Nachbericht zum Packaging Kongress 2021
Nachbericht zum Packaging Kongress im Rahmen des Druck- und Medienkongress 2021
Eine Welt ohne Verpackungen ist unwahrscheinlich, dennoch werden sich Verpackungen verändern. Recyclingfähigkeit und Nachhaltigkeit sind die neuen, zusätzlichen Anforderungen. Beim ersten Packaging Kongress des Verband Druck Medien und Packaging Austria lieferten Expert:innen aus den Bereichen Innovation, Handel, Gewerbe, Design, Produktion und Forschung spannende Einblicke, wie Verpackungen von Morgen aussehen könnten.
Das Auftragsvolumen für Etiketten, Karton- und Kunststoffverpackungen hat sich in den letzten Jahren zweistellig erhöht. Seit dem Jahr 2000 ist der Verbrauch an Verpackungspapier und -karton allein in Österreich um 23 Prozent von 814.399 Tonnen auf 1,003.373 Tonnen im Jahr 2020 gestiegen. Dazu kommen noch Verpackungen aus Kunststoffen und Glas.
Expert:innen prognostizieren vor allem durch die Zuwachsraten im Online-Handel einen steigenden Bedarf an Verpackungen. Gleichzeitig stieg der Druck auf die Verpackungsbranche. Bis 2025 muss laut EU-Vorgabe die Recyclingquote für Verpackungen 50 Prozent betragen. Zwar wurden in Österreich laut Statusbericht des Umweltministeriums 2019 444.100 t Glas-, Metall- und Kunststoffverpackungen aus dem Haushaltsbereich gesammelt, das ist eine Steigerung von 10 Prozent seit 2015. Allerdings ist im gleichen Zeitraum das Abfallaufkommen um acht Prozent gestiegen. Und vor allem die Sammlung und Wiederverwertung von Kunststoffen hat Nachholbedarf.
„Die Vorgaben an Materialien, Recycling und Entsorgung stellen alle Beteiligten in der Wertschöpfungskette vor große Herausforderungen. Deshalb haben wir mit dem Packaging Kongress eine Veranstaltung geschaffen, wo wir über mögliche Lösungen und neue Denkansätze diskutieren“, sagt Peter Sodoma, Geschäftsführer des Verband Druck Medien.
Mitveranstalter und Moderator Michael Seidl von Packaging Austria betont:
„Nachhaltiges Wirken ist heute nicht mehr nur eine Floskel oder Trend, sondern Realität, die von vielen Unternehmen sehr ernst genommen wird. Daher ist es mit Greenwashing nicht getan, es braucht Mut zu echten Innovationen.“
Es geht um die vier R bei Verpackungen – Reduce, Replace, Reuse und Recycling. Keynote-Speakerin Gertraud Leimüller sieht hier vor allem auch kleine Unternehmen im Vorteil.
„Diese sind flexibler und können rascher auf geänderte Nachfragen reagieren. Daher sind sie oft auch Vorreiter. Große Unternehmen haben dagegen den Vorteil, eine Entwicklung zur Massenproduktion zu bringen“, so Leimüller.
Vor allem Kunststoffe stehen im Visier der Regierungen. Schon jetzt hat die österreichische Bundesregierung ein Pfand auf alle Dosen und Plastikflaschen ab 2025 beschlossen, in Frankreich werden ab 2022 Plastikverpackung für 30 Obst- und Gemüsesorten verboten sein. Tatsächlich beobachtet der Verband Druck Medien derzeit eine verstärkte Nachfrage nach Verpackungen aus alternativen Materialien wie Zellulose oder Karton.
Der Wiener Sozialverpfleger Die Menü-Manufaktur etwa hat auf kompostierbare Essensschalen aus Zellulose umgestellt. Das Unternehmen beliefert von der Küche in Floridsdorf über 300 Betriebe in ganz Österreich, mehrere Mahlzeitendienste, Heime sowie über 250 Schulen und Kindergärten. Bei der Suche nach einer Alternative war aber nicht nur ausschlaggebend, dass die Zelluloseschalen kompostierbar und in 90 Tagen abbaubar sind, sie mussten auch lebensmittelecht sein sowie bei Lagerung, Transport und in der Anwendung funktionell.
„Unsere Essensschalen müssen temperaturbeständig sein und Temperaturen von -18°C im Tiefkühlbereich bis zu 175°C im Ofen bei der Zubereitung aushalten. Gleichzeitig müssen sie abdichten und dürfen nicht mit den Lebensmitteln reagieren“, sagt Stephanie Scheiber, Marketingleiterin von Die Menü-Manufaktur.
Für Andreas Schabert, Managing Partner von Brand.Pack sind hier gerade in den letzten Jahren viele neue Alternativen für Verpackungsmaterialien auf den Markt gekommen, die neue Gestaltungschancen ermöglichen. Neben alternativen Kunststoffen sind für ihn auch Materialien spannend, die aus Holzfasern, Abmischungen mit Textilfasern, Zellulose oder aus Agrarabfällen mit Pilzzusätzen bestehen. Doch nicht überall kann auf Kunststoff verzichtet werden. Sie spielen gerade bei den weiterentwickelten Kreislaufsystemen eine wesentliche Rolle, wenn auch hier vermehrt Monomaterialien eingesetzt werden.
Die REWE Group in Österreich setzt etwa bei Obst- und Gemüseverpackungen auf umweltfreundliche Alternativen. So konnten durch Umstellungen auf biologisch abbaubare Beutel, mit „Natural Branding“ sowie dem Einsatz von Graspapier allein bei Ja! Natürlich bereits über 5.000 Tonnen CO2 eingespart werden.
