Barrierefreie Onlineangebote
Das iab austria widmete sich dem Thema Web Accessibility. Wer digitale Angebote von Beginn an barrierefrei gestaltet, schafft nicht nur bessere Nutzererlebnisse, sondern sichert sich auch langfristig wirtschaftliche Vorteile.
© leisure communications/Roland Rudolph
Digitale Barrierefreiheit ist schon längst kein Nischenthema mehr – sie betrifft alle und bietet Vorteile sowohl für Unternehmen als auch für Nutzer. Websites und digitale Produkte, die von Anfang an barrierefrei gestaltet werden, ermöglichen nicht nur eine bessere User Experience, sondern steigern auch die Reichweite und erfüllen gesetzliche Anforderungen. Beim iab NETwork stand daher die Frage im Mittelpunkt, wie Barrierefreiheit konkret umgesetzt werden kann und welche Chancen sie für Unternehmen bietet. Nach einer Keynote von Werner Rosenberger (WACA) diskutierten Pawel Masarczyk (Wienfluss), Jürgen Oberguggenberger (Kraftwerk) und Manuela Vergud (Wiener Tourismusverband) über Best Practices und Herausforderungen.
„Web Accessibility ist ein zentrales Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Daher setzen wir auf regelmäßige Weiterbildungen, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Beispielsweise mit unserer iab Masterclass ‚Barrierefreie Websites‘ am 6. März 2025, bei der wir Fachkräften praxisorientierte Inhalte und aktuelle Entwicklungen näherbringen“, so iab-Vizepräsident André Eckert (Audienzz).

Warum digitale Barrierefreiheit unverzichtbar ist
Zum Auftakt der Veranstaltung hielt Werner Rosenberger, Projektleiter des Web Accessibility Certificate Austria (WACA), eine Keynote über die Bedeutung und Umsetzung barrierefreier digitaler Angebote. Er unterstrich, dass Web Accessibility nicht nur eine soziale Verantwortung, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil ist. Unternehmen profitieren von einer besseren User Experience, optimierter SEO-Performance, einer höheren Qualität der Codebase und langfristig geringeren Kosten. Gleichzeitig ermöglicht Barrierefreiheit den Zugang zu einer größeren Zielgruppe, was sich direkt auf Leads und Conversions auswirkt.
„Wenn Kontraste besser eingestellt sind, wenn Kaufprozesse vereinfacht werden – das alles ist Barrierefreiheit. Dabei geht es nicht nur um gesetzliche Vorgaben, sondern um soziale Verantwortung und letztlich darum, das Internet für alle zugänglich zu machen“, betont Rosenberger.
Barrierefreiheit betrifft eine breite Bevölkerungsgruppe: Rund 1,7 Millionen Menschen in Österreich leben mit temporären oder dauerhaften Beeinträchtigungen, darunter 320.000 mit starken Sehbeeinträchtigungen. Zudem können rund 25 Prozent der 16- bis 65-Jährigen nicht sinnerfassend lesen. Und auch angesichts einer alternden Gesellschaft wird digitale Barrierefreiheit immer relevanter – sowohl aus gesellschaftlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht.
Mit dem European Accessibility Act, der ab dem 28. Juni 2025 in Österreich durch das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) umgesetzt wird, entsteht ein klarer rechtlicher Rahmen. Unternehmen ab zehn Mitarbeitenden und einem Umsatz von über zwei Millionen Euro sind verpflichtet, digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Dies betrifft unter anderem Websites, Apps und Online-Shops, aber auch digitale Services im Personenverkehr.
„Web Accessibility geht weit über Design hinaus, sondern umfasst auch Content und Technik. Studien – etwa von Tesco oder Kantar – zeigen, dass barrierefreie Online-Angebote zu einer höheren Kundenzufriedenheit und gesteigerten Verkaufszahlen führen“, ergänzt Rosenberger.
Learnings aus der Praxis
Im Anschluss an die Keynote und unter Moderation von Natascha Ickert (Der Standard) wurden in der Paneldiskussion konkrete Erfahrungen und Best Practices besprochen. Manuela Vergud betonte, dass Barrierefreiheit für den Wiener Tourismusverband bereits seit Jahren ein wichtiges Thema ist. Besonders entscheidend sei es, das gesamte Team einzubinden – von der Konzeption über das Design bis hin zu den Redakteuren, die Inhalte erstellen.
„In den letzten Jahren haben wir verstärkt daran gearbeitet, unsere gesamte Website barrierefrei zu gestalten. Eine wertvolle Erkenntnis: Wer Barrierefreiheit von Anfang an mitdenkt, spart sich später aufwendige Anpassungen“, erklärt Vergud.
Pawel Masarczyk demonstrierte mittels des Screen Readers NonVisual Desktop Access, wie Menschen mit Sehbehinderung durch gut strukturierte Webseiten navigieren können.
„Es ist essenziell, dass Websites semantische Elemente enthalten, sodass Nutzerinnen und Nutzer effizient zwischen den einzelnen Bereichen springen können, anstatt sich mühsam durch den gesamten Inhalt hören zu müssen“, betont Masarczyk.
Jürgen Oberguggenberger räumte mit weit verbreiteten Vorurteilen auf, dass barrierefreie Systeme teuer, kompliziert oder optisch unattraktiv seien. Im Gegenteil – eine durchdachte Barrierefreiheit verbessere die Nutzerfreundlichkeit für alle und trage maßgeblich zu einer positiven User Experience bei. Entscheidend seien dabei vier zentrale Prinzipien: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit.
Er hob hervor, dass eine kontrastreiche Gestaltung nach AA/AAA-Vorgaben, eine klare Navigation, vollständige Tastaturbedienbarkeit und einfache Sprache essenziell seien. Zudem müssten alternative Texte für Bilder, eine saubere inhaltliche Struktur sowie klare Fehlermeldungen Standard sein. Besonders bei PDF-Dokumenten müsse auf eine barrierefreie Gestaltung geachtet werden.
Die Diskussion machte deutlich, dass Unternehmen, die frühzeitig auf Barrierefreiheit setzen, nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllen, sondern auch wirtschaftlich profitieren. Barrierefreie digitale Angebote verbessern die Usability, erweitern die Zielgruppe und stärken die Marke. Das Fazit des Panels: Barrierefreiheit ist kein Mehraufwand, sondern eine Investition in eine nachhaltige digitale Zukunft.