Australiens Zeitungen protestieren für mehr Pressefreiheit
Mit weitgehend geschwärzten Titelseiten haben australische Zeitungen eine Beschneidung der Pressefreiheit durch die Regierung angeprangert. Große Tageszeitungen wie „The Australian“, „The Sydney Morning Herald“ und „The Daily Telegraph“ stellten ihren Lesern am Montag die Frage: „Wenn die Regierung die Wahrheit vor Ihnen versteckt, was vertuscht sie?“
Hintergrund der koordinierten Aktion sind Polizeidurchsuchungen beim öffentlich-rechtlichen Sender ABC und in der Wohnung einer Zeitungsjournalistin im Juni. In beiden Fällen drehen sich die Ermittlungen um die Veröffentlichung geheimer Informationen, welche die Regierung und die Sicherheitsdienste in einem schlechten Licht dastehen ließen.
ABC hatte 2017 Regierungsdokumente erhalten, die belegen sollen, dass australische Sondereinsatzkräfte in Afghanistan unschuldige Männer und Kinder töteten. Die Zeitungsjournalistin wiederum hatte über Versuche der Behörden berichtet, die heimische Kommunikation von Australiern umfassend ausspionieren zu dürfen.
Die Razzien, bei denen rund 9.000 Computerdateien von ABC sowie die Unterwäscheschublade der Journalistin durchsucht wurden, wurden international verurteilt. Die britische BBC nannte die Razzien „zutiefst beunruhigend“.
Die Ermittlungen gegen zwei ABC-Journalisten und die Zeitungsjournalistin basieren auf strikten Gesetzen zum Schutz der nationalen Sicherheit. Australische Medien kritisieren aber eine Einschüchterung der Presse, weil Journalisten wegen der Veröffentlichung geheimer Informationen strafrechtliche Konsequenzen befürchten müssen. Die Polizeidurchsuchungen ließen Sorgen über die Pressefreiheit in dem Land wachsen.
Die Aktion stand unter dem Motto „Your Right to Know“ („Ihr Recht, zu wissen“). Daran beteiligten sich insgesamt 19 Zeitungen und Journalistenverbände. Sie appellierten an die rechtskonservative Regierung von Premierminister Scott Morrison, die Pressefreiheit besser zu schützen. Zu ihren Forderungen gehören mehr Rechte für Whistleblower, die Journalisten mit Informationen versorgen.
Nach Angaben des Bündnisses verabschiedete das australische Parlament in den vergangenen Jahren mehr als 60 Gesetze, die das Aufdecken von Skandalen und Missständen erschweren. Unterstützung bekamen die Zeitungen auch von Fernseh- und Radiosendern. Der Chef des Rundfunksenders ABC, David Anderson, sagte: „Australien läuft Gefahr, die geheimnistuerischste Demokratie der Welt zu werden.“
Der australische Kommunikationsminister Paul Fletcher stand am Montag nicht sofort für eine Stellungnahme zur Verfügung. Die Regierung hatte zuvor die Pressefreiheit als „Grundprinzip“ bezeichnet.
Weltweite Aufmerksamkeit erregte in diesem Jahr, als ein Gerichtsbeschluss die Medien daran hinderte, zu berichten, dass der ehemalige Schatzmeister des Vatikans, Kardinal George Pell, wegen Kindesmissbrauchs für schuldig befunden worden war. Pell berief gegen das Urteil.
Einige australische Medien berichteten, dass eine nicht identifizierte Person verurteilt worden war, aber ausländische Medienunternehmen identifizierten Pell. Die Staatsanwaltschaft beantragte gegen drei Dutzend australische Journalisten und Verleger Geldstrafen und Gefängnisstrafen wegen ihrer Berichterstattung über den Prozess.
Australiens Premierminister Morrison hatte dementiert, dass seine Regierung die Durchsuchungen veranlasst habe. Gleichzeitig betonte er: „Niemand steht über dem Gesetz.“
Die australischen Zeitungen forderten am Montag, dass Journalisten von den Gesetzen zum Schutz der nationalen Sicherheit ausgenommen werden. Sie verlangen auch einen besseren Schutz von Informanten.