Reuse: Mehrweg- und Pfandsystemen
Nachhaltigkeit ist auch Theresa Imre, Gründerin und Geschäftsführerin des Online-Bauernmarkt Markta wichtig. Sie hat ihr Unternehmen 2017 gegründet mit dem Ziel, regionale Betriebe beim Online-Vertrieb ihrer Produkte zu unterstützen. Mehr als 130 kleine und mittlere Betriebe sind bei Markta gelistet, 2020 stieg der Umsatz auf mehr als 2,3 Millionen Euro. Imre setzt dabei auf ein Mehrwegsystem mit Pfandverpackungen aus Karton, die bei den Abholstellen zurückgenommen werden. Gekühlt wird mit Schafswolle, die eine 24-Stunden-Kühlung ermöglicht.
„Mir ist es wichtig, dass auch die Verpackungen Teil einer Kreislaufwirtschaft sind“, betont Imre.
Auch Die Menü-Manufaktur testet gerade Mehrweg-Kartons, um Kartonverpackungen länger im Kreislauf zu halten.
Reduce: grüne Verpackungen in grünen Filialen
Für die REWE Group in Österreich sind ökologische Verbesserungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette wichtig, von den Produkten über die Filialen bis zu den Kund:innen. So wurde im Oktober die BILLA-Filiale in Obdach (Steiermark) durch eine Vielzahl umwelt-freundlicher Maßnahmen, wie die extensive Begrünung von Dachflächen, als erster Lebensmittelmarkt weltweit mit der GREENPASS® Auszeichnung in Gold ausgezeichnet.
„Wir wollen nachhaltig verpackte Produkte in nachhaltig gebauten Filialen verkaufen“, sagt Alexander Hell, Leiter des Fachbereichs Energie, Klima und Umwelt bei REWE International AG.
Achtung vor Greenwashing
„Eine als nachhaltig ausgelobte Verpackung muss auch tatsächlich nachhaltig sein“, betont Sonja Bähr, Packaging Analyst bei TILISCO.
Sie warnt Unternehmen vor Aussagen, die nicht belegt werden können. Das sei Irreführung und könne zu Imageverlust sowie hohen Folgekosten führen. Aber auch die Suche nach alternativen Bio-Materialien sei nicht immer sinnvoll. Johannes Michael Wareka, 4. Generation von Marzek Etiketten+Packaging, betont:
„Plastik zu verteufeln ist einfach, doch machen Kunststoffverpackungen nur 12 Prozent vom Haushaltsmüll aus und nur 1 Prozent des gesamten Müllaufkommen.“
Viel wichtiger wäre ganzheitlich-systemisches Denken und dass stets die wesentlichen Funktionen der Verpackung (Marken-Kommunikation, Konsumerlebnis, Produktschutz…) im Fokus behalten werden. Biokunststoffe aus Zuckerrohr sind beispielsweise zwar recyclingfähig, aber nicht automatisch nachhaltiger, wenn man auch die Transportwege und die Anbaubedingungen unter die Lupe nimmt.
Claudia Pfeil von der Agentur derpfeil betont, dass es bei nachhaltigen Verpackungen nicht nur auf das Material ankommt, sondern auch auf Klebstoffe, Verbundstoffe und eventuelle Veredelungen.
Auch beim Druck und in der Druckvorstufe selbst gibt es noch Optimierungspotential. Arnold Posch, Geschäftsführer von Agfa, berichtet, dass der Trend hin zu Druckplattten Belichtungs- und Entwicklungssystemem geht, die deutlich weniger Wasser und Energie brauchen. Möglich wird das einerseits durch die Maschinen selbst, andererseits durch Softwaresysteme, die den Workflow optimieren.
Recycle: Herausforderungen und Stolpersteine zur Nachhaltigkeit
Die große Herausforderung beim Recycling von Verpackungen liegt eindeutig bei Kunststoffen. Bis 2030 sollen alle Kunststoffverpackungen in der EU recyclingfähig sein. Manfred Tacker, Dozent am Lehrgang Verpackungstechnologie des FH Campus Wien, geht davon aus, dass dieses Ziel erreichbar ist. Damit tatsächlich eine Kreislaufwirtschaft entsteht, müssten allerdings auch die Recyclingkapazitäten in der EU ausgebaut werden. Tacker betont:
„Österreich hat hier schon eine gute Basis. Wichtig ist jedenfalls, dass das Sammelsystem im gesamten Bundesgebiet einheitlich ist, so dass dieselbe Verpackung in Wien genauso wie in Vorarlberg gesammelt wird.“
Dass die Verpackungsverordnung ein einheitliches System vorsieht, wertet Tacker als Schritt in die richtige Richtung.
Verband Druck Medien Österreich
Der Verband Druck Medien Österreich besteht seit 1872. Er ist die einzige umfassend kompetente und unabhängige Unternehmensvertretung für die grafische Branche in Österreich. Der Verband vertritt mehr als 200 Unternehmen vom Kleinbetrieb bis zum internationalen Konzern. International ist er in der FESPA organisiert. Präsident ist Gerald Watzal, Gesellschafter von Offset 5020 in Salzburg.
Packaging Austria
Packaging Austria ist ein internationales Verpackungsfachmagazin, das sich dem im wahrsten Sinne des Wortes packenden Thema Verpackung widmet: von Design und technischer Umsetzung bis zum fertigen Verpackungsprodukt. Dabei verknüpft Packaging Austria die Kommunikation zwischen den beauftragenden Unternehmen und der produzierenden Industrie. Packaging Austria ist Teil der Verlagsgruppe EMGroup GmbH.