Inseraten-Ausgaben des BMF stiegen unter Schmid

Die Inseratenschaltungen des Finanzministeriums (BMF) mit Thomas Schmid als Generalsekretär sind ein zentraler Bestandteil der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Inseratenaffäre. Der Verdacht lautet, dass für wohlwollende Berichterstattung mehr Werbegelder flossen. Wie eine Auswertung der Medientransparenzdaten der RTR zeigt, stiegen die Ausgaben des Ministeriums unter Schmid markant an. Mehr erhielt aber nicht nur der Boulevard.

2015 gab das Finanzministerium laut Medientransparenzdaten – die jedoch keine Schaltungen in nicht-periodischen Medien und unterhalb der Bagatellgrenze von 5.000 Euro enthalten – lediglich rund 135.000 Euro für Werbung in Medien aus. 2016 stieg der Betrag markant auf ca. 1,8 Mio. Euro an. Ca. die Hälfte davon floss an den Boulevard. 2018 betrug die Ausgabensumme bereits 7,2 Mio. Euro. 2019 waren es rund 7,4 Mio. Euro. 2020 – im ersten Jahr der Coronapandemie – wurde mit rund 8,9 Mio. Euro der Höhepunkt erreicht. Seitdem sanken die Ausgaben wieder (2021: ca. 6,9 Mio. Euro, 2022: ca. 2,3 Mio. Euro).

Ein großer Brocken der Ausgaben ging in all den Jahren an den Boulevardsektor, der im Zusammenhang mit der Inseratenaffäre rund um „Österreich“, „Heute“ und „Kronen Zeitung“ speziell von Interesse ist. Dabei zeigt sich, dass zunächst die Zeitung „Österreich“ im Jahr 2016 mit rund 411.000 Euro mehr erhielt, als die weit reichweitenstärkere „Kronen Zeitung“ mit rund 323.000 Euro. Auch „Heute“ stieg mit ca. 161.000 Euro mit weniger Inseratengeldern aus dem Finanzministerium aus.

„Heute“-Verlegerin Eva Dichand soll ab 2017 gegenüber Schmid beklagt haben, dass „Österreich“ bei Inseraten des BMF gegenüber „Heute“ und der „Kronen Zeitung“, die ihr Mann Christoph Dichand herausgibt, bevorzugt werde. Die Mediengruppe Österreich rund um die (damaligen) Geschäftsführer Wolfgang und Helmuth Fellner stehen im Verdacht über das sogenannte „Beinschab-Österreich-Tool“ mit Steuergeld finanzierte Umfragen, die dem Fortkommen von Sebastian Kurz gedient hätten, im Gegenzug für Inserate publiziert zu haben. Den Verdacht der WKStA weisen die Fellners vehement zurück.

2017 sah das Ranking dann anders aus: Die „Kronen Zeitung“ bekam mit rund 810.000 Euro am meisten von den Inseratenschaltungen des Finanzministeriums. Auch „Heute“ zog mit rund 730.000 Euro an „Österreich“ vorbei, wo die Einschaltungen aber ebenfalls markant auf ca. 671.000 Euro anwuchsen. Damit gingen in diesem Jahr fast zwei Drittel der Inseratenschaltungen des Finanzministeriums an Boulevardmedien. Der Höhepunkt war 2020 erreicht, als die „Krone“ ca. 1,6 Mio. Euro, „Heute“ rund 1,2 Mio. Euro und „Österreich“ etwa 1,1 Mio. Euro erhielten. 2022 gab es nur noch ca. 211.000 Euro für die „Krone“, 120.000 Euro für „Österreich“ und 93.000 Euro für „Heute“. Die Inseraten-Causa und Chats dazu waren da bereits öffentliches Thema.

