„Schlaues und böses System“ schränkt Ungarns Medien ein

„Es geht nicht mehr nur um Ungarn, sondern um die ganze Region“, sagt Agnes Urban, eine ungarische Wissenschafterin, bei einer Pressekonferenz zum Thema „Pressefreiheit in Ungarn“ am Montag in Wien. „Es gibt eine extrem hohe Medienkonzentration, die Medien sind nicht marktfinanziert, sondern staatsfinanziert, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nennt man Staatsmedien – wie vor der Wende.“

Die ungarische Medienbehörde, die alle wichtigen Entscheidungen über die Fernsehen- und Radiostationen treffe, besteht aus fünf Abgeordneten aus der Regierungspartei Fidesz. Unabhängige Journalisten würden kaum zu Informationen kommen, vielen sei der Zugang zum Regierungsgebäude verwehrt oder sie würden keine Antwort auf Presseanfragen bekommen. „Das Problem ist systematisch und es wird sehr schwer sein, eine Lösung zu finden“, betont Urban, die beim ungarischen Thinktank Mertek tätig ist. Auch der im Oktober gewählte grün-liberale Bürgermeister von Budapest, Gergely Karácsony, könne in dieser Hinsicht wenig ändern.

Nur noch wenige unabhängige Medien seien in Ungarn vorhanden, die meisten davon online. Ihre Reichweite ist somit großteils auf Budapest und andere Großstädte beschränkt. „Die Regierung stellt keine politischen Anforderungen an die Medien“, meint Gabor Horvath, ehemaliger Chefredakteur der ungarischen Zeitung Nepszava. Das sei auch nicht nötig. „Sie haben bereits ein System legaler Maßnahmen geschaffen, die die Medien immer weiter einschränken. Es ist ein schlaues und böses System.“

Bei der Frage, was die EU gegen diese Entwicklungen machen könne, waren sich die meisten Diskutanten einig. Horvath glaubt, es müssten gemeinsame europäische Medienstandards geschaffen werden, die auch Sanktionen mit sich bringen würden. „Eine der Hauptgeldquellen, durch die sich Orban und seine politischen Kreise bereichern, sind die EU-Steuerzahler“, sagt Istvan Templan von der ungarischen NGO PROSUM Foundation. „Es ist schwer, Abläufe (auf dem europäischen Niveau) zu ändern, aber noch schwieriger wird es, Orban & Co loszuwerden.“ Die EU könne etwas ändern: beispielsweise den Geldhahn zudrehen oder direkte Maßnahmen treffen.

„Es ist wichtig zu beachten, dass Ungarn nicht homogen ist und dass der Großteil der Bevölkerung für die EU steht“, betont Eszter Nagy, Generalsekretärin der ungarischen Sektion der Union europäischer Föderalisten. Ungarn sei ein illiberaler Staat und keine illiberale Demokratie – das sei eine Bezeichnung, die von Orban komme. „Die Pressefreiheit ist ein gesamteuropäisches Problem und muss gemeinsam angegangen werden“, so Nagy.