Österreich droht EU-Verfahren zu „Whistleblower“-Richtlinie
Die EU-Kommission hat wegen mangelnder Umsetzung der sogenannten Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern („Whistleblowern“) ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Die Brüsseler Behörde habe bereits am 27. Jänner an insgesamt 24 EU-Staaten ein Aufforderungsschreiben verschickt, wie sie am Mittwoch mitteilte. Österreich hatte für die Umsetzung bis 17. Dezember 2021 Zeit, nach Brüssel wurde bisher allerdings nichts gemeldet.
Beim Whistleblowing geht es um das Aufdecken und Weitergeben von Missständen oder kriminellen Machenschaften durch Insider, die meist als Mitarbeiter einen privilegierten Zugang zu Informationen haben. Angesichts mehrerer Skandale wie dem Facebook-Datenleck oder den sogenannten Panama Papers, die erst durch Whistleblower öffentlich geworden waren, legte die EU-Kommission im April 2018 einen Vorschlag zum einheitlichen Schutz der Hinweisgeber vorgelegt.
Die Regeln, auf die sich EU-Staaten und Europaparlament 2019 laut Deutscher Presse-Agentur geeinigt haben, decken unter anderem Verstöße gegen EU-Recht im Bereich der Geldwäsche, der Unternehmensbesteuerung, beim Datenschutz, bei der Lebensmittel- und Produktsicherheit, beim Umweltschutz und der nuklearen Sicherheit ab. Die EU-Kommission ermutigte die Mitgliedstaaten, den Anwendungsbereich auszuweiten.
Konkret ist etwa vorgesehen, dass Whistleblower den Weg, wie sie die Verstöße melden, frei wählen können. Sie werden nicht verpflichtet, sich als erstes an eine Stelle in ihrem eigenen Unternehmen zu wenden. Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern müssen eine solche Stelle zwar einrichten. Die Hinweisgeber können sich aber auch an eine zuständige Behörde wenden.
Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International übte scharfe Kritik an Österreich. „Knapp zwei Monate nach der Deadline wurde weder ein Entwurf präsentiert noch der Begutachtungsprozess gestartet. Das ist ein Armutszeugnis und ein Paradebeispiel, weshalb Österreich im Corruption Perceptions Index mit immer schlechteren Ergebnissen konfrontiert ist“, stellte Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI Austria in einer Aussendung am Donnerstag fest.
Österreich hat nun zwei Monate Zeit „zufriedenstellend“ auf das Schreiben zu antworten. Geschieht das nicht, kann die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren mit einer „mit Gründen versehenen Stellungnahme“ vorantreiben. In letzter Konsequenz kann die EU-Kommission den Europäischen Gerichtshof anrufen.