„Heute“-Chefredakteur Christian Nusser und Herausgeberin Eva Dichand versicherten zuletzt nach Hausdurchsuchungen beim „Heute“-Verlag, dass es „definitiv“ keine „wohlwollende Berichterstattung“ im Gegenzug für Inseratenschaltungen gegeben habe. Aus einem WKStA-Bericht „über die Erkenntnisse aus der Datenauswertung in Bezug auf Dr. Eva Dichand“ geht auch hervor, dass Dichand positive Berichterstattung für eine Mitsprache bei der Reform des Privatstiftungsgesetzes in Aussicht gestellt haben soll.

2017 kam es demnach im Finanzministerium zu einem Treffen in der Sache. Dichand dürfte über einen Entwurf für eine Novelle unglücklich gewesen sein. Sie mache „Terror“, hielt Schmid dazu gegenüber dem damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) fest. Das Finanzministerium lehnte den Entwurf in der Folge ab. Der von mehreren Medien publizierte WKStA-Bericht liegt auch der APA vor.

„Heute“ habe von gestiegenen Ausgaben des Finanzministeriums profitiert, „aber im Verhältnis nicht mehr als andere Medien“, stellte Chefredakteur Nusser in Sachen Inserate fest. Wie am Montag bekannt wurde, will die WKStA denn auch alle Inserate, die das Finanzministerium in den vergangenen Jahren geschaltet hat, genauer unter die Lupe nehmen und Akten der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit von 2015 bis 2022 einsehen.

Die Medientransparenzdaten weisen auch für Medienhäuser abseits des Boulevards teils stark gestiegene Inseratengelder vom Finanzministerium aus. Beispielsweise erhielt die „Kleine Zeitung“ 2016 ca. 60.000 Euro. 2018 waren es bereits ca. 402.000 Euro und 2020 ca. 519.000 Euro. Anschließend sanken die Inseratenerlöse wieder. Beim „Kurier“ ist das Bild ähnlich: 2016 gingen vom Finanzministerium 91.000 Euro ein, 2018 waren es ca. 374.000 Euro und 2020 ca. 527.000 Euro. Bei der „Presse“ waren es 2016 ca. 53.000 Euro. Der Betrag wuchs bis 2020 auf ca. 427.000 Euro an und ging anschließend auf 39.000 Euro im Jahr 2022 zurück.

Die „Tiroler Tageszeitung“ erhielt 2016 ca. 53.000 Euro, 2020 ca. 228.000 Euro und 2022 ca. 50.000 Euro. Auch bei den „Salzburger Nachrichten“ war 2020 mit ca. 248.000 Euro (2016: ca. 41.000 Euro) wie auch bei den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (2020: ca. 207.000 Euro; 2016: ca. 33.000 Euro) der Höhepunkt erreicht.

Untypisch verliefen die Inseratenschaltungen des BMF bei den „Vorarlberger Nachrichten“ und dem „Standard“. Die „Vorarlberger Nachrichten“ erreichten bereits 2018 mit ca. 309.000 Euro den Höchststand (2016: ca. 46.000 Euro). Danach ging es wieder kontinuierlich bergab. Beim „Standard“ weist die Medientransparenzdatenbank für 2016 ca. 49.000 Euro aus. Der Gipfel war 2018 mit ca. 178.000 Euro und damit einer lediglich dreimal so hohen Summe erreicht. Die Summe ging im Vergleich zu vielen anderen Medien daraufhin weit weniger stark zurück. 2020 waren es ca. 155.000 Euro und 2022 noch rund 117.000 Euro.

Der frühere Kanzler Christian Kern (SPÖ) und der frühere Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bezeichneten die jüngsten Verdachtsmomente im Zusammenhang mit der Affäre Dichand am Dienstag als massive Gefährdung der Demokratie. Der von Kurz abgelöste Mitterlehner sprach gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“ von „gekaufter und erkaufter Politik“. Kern konstatiert: „Die 2017er-Wahl wurde manipuliert ohne Ende.“ Er habe im Wahlkampf gespürt, wie gegen ihn medialer Druck aufgebaut wurde, „allen voran war dabei ‚Österreich‘ und die ‚Kronen Zeitung'“.