„Sind alle Kontakte immer gleich viel wert?“
Auch wenn sie immer wieder in der Kritik stehen, sind Währungsstudien, wie z. B. die Media-Analyse, nach wie vor wichtige Arbeitstools für Verleger, Agenturen, Mediaplaner und budgetverantwortliche Entscheider in Unternehmen.
MedienManager: Welche Bedeutung haben die Ergebnisse der Media-Analyse heutzutage noch?
Marcella Atria, Atrium Consulting: „Die Media-Analyse hat eine sehr hohe Bedeutung. Es ist die Währungsstudie für Print und somit die wichtigste Studie dieser Mediagattung (die immer noch einen bedeutenden Anteil der Werbespendings ausmacht).“
Sibylle Blümel, Wavemaker: „Die Daten der MA sind für die Kampagnenplanung in Agenturen unverzichtbar. Natürlich wird gerade im Printbereich oft nach anderen Kriterien als purer Effizienz im Sinne günstiger Kontaktpreise geplant, die Ausweisung der Reichweiten von Planempfehlungen ist jedoch ein Muss.“
Friedrich Dungl, NÖN: „Gerade für regionale Kaufwochenzeitungen wie NÖN und BVZ ist es wichtig, aufzeigen zu können, wie viele Leser im Laufe einer Woche unsere Produkte in den Händen halten. Das Herunterbrechen auf Informations- und Kaufinteressen ist in der Kundenberatung für unsere Mitarbeiter sehr wesentlich.“
Hermann Petz, Moser Holding: „Die Media-Analyse ist und bleibt eine sehr fundierte Erhebung der Leser teilnehmender Medien. Interessanterweise ist das bewährte System der Media-Analyse nicht für alle Erhebungen der Maßstab. In the long Run setzt sich Qualität durch, weshalb die Media-Analyse auch in Zukunft eine besondere Bedeutung haben wird.“
Gabriele Holzleitner, Mediaprint: „Die MA ist schlicht das Instrument zur Erfassung der Printnutzung in Österreich. Sie ist mit der österreichischen Werbewirtschaft akkordiert und branchenweit akzeptiert. Hinsichtlich Marktrelevanz und Studienqualität gibt es für den Printbereich keine vergleichbare Untersuchung.“
Susanne Koll, OmnicomMediaGroup: „Essenziell wichtig ist die Tatsache, dass es eine allgemein gültige Marktwährung gibt, die von allen Beteiligten anerkannt wird. Wenn jeder Beteiligte seine eigenen Zahlen präsentiert, wirft das mehr Fragen auf, als am Ende des Tages beantwortet werden, und die Glaubwürdigkeit beim Kunden sinkt.“
Thomas Spann, Kleine Zeitung: „Historisch betrachtet waren die Ergebnisse der Media-Analyse (neben den Ergebnissen der ÖAK) über Jahrzehnte die entscheidenden Kennzahlen. Heute steht die crossmediale Ausrichtung unseres Produktes im Mittelpunkt. Die Kleine Zeitung ist eine crossmediale Marke, die längst nicht mehr nur sowohl im traditionellen Kerngeschäft Print als auch digital erfolgreich aktiv ist.“
MedienManager: Es wird immer wieder vom Reformbedarf von Studien wie der Media-Analyse gesprochen … wo sehen Sie einen etwaigen Bedarf (Stichwort Mediaserver)?
