„Old School mit interaktiven New Kids on the Block“
Heimische Digital-Experten analysieren für den MedienManager die größten Pluspunkte digitaler Medien/Werbeformen und wagen einen Blick in die Zukunft.
MedienManager: Was ist der größte Pluspunkt von digitalen Medien/Mediengattungen gegenüber Print für werbetreibende Unternehmen?
Ursula Arnold, Mindshare: Der größte Vorteil ist die Messbarkeit des Werbe- und Kampagnenerfolgs in Echtzeit.
Mathias Fanschek, Isobar: Messbarkeit, Relevanz durch Personalisierbarkeit, Interaktion.
Gerhard Günther, Digitalsunray: Der größte Pluspunkt ist der direkte Rückkanal, sprich die Interaktionsmöglichkeit, gepaart mit den Möglichkeiten von Engagement und Gamification sowie darauf aufbauenden neuen KPIs (z. B.: Interaktionsraten vs. reinen Klickraten). Weiters die Kombination aus Kreativität, Targeting und Smart Data, dies ist bei keinem anderen Medium in dieser Art und Weise möglich. Und wir stehen hier erst am Anfang …
Steffen Kai, Omnicom MediaGroup: Die Wirtschaftlichkeit. Der individuelle Kontakt innerhalb der Kernzielgruppe sowie das Adressieren von personalisierten Botschaften sind vergleichsweise günstig in Bezug auf andere Medien, die vor allem günstig Reichweite generieren. Zudem ist die Produktion von digitalem Content und die Distribution innerhalb digitaler Medien häufig weniger aufwendig und damit – ganzheitlich betrachtet – auch oft kostengünstiger als bei analogen Mediengattungen.
Michael Katzlberger, Tunnel23: Der größte Pluspunkt ist wohl die Flexibilität, mit der man sich in den digitale Medien bewegen kann. Eine digitale Kampagne funktioniert plattformübergreifend, hat eine enorme Reichweite, die Aussteuerung kann zielgruppengerecht und in Echtzeit erfolgen. In diesem Sinne ist sie dem Print und dem linearen Fernsehen bereits weit voraus. Auch wenn das in Österreich viele nicht wahrhaben wollen.
Joachim Krügel, Media 1: Digitale Medien bieten unzählige Möglichkeiten, Menschen zu überraschen. Nur werden diese Möglichkeiten noch zu wenig genutzt. Als Markenverantwortlicher würde ich hier unglaublich viel Potenzial sehen und versuchen, dieses möglichst mutig zu nutzen.
Christoph Purkart, Performics: Die personalisierte Ansprache der User entlang der Customer Journey. Dadurch schaffen wir ein Plus an Relevanz und Mehrwert. Digital unterstützt dabei die Mass Communication der reichweitenstarken Gattungen wie TV oder Print im Sinne des Business-Ziels unserer Kunden.
Was war für Sie die größte „digitale Überraschung“ 2018 – und warum?
Arnold: Es war nicht wirklich eine Überraschung, aber das größte und alles beherrschende Thema war mit Sicherheit die DSGVO.
Fanschek: Keine Überraschung, aber es ist schon sehr interessant und – um ehrlich zu sein – auch alarmierend, dass kaum jemand, auch in der Branche, die Facebook AGBs jemals gelesen hat, wie sich beim Cambridge-Analytica- „Skandal“ gezeigt hat.
Günther: Die größte digitale „Überraschung“ bzw. Freude ist für mich, wenn Player, die werblich jahrzehntelang digital resistent waren, auf uns zukommen, um nun doch endlich den digitalen Weg mit uns zu gehen. Ansonsten sehe ich keine wirklichen Überraschungen, sondern nur sehr viele spannende digitale Entwicklungen auf uns zukommen: AI, Voice, die Möglichkeiten von 5G/IoT … Das lässt die Fantasien sprühen.
Kai: Eine der größeren digitalen Überraschungen 2018 war für den einen oder anderen wohl, dass es die Digitale Werbung nach dem 25. Mai auch noch gab… Meine persönlich größte „digitale Überraschung 2018“ war, dass es auch Unternehmen gab, die die Übergangszeit bis zur Anwendbarkeit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nahezu untätig haben verstreichen lassen…
Katzlberger: Ein Konzept, das mich 2018 fasziniert hat, war das des „Artificial Moon“, den chinesische Wissenschaftler ab dem Jahr 2020 nachts in der Stadt Chengdu aufsteigen lassen möchten, um Energie für die Straßenbeleuchtung zu sparen. Das ist ein digitales Meisterwerk ganz nach meinem Geschmack: eine intelligente, kreative Idee mit disruptivem Kern, die nachhaltig ist.
Krügel: Die von Trump eingeleitete Twitter-Renaissance … Twitter hat weltweit 2018 etwa 11 Mio. „Monetizable Active Users“ dazugewonnen und den Umsatz um 24 Prozent gesteigert.
Purkart: Mit der KPI-basierten Abrechnung bringt der Publisher Factor Eleven neuen Schwung in die digitale Medialandschaft. Das traditionelle TKP-Modell wird damit abgelöst.
Welche digitale Werbeform/Medienform hat für Sie das größte Potenzial – und warum?
Arnold: Nach wie vor Mobile, dazu kommen jetzt Voice und Visuality. Bei Content Marketing haben wir noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
Fanschek: Content Marketing, weil es wirklichen Mehrwert und dadurch Brand Experience schafft. Aktuell ist dieser Bereich noch unterrepräsentiert und wird in Österreich noch viel zu selten zum Sammeln von Daten genützt.
Günther: Ganz klar der mobile Kanal. Die laufend neuen Funktionalitäten, Prozessorkapazitäten, Bildschirmauflösungen usw. ermöglichen ständig neue Wege bei den Werbeformaten bzw. der direkten Ansprache der Kunden. Persönlich favorisiere ich aber vor allem kreative Umsetzungen, nativ eingebunden, spielerisch, überraschend … und nicht die plumpe Werbung direkt ins Gesicht.
Kai: Data Driven Marketing! Denn der aufstrebende digitale Werbemarkt steht zunehmend vor neuen Herausforderungen. Data Driven Marketing bündelt viele Vorteile, wie ein genaueres Targeting mit geringen Streuverlusten, der Ansprache mit individuellen Botschaften in der richtigen Nutzungssituation sowie der Möglichkeit der unmittelbaren Interaktion mit der Marke!
Katzlberger: Ich denke, dass die künstliche Intelligenz als Basistechnologie in den nächsten Jahren weiterhin enormen Einfluss auf die Kreativbranche nehmen und die Marketingautomatisierung vorantreiben wird. Sie beeinflusst jetzt schon die Art, wie wir kommunizieren – und das wird sich auch in den Medien- und Werbeformen niederschlagen.
Krügel: „Das größte Potenzial“ ist nun wirklich schwer vorauszusagen. Aber in Österreich sehe ich sehr große Entwicklungschancen für Digital Out of Home. Hier wird „Best of Both Worlds“ vereint: Reichweite der „Old School Massenmedien“ und Zielgruppenansprache im Stil der „interaktiven New Kids on the Block“!
Purkart: Voice Activation schafft eine neuartige Nutzungs- und Interaktionsmöglichkeit mit der Marke und bietet Möglichkeiten, die weit über den werblichen Einsatz hinausgehen. Als strategischer Partner empfehlen wir eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Voice für das eigene Business. Immerhin nützen bereits 79 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Sprachassistenten.