergleichbar. Ebenso wie in Deutschland gehen die verkauften Stückzahlen noch stärker zurück als die Umsatzzahlen, da sich in der Umsatzentwicklung Preiserhöhungen etwas dämpfend auswirken.“ Im Unterschied zu Deutschland habe man in Österreich zwei landesweit tätige Grossofirmen, die im kostenträchtigen Bereich der Logistik bereits intensiv kooperieren, so Selch.
Umsatzentwicklung. Auch PGV-Vertriebsleiter Huber sieht die Umsatzentwicklung mit Deutschland vergleichbar: „Bis dato betrachtet, war das erste Quartal schlecht, im zweiten und dritten haben wir uns erfreulich erholt und letztendlich rechnen wir per Jahresabschluss mit einem Umsatzminus von um die vier bis fünf Prozent.“ Den elektronischen Medien und dem damit einhergehenden Konsumentenverhalten geschuldet hat Print seit dem Jahrtausendwechsel eine negative Umsatzentwicklung zu verzeichnen, analysiert Huber. Allerdings habe man, den extrem negativen Prognosen zum Trotz, u. a. durch neue Nischenprodukte (z. B. Land- und Peoplemagazine) ein doch sehr passables Absatz- und Umsatzvolumen aufrecht halten können, freut sich der PGV-Vertriebschef: „So rechnen wir damit, dass sich die zukünftige Entwicklung in einem deutlich unteren, einstelligen negativen Prozentbereich abspielen wird.“ Auch Morawa-Chef Selch bestätigt diese Tendenzen: „Für die Zukunft erwarten wir uns weiterhin eine rückläufige Umsatzentwicklung. Um dies auf der Kostenseite zu kompensieren, wird es erforderlich sein, die Anzahl der zu beliefernden Einzelhändler um jene, die nur geringe Umsätze machen, zu reduzieren.“ Ein Thema wird dabei auch die Anzahl der Auslieferungstage sein. „Derzeit werden noch an allen Wochentagen Zeitschriften ausgeliefert. Künftig wird das nur mehr geblockt an einigen wenigen Wochentagen möglich sein.“
Frühremissionen. „Dem Thema Frühremission des Einzelhandels, einhergehend mit feststellbar entgangenen Verkäufen, halten wir seit vielen Jahren mit dosierten vertrieblichen Maßnahmen entgegen“, beschreibt PGV-Vertriebsleiter Huber die Strategie: „Das breite Zeitschriftensortiment – in Österreich werden rund 5.000 Print-Titel über den klassischen Einzelhandel wie Tabaktrafiken, Lebensmittelhandel oder Buchhandel angeboten – stellt den Einzelhandel doch oft vor räumliche Probleme, was zunehmend zur Sofort- und Frühremission führt.“ Wobei die Sofortremission das Zeitschriftenregal überhaupt nicht „sieht“ und die Frühremission vor Ablauf der regulären Angebotszeit eines Titels erfolgt. „Wir haben Signal-Protokolle, in denen wir festhalten, ob ein Händler durch Sofort- oder Frühremission mehr Exemplare von einem Titel retour gibt als er bei den Vor-Folgen verkauft hat. Dies teilen wir durch unseren Kunden- oder Außendienst dem Händler mit und sensibilisieren ihn damit für einen qualifizierten Umgang mit unseren Liefermengen“, erläutert Huber entsprechende Maßnahmen. Morawa-Geschäftsführer Selch erkennt ähnliche Tendenzen und hat auch eine Erklärung parat: „Verursacht werden Frühremissionen vor allem durch zu hohe Auslieferungsmengen, die in keiner vernünftigen Relation zu den Verkaufsmengen eines Titels stehen. Häufig werden diese überhöhten Auslieferungsmengen von den Verlagen gewünscht, um dadurch in möglichst vielen Verkaufsstellen präsent zu sein. Die Einzelhändler wehren sich gegen diese Überbelieferungen mit Frühremissionen, um ihr Geschäft zu entlasten.“ Bei Morawa habe man schon seit geraumer Zeit damit begonnen, die Überbelieferungen einzuschränken, um die Einzelhändler gar nicht zu Frühremissionen zu zwingen. Selch: „Das zeigt bisher gute Erfolge.“ Prinzipiell wolle man künftig weiterhin durch reduzierte Auslieferungsmengen die Frühremissionen nachhaltig reduzieren.