Unterschiedliche Sicht. Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA (Internet Service Providers Austria), kann der Entwicklung bislang etwas Positives abgewinnen: „Das Votum im Juni hat dazu geführt, dass sich einerseits die EU-Parlamentarier nochmals ausführlich mit der Sache beschäftigt haben und neue Vorschläge von allen Seiten unterbreitet wurden und dass sich andererseits die Politik auch in Österreich nun mit den Stakeholdern getroffen hat, um über das Thema zu diskutieren.“ Es konnte hierbei zwar kein Konsens erreicht werden, doch grundsätzlich sei es gelungen, eine konkrete politische Diskussion nach Österreich zu holen, ist Schubert überzeugt: „Unabhängig davon, wie das Votum ausgehen wird, unter demokratiepolitischen Gesichtspunkten war dies sicherlich ein Gewinn.“
Weniger positiv sieht er hingegen den aktuellen Verhandlungsstand bzw. die aktuellen Entwürfe: „Man kann sich auch weiterhin des Eindrucks nicht erwehren, dass die Politik instrumentalisiert wird, um veraltete Geschäftsmodelle zu schützen. Wer sich dafür interessiert, mit welchem Ressourceneinsatz dies geschieht, der möge sich nur ansehen, wie viel Zeit und Geld von Seiten der Rechteinhaber in deren neue Lobbying-Offensive investiert wurde“, kritisiert Schubert. Es gebe Konsens dafür, dass Kunst- und Kulturschaffende für ihre Leistung fair entlohnt werden sollen, aber: „Die derzeitigen Vorschläge sollen dies bewirken, brächten jedoch enorme Kollateralschäden mit sich, die die Meinungsfreiheit im Internet oder den Grundsatz der freien Verlinkung ernsthaft gefährden würden“, glaubt der ISPA-Generalsekretär: „Spannend ist, dass einige der Proponenten der Regelung die Risiken völlig verleugnen und sie als hohle Tech-Propaganda abtun, während zahleiche andere Befürworter der Regelung dies sehr wohl anerkennen, jedoch einräumen, dass man eben keine besseren Vorschläge hätte und daher die Risiken in Kauf nähme.“
Rechteerlangung vereinfachen. ISPA-Generalsekretär Schubert ist davon überzeugt, dass User mittlerweile bereit seien, für guten Content zu zahlen: „Aufgrund der rechtlichen Zersplitterung sind die Märkte in den Mitgliedstaaten jedoch großteils Nischenmärkte. Daher ist es notwendig, dass die Rechteerlangung vereinfacht wird, um so ein europäisches Amazon, iTunes oder Netflix zu ermöglichen“. Gleichzeitig müsse man sich ansehen, ob die derzeit bestehenden Strukturen der zahlreichen Verwertungsgesellschaften den veränderten Gegebenheiten hinreichend Rechnung tragen und gegebenenfalls darüber nachdenken, ob es hierbei nicht Optimierungspotential gibt, welches letztlich gerade den Kunst- und Kulturschaffenden zugutekommen würde, meint Schubert: „In Österreich dominiert derzeit eine abwehrende Geisteshaltung des „wir gegen die“. Hiervon müssen wir uns trennen und eher überlegen, wo derzeit unsere Defizite liegen, was uns die global player voraushaben und letztlich, was getan werden muss, um gerade am kleinteiligen europäischen Markt wieder die Oberhand zu gewinnen“.