Wer Influencer für sich sprechen lassen will, muss zuweilen tief in die Tasche greifen. Im Gegenzug versprechen die Trendsetter Reichweite, Engagement und massenhaft Follower. Im Umgang mit den Social-Media-Stars ist Kreativität gefragt.
Reine Werbebotschaften verlassen die große Bühne und machen Platz für kreatives Content Marketing. Der Trend geht hin zu Inhalten, die Konsumenten tatsächlich interessieren. Um potenzielle Kunden möglichst direkt ansprechen zu können, arbeiten immer mehr Unternehmen mit Influencern, die das Produkt auf verschiedenen Kanälen wie Instagram, YouTube, Facebook oder ihren Blogs verbreiten sollen.
Vertrauen ist gut. „Das Spannende an Influencern ist, dass es sich dabei um Einzelpersonen handelt, die sich über soziale Plattformen eine Fangemeinde geschaffen haben. Wenn wir Fan von jemandem sind, vertrauen wir auch seiner Einstellung zu Marken“, weiß Doris Christina Steiner, Senior Consultant bei Ketchum Publico. Unternehmen lassen die Social-Media-Stars also für sich sprechen. Für erfolgreiches Influencer Marketing sind daher Authentizität und Vertrauen ausschlaggebend: „Der Bezug ist ganz anders, den man zu einer Person hat, die man wie einen Freund kennt“, weiß Steiner. Auch Eva Mandl, Geschäftsführerin der PR-Agentur Himmelhoch, sieht die Identifikation der Fans und Follower mit dem jeweiligen Influencer als Grundlage für Marketingerfolge: „Sie zeichnen sich dadurch aus, dass ein starker Bezug zwischen ihnen und ihrer Follower-Gemeinde besteht – entweder emotional oder fachlich, bestenfalls beides. Sie sprechen die gleiche Sprache, finden die richtigen Hashtags, kennen und setzen Trends. Das Wichtigste dabei sind Authentizität und Involvement.“ Damit die Fürsprache Früchte tragen kann, sollte unbedingt eine authentische Affinität des Influencers mit dem Produkt oder der Marke gegeben sein: „Als Follower möchte man inspiriert und ernst genommen werden. Die Markenbotschaft kommt nur bei der Zielgruppe an, wenn der Fürsprecher voll dahintersteht.“
Die Wertigkeit einer Marke ist daher grundlegend von der Glaubwürdigkeit des Influencers abhängig. Gleichzeitig können unkooperative Influencer zu einem gravierenden Imageverlust für Unternehmen und Marke führen, warnt Mandl. Daher formuliert sie klare Ratschläge für Kunden, die einen Einstieg ins Influencer-Marketing planen: „Man sollte offen ins Gespräch gehen und die Interessen abgleichen sowie die Art der Vergütung fair regeln. Wünschenswert ist es, langfristige Kooperationen einzugehen und Influencer auch allgemein in die Content-Planung miteinzubeziehen.“
Kontrolle ist besser. Auf Instagram wird das Posieren mit einem Produkt mit bis zu 500.000 US-Dollar pro Post vergütet. Dass diese stattliche Summe nicht nur Idealisten anzieht, ist kaum verwunderlich. So werben immer mehr Instagrammer mit hohem Engagement und massenhaft Followern, obwohl diese Daten selten einer Überprüfung standhalten. Laut einer Analyse von SRF Data sind demnach beinahe ein Drittel aller Follower von Schweizer Instagram-Influencern Fake.
