Causa ORF NÖ: ORF-Chef Weißmann setzt Kommission ein

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann setzt eine Evaluierungs-Kommission ein, nachdem am Freitagabend schwere Vorwürfe gegen ORF-NÖ-Landesdirektor Robert Ziegler aus seiner Zeit als Chefredakteur bekannt geworden waren. Die Kommission werde ihre Arbeit diese Woche aufnehmen, hieß es in einer Aussendung. Damit kommt Weißmann der Forderung des ORF-Redaktionsrats nach einer Suspendierung Zieglers nicht nach.

Die Kommission wird von Gerhard Draxler, ehemaliger ORF-Informationsdirektor und Steirischer Landesdirektor, geleitet. Mit an Bord ist auch Martin Schauer, emeritierter Universitätsprofessor für Zivilrecht, Edgar Weinzettl, Direktor des ORF-Landesstudios Wien, Pia Scheck-Kollmann, ORF-Compliance-Beauftragte und der ORF-Personaljuristin Elma Osmanovic. Der ORF ging in der Aussendung davon aus, dass das in diversen Medien kursierende Dossier mit Vorwürfen auch der Kommission zur Verfügung gestellt werde. Auch wurde betont, dass die redaktionelle Verantwortung für die Berichterstattung des Landesstudios nicht mehr bei Landesdirektor Ziegler liege.

Der ORF-Redaktionsrat forderte Montagvormittag von ORF-Chef Roland Weißmann die sofortige Suspendierung von Robert Ziegler. Eine Kommission mit externer Begleitung solle die Vorwürfe gegen Ziegler aufklären und in der Zwischenzeit eine „untadelige Person“ die Landesstudioleitung übernehmen, hieß es.

Laut internen Chats und E-Mails aus dem ORF-Landesstudio Niederösterreich, die am Freitagabend publik wurden, soll sich Ziegler immer wieder massiv für TV-Präsenz von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eingesetzt und eine Art Message Control zugunsten der Volkspartei betrieben haben. Auch soll er landesnahe Unternehmen in ein positives Licht setzen lassen haben. Ziegler sprach in Reaktion auf die Vorwürfe von „diffusen und nicht nachvollziehbaren Vorwürfen“.

Der ORF-Redaktionsrat wolle mit der Forderung nach Zieglers Suspendierung diesen nicht vorverurteilen, sondern möglichst weiteren Schaden vom ORF und der Glaubwürdigkeit der Berichterstattung der Landesstudios abhalten. „Sollte es sich als wahr erweisen, dass Redakteurinnen und Redakteure angewiesen wurden, Beiträge so zu gestalten, dass bestimmte Politikerinnen und Politiker vorkommen, auch wenn dazu keinerlei journalistische Notwendigkeit besteht, ist das ein klarer Verstoß gegen die gesetzliche Pflicht zur Unabhängigkeit“, hielt der ORF-Redaktionsrat fest. Auch die ORF-NÖ-Redakteurssprecher sprachen sich am Wochenende für eine Untersuchung aus, wehrten sich aber gegen eine „pauschale Vorverurteilung der gesamten Redaktion des ORF Niederösterreich“.

Lothar Lockl, Vorsitzender des ORF-Stiftungsrats, forderte im Gespräch mit der APA eine „umfassende Prüfung“ der Vorwürfe. Denn die Unabhängigkeit der Berichterstattung sei ein Grundpfeiler des ORF. Die Einsetzung der Kommission erachte er als richtig. Diese müsse aber rasch zu einem Ergebnis gelangen, so Lockl. Auch Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-„Freundeskreises“ im ORF-Stiftungsrat, unterstützt auf APA-Anfrage die eingesetzte Untersuchungskommission. Er forderte höchste Transparenz bei der Aufarbeitung, eine rasche Analyse sowie Vorlage des Berichts im Februar.

Ziegler wurde auf Vorschlag Weißmanns von den 35 ORF-Stiftungsräten als Landesdirektor bestellt. Laut ORF-Gesetz kann der Stiftungsrat Ziegler auf Vorschlag Weißmanns auch abberufen. Zuvor müsste jedoch eine Stellungnahme des betroffenen Landes eingeholt werden.

Helga Krismer, Landessprecherin der niederösterreichische Grünen, hat sich in einem „Offenen Brief“ an Weißmann gewandt. Die Vorwürfe gegen Ziegler seien schwerwiegend. „Da der Landesdirektor selber daraus keine Konsequenzen zieht, erwarten wir von ihnen Herr Generaldirektor im Interesse des ORF, Herrn Robert Ziegler von seiner Funktion ‚freizustellen'“, so Krismer. Gerade in den nächsten Wochen, vor einer Landtagswahl, „ist es aus unserer Sicht wichtig die Unabhängigkeit der Berichterstattung des ORF Niederösterreichs sicher zu stellen“.

Udo Landbauer, Landespartei- und Klubobmann der FPÖ NÖ, sprach in einer Pressekonferenz vom „größten parteipolitischen Medienskandal dieses Landes“ und von einem „demokratiepolitischen Supergau“. „Jetzt braucht es sofort eine Neuaufstellung, die für Ausgewogenheit, Objektivität und Fairness in der Berichterstattung sorgt“, verlangte der Freiheitliche.