Atria: „Jede Studie muss sich immer wieder hinterfragen und an sich arbeiten. Das tut auch die Media-Analyse: Die Blattkontakte und die CAWI-Interviews sind Zeichen dafür. Raum für Improvement gibt es aber immer.“
Blümel: „Der Mediaserver war im Ansatz eine bahnbrechende Initiative. Da sich jedoch die Datenstruktur der angedockten Basisstudien grundlegend unterscheidet, war der Mediaserver schlussendlich in vielen Punkten auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert.“
Dungl: „Im Mediaserver wurde der Versuch unternommen, Werbewirkung und Kosten verschiedener Mediengattungen über einen Kamm zu scheren. Das kann nicht funktionieren, weil nicht jede Werbebotschaft und jedes Kommunikationsziel mit einem Spot, Banner oder Inserat gleichermaßen umsetzbar ist.“
Petz: „Systemisch hat die Media-Analyse keinen unmittelbaren Reformbedarf – hier wurde rechtzeitig auf die Herausforderungen reagiert und der Standard weiterhin gewährleistet. Inhaltlich gibt es Diskussionen zur Erhebung und Ausweisung zusätzlicher Daten, wie Markenreichweiten und detaillierte Konsumdaten.“
Holzleitner: „Um das MA-Studiendesign up to date zu halten, wird daher in den Gremien der MA kontinuierlich über zukunftsorientierte Maßnahmen nachgedacht. Stichwort „Mediaserver“: Die unterschiedlichen Parameter der einzelnen Mediengattungen in einer Studie auf einen Nenner zu bringen, wie es der Mediaserver zum Ziel hatte, ist ein sehr schwieriges Unterfangen, das bisher noch nicht gelungen ist.“
Koll: „Auch wenn Vereine wie die Media-Analyse in puncto Dynamik noch Steigerungspotenzial hätten, darf man nicht vergessen, dass Reformen hier laufend stattfinden, man denke an die Umstellung der Erhebungsmethode. Auch die Diskussion, die MA wieder mit einer Konsum-Analyse zu ergänzen, hilft in Zeiten von Zielgruppen- und Clusterdiskussionen.“
Spann: „Die Vermessung der Medienreichweiten war bestimmt schon mal einfacher. Und auch wir sehen in der fragmentierten Reichweitenmessung (MA, ÖWA, ÖWA plus etc.) eine gewisse Unschärfe. Das veränderte Leseverhalten in den gedruckten und digitalen Zeitungsausgaben wird leider nicht adäquat abgebildet. Somit muss die Diskussion um das passende Maß und die Entwicklung der richtigen Herangehensweise einer alltagsnahen Reichweitenbetrachtung in die nächste Runde gehen.“
MedienManager: Was wird in den nächsten Jahren für Ihre Arbeit bezüglich Daten/Zahlenmaterial und Tools noch wichtiger werden?
Atria: „In meiner Arbeit sind Daten sehr wichtig – alle Arten von Daten, sowohl Marktdaten als auch individuelle Kundendaten. Die Verknüpfung ist das spannende. Tools und Datenquellen müssen nicht immer neu sein, um gut zu sein.“
Blümel: „Die zur Verfügung stehenden Daten sind grundsätzlich umfangreich und hochwertig. Die Kunst liegt darin, die Erkenntnisse aus unterschiedlichen Studien zusammenzubringen und miteinander in Beziehung zu setzen.“
Dungl: „Ich denke, dass die klassischen Zielgruppen-Modelle wie A-, B- und C-Schicht überlebt haben. Dank DSGVO wird allerdings Programmatic Advertising und Targeting schwieriger. Unsere Werbekunden setzen gerade im regionalen Bereich immer mehr auf integrierte Kampagnen über alle unsere Kanäle hinweg.“
Petz: „Auch hier werden zusätzliche Werte wie Markenreichweiten und detaillierte Konsumdaten an Bedeutung gewinnen.“
Holzleitner: „Natürlich werden wir unseren Kunden und Agenturen die relevanten und anerkannten Kennziffern der Branche – für Print, Hörfunk und Online – auch künftig als Serviceleistung zur Verfügung stellen.“
Koll: „Natürlich ist die elektronische Messung von Medianutzung in Zukunft ein relevantes Thema, allerdings bringt das mit zu kleinen Samples wenig, wenn man dann enorme Schwankungsbreiten berücksichtigen muss und kein repräsentatives Sample zustande bringt. Die große Kunst wird sein, aus automatisch generierten Datenbergen richtige Insights zu generieren.“
Spann: „Datenanalyse und datenbasierte Tools sind wichtige Bestandteile unserer Kundenbetreuung, sowohl in Bezug auf unseren Leser- als auch Werbemarkt. Gerade hier hat auch die Umsetzung der DSGVO großen Einfluss. Auch im redaktionellen Bereich gewinnen wir durch systematische Datenanalyse wertvolle Rückschlüsse bezüglich der Nutzung und Ausgestaltung unseres Angebots. Aber: Auch in Zukunft werden wir die redaktionelle Themensetzung in keiner Weise einem Tool zur Clickbait-Optimierung überlassen.“