Um nicht auf solche Fake Accounts hereinzufallen, empfiehlt Steiner zur Überprüfung von Follower-Wachstum und Follower-Aktivität das Nutzen von Technologien wie InfluencerDB. Für Unternehmen, die auf Nummer sicher gehen wollen, bieten außerdem mehr und mehr Plattformen wie BuzzBird oder InCircles ihre Expertise in der Auswahl von Influencern an und versprechen qualitätsgesicherte Kooperationen mit Influencern: „Es ist erstaunlich, dass Marken immer noch Influencer buchen, ohne diese vorher valide zu prüfen. Angefangen beim Fit über die Analytics bis hin zur Kennzeichnung. Durch die Öffnung der Datenschnittstellen, zum Beispiel von Instagram, wird erst jetzt sichtbar, wie viele Luftschlösser dort entstanden sind. Diese werden zeitnah verfallen, und die Spreu wird sich vom Weizen schnell trennen“, sagt Andreas Türck, Gründer und Chief Strategy Officer von BuzzBird. InCircles setzt auf einen zweistufigen Qualitätscheck aus toolbasierten und menschlich qualitativen Komponenten, erklärt Co-Founder Ramona Meier. Für die individuelle Auswahl passender Influencer für ein Kampagnenkonzept werden Kriterien wie Reichweite, Interaktionsrate, Zielgruppen- und Themenfit sowie Content-Qualität berücksichtigt. Neben dieser strategischen Überprüfung potenzieller Influencer-Kooperationspartner rät Meier zum Einsatz von gesundem Menschenverstand: „Bei kritischer Betrachtung eines Influencer-Profils sagt bereits der erste Blick: 50.000 Follower bei nur 30 Posts sind genauso unrealistisch wie 100.000 Follower und nur 50 Likes pro Post.“
Sorgenkind Kennzeichnung. Selbst wenn jedoch zwischen Auftraggeber und Influencer alles geregelt ist, kann die Zusammenarbeit mit Influencern zu Problemen führen, wie erst kürzlich der Fall Rossmann in Deutschland zeigt. Der Drogeriemarkt ließ einen Instagram-Star für seine Produkte werben, dieser kennzeichnetedie Werbung mit dem Hashtag #ad. Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) definierte den Hashtag als mangelnde Kennzeichnung und klagte auf Schleichwerbung. Das Gerichtsurteil war eindeutig: Alles, was Werbung ist, muss direkt als solche erkennbar sein. „Das heißt im Klartext: Die werbliche Kennzeichnung kommt vor denText oder das Video. Nicht ans Ende und nicht irgendwo versteckt zwischen Text oder Hashtags“, erklärt Meier.
Seitdem hat der VSW in Deutschland über zwei Dutzend Instagram-Influencer wegen fehlender Werbekennzeichnung abgemahnt, auch in den USA geht die Wettbewerbsbehörde Federal Trade Commission (FTC) mit Abmahnungen gegen werbliche Instagram-Posts vor. Erst im letzten Mai hatte eine Analyse von Mediakix aufgezeigt, dass in den USA 93 Prozent der Werbeposts nicht mit den FTC-Guidelines übereinstimmen. Steiner, die neben ihrer Tätigkeit bei Ketchum Publicoim PR-Ethik-Rat sitzt, nimmtnicht nur Influencer, sondern auchAgenturen und Unternehmen in diePflicht: „Es ist Aufgabe der Agentur beziehungsweise der Auftraggeber, auf eine entsprechende Kennzeichnung hinzuweisen. Die Kennzeichnung sollte besprochen werden, und es sollte sichergestellt werden, dass kanaladäquat und zielgruppenadäquat gekennzeichnet wird. Sonst agieren wir im Bereich der Schleichwerbung, und das kann keine seriöse Agentur befürworten.“
Word of Mouth 2.0. Um den vielfältigen Herausforderungen des Influencer Marketing beizukommen, werden Weiterentwicklung und Professionalisierung des Bereichs angestrebt, so Steiner: „Der Onefits-all-Ansatz der letzten Jahre wird sich ändern. In der Differenzierung ist noch sehr viel zu tun, eine Professionalisierung in den kommenden Jahren und ein überlegter differenzierter Ansatz werden entscheidend sein.“ In jedem Fall wird das neue Feld in nächster Zukunft nichts an Attraktivität einbüßen, erwartet Türck: „Influencer Marketing ist Word of Mouth 2.0, und das ist nun mal die älteste Werbeform der Welt. Menschen sind zu Medien geworden.“ Der Co-Founder von BuzzBird sieht Influencer Marketing als optimales Mittel, den Herausforderungen des Wandels im Medienkonsum beizukommen. Das aktuell entstehende Sichtbarkeitsproblem vieler Marken könne durch die Kooperation mit Influencern bewältigt werden. Seine Prognose: „Keine Marke wird es sich noch leisten können, Influencer Marketing nicht zu machen.“
KMU-INFOPOINTWie können KMU von der Zusammenarbeit mit Influencern profitieren?
„Generell eignet sich Influencer Marketing für alle Bereiche. An erster Stelle steht immer, die passenden Influencer für Kunde und Produkt zu finden und die richtige Geschichte zu erzählen. Einer der Vorteile im Influencer Marketing ist, dass bereits mit kleineren Budgets Erfolge erzielt werden können.“ – Ramona Meier, InCircles
„Jedes Unternehmen kann sich Influencer zunutze machen. Zu allen Themen wird man Influencer finden. Der Aufwand des Workflows jedoch muss für kleine Marketingabteilungen überschaubar bleiben. Daher benötigt es wiederum die Hilfe einer Plattform wie BuzzBird.“ – Andreas Türck, BuzzBird
„Auch kleinere Unternehmen können von der Kooperation mit Influencern profitieren, zum Beispiel durch den Einsatz von regionalen Influencern. Außerdem sind kleine Unternehmen oft in Nischenbereichen tätig und können so mit Nischen-Influencern punkten.“ – Doris Christina Steiner, Ketchum PublicoAutor: Anna Polyzoides