DEI Stimmungsbarometer

Kommunikationsbranche hat in Sachen Gleichberechtigung Aufholbedarf

Diversity, Equity & Inclusion (DEI) hält in der österreichischen Kommunikationsbranche Einzug. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) geben an, eine:n interne:n Diversitybeauftragte:n zu haben. Besonders erfreulich: In 73 Prozent der Fälle ist diese Zuständigkeit im Management angesiedelt und kann somit direkt auf das Geschäft positiv einwirken. Allerdings gibt es in vielen Bereichen noch Aufholbedarf. So fühlen sich nur etwa 40 Prozent der befragten Kommunikator:innen über die DEI Strategie ihrer Organisation informiert. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse des DEI Stimmungsbarometers, einer Onlineumfrage unter 208 heimischen Kommunikator:innen, in Auftrag gegeben vom Public Relations Verband Austria (PRVA) in Kooperation mit »OBSERVER« Brand Intelligence und Ketchum Austria.

„Diese Umfrage innerhalb der Branche ist für uns ein wichtiger erster Schritt, um zum Thema Diversity-Management aktiv zu werden. Nur auf Basis von Daten sehen wir, worin derzeit die größten Herausforderungen liegen und an welchen Stellen Lösungen benötigt werden. Wir müssen als Branche einen Raum schaffen, in dem Diskriminierung keinen Platz hat. Dafür braucht es uns alle“, so Ingrid Gogl, PRVA-Präsidentin.

Erfahrungen mit Diskriminierung sind häufig, Konsequenzen für Täter:innen selten

Laut dieser Umfrage empfinden 38 Prozent der Befragten Sexismus als ein bestehendes Problem und 37 Prozent als teilweises Problem in der Branche. 42 Prozent haben in den vergangenen zehn Jahren sexuelle Belästigung selbst erlebt oder bei Kolleg:innen miterlebt. 22 Prozent gaben dabei an, dass ihnen eine Person schon einmal zu nahegetreten ist. Fünf Prozent haben bereits körperliche Belästigung erlebt. Auch Rassismus (zehn Prozent) und Homophobie (sieben Prozent) sind Themen, die einige Kommunikator:innen bereits erfahren haben.

Die wichtige Frage, ob es Konsequenzen für die beteiligten Personen gegeben hat, beantworten 59 Prozent mit „Nein, nicht, dass ich wüsste“. In 15 Prozent der Fälle gab es ein klärendes Gespräch, aber keine Veränderung. Häufig hat sich der Vorfall auf die diskriminierte Person ausgewirkt, indem sie gekündigt wurde (fünf Prozent) oder selbst gekündigt hat (drei Prozent). In nur einem Prozent wurde die beschuldigte Person gekündigt.

„Die Umfrage zeigt, dass Diskriminierung in unserer Branche kein Einzelfall ist. Von Machtmissbrauch können alle Hierarchiestufen betroffen sein, außer die, die ganz oben stehen. Umso wichtiger ist es, als Führungskraft reflektiert und solidarisch zu sein. Jeder Vorwurf von Diskriminierung muss ernst genommen, untersucht und mit Konsequenzen sanktioniert werden. Ich will mit der Branche und deren Führungskräften einen Raum schaffen, in dem Diskriminierung keinen Platz hat“, so Manisha Joshi, Business Director und Head of DEI bei Ketchum.

Gendergerechte Sprache ist noch keine Norm

Die Umfrage zeigt außerdem, dass zwar bereits 76 Prozent der Unternehmen in der Schrift einheitlich mit Doppelpunkt oder Sternchen gendern, aber gerade in der verbalen Kommunikation noch Luft nach oben ist. Nur die Hälfte gibt an, gendergerechte Sprache auch in der verbalen Kommunikation zu verwenden. Die Ergebnisse geben Anlass zur Überlegung, wie die PR-Branche ein Arbeitsumfeld schaffen kann, das von Respekt und Gleichberechtigung geprägt ist.

„Gerade wir als Kommunikator:innen müssen bei einer gendergerechten Sprache Vorreiter:innen sein. Sprache schafft Bewusstsein, und daher gilt es, Frauen in unserer Sprache aktiv Raum zu geben. Es freut mich, dass wir unsere Idee vom Anfang dieses Jahres umsetzen konnten und jetzt ein aktuelles Stimmungsbild zum Thema DEI erhalten haben. Wir unterstützen gerne alle weiteren Schritte, um Diversität, Gleichstellung und Inklusion als selbstverständliche Parameter zu platzieren“, so Stephan Ifkovits, Head of Communications und DEI Beauftragter bei »OBSERVER« Brand Intelligence.

Kommunikationsexpert:innen diskutieren Ergebnisse

Die Ergebnisse wurden im Rahmen des PRVA DEI-Wake-up-Brunchs vorgestellt und mit hochkarätigen Kommunikator:innen diskutiert, darunter Verena Binder-Krieglstein, Head of Employee Experience (A1 Telekom Austria AG); Manisha Joshi, Business Director & Head of Diversity, Equity & Inclusion (Ketchum Austria); Lisa Kulmer, Anwältin und Expertin für Arbeitsrecht (DORDA Rechtsanwälte); Hermann Sporrer, Co-Founder (Sheconomy & WEconomy); Irmgard Wetzstein, Academic Director Management & Digital Business (FH St. Pölten). Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Ingrid Gogl, PRVA-Präsidentin.

Taten statt Worte

Der PRVA legt großen Wert auf ein faires und gleichberechtigtes Arbeitsumfeld. Deshalb bringt Vorstandsmitglied Elisabeth Dal-Bianco ab sofort verstärkt ihre Expertise zum Thema Diversity, Equity & Inclusion ein und fungiert als erste Anlaufstelle im Verband.

„Wir setzen uns für eine diskriminierungsfreie Kommunikationsbranche ein, wollen Bewusstsein für das Thema schärfen, den konstruktiven Dialog fördern und Best Practices vor den Vorhang holen. Darüber hinaus haben wir Maßnahmen wie die Überarbeitung des PRVA-Ehrenkodex und einen PR-Radar geplant“, ergänzt Ingrid Gogl, PRVA-Präsidentin.

 

Über den DEI Stimmungsbarometer

An der Umfrage haben sich 208 PRVA-Mitglieder und weitere Personen aus Agenturen und Kommunikationsabteilungen in Unternehmen beteiligt. 136 Befragte haben den gesamten Fragebogen ausgefüllt. Der Stimmungsbarometer liefert u. a. aktuelle Erkenntnisse zur Frage, wie weit die österreichische Kommunikationsbranche im Bereich Diskriminierung ist. Die Teilnehmer:innen sind zu 75 Prozent weiblich, 23 Prozent männlich und zwei Prozent divers. Der Großteil der Befragten arbeitet in Agenturen (47 Prozent) und in Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden (15 Prozent). Weitere Infos: observer.at/diversity/

 

Über den PRVA

Der Public Relations Verband Austria ist ein freiwilliger und unabhängiger Verband von Kommunikator:innen in Unternehmen, Agenturen und weiteren Organisationen. Die Professionalisierung des Berufsfeldes und dessen Weiterentwicklung sind wichtige Aufgabe. Gleichzeitig hat der PRVA ein breites Aus- und Weiterbildungsangebot, oft in Kooperation mit Universitäten, Fachhochschulen und weiteren Bildungseinrichtungen. Der PRVA versteht sich weiters als Impulsgeber für die österreichische Branche, legt besonderen Wert auf hohe ethische Standards sowie den Ausbau und die Pflege internationaler Beziehungen. Darüber hinaus sieht sich der PRVA als Branchen-Plattform zum Meinungsaustausch und zur Vernetzung.