Wrabetz bestätigte Postenabsprachen unter türkis-blau

Der ehemalige ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat bestätigt, dass es unter der ÖVP-FPÖ-Regierung mit ORF-Stiftungsräten zu Postenabsprachen gekommen ist. „Ja, es hat Gespräche zu Leitungsfunktionen gegeben, bei denen man sich teilweise auf Positionen verständigt hat“, sagte er den „Salzburger Nachrichten“. Er habe es getan, um die Zerschlagung des ORF und die Finanzierung über das Budget des Bundeshaushalts zu verhindern, meinte er.

Damit bezieht sich der langjährige ORF-Chef, der Anfang des Jahres von Roland Weißmann abgelöst wurde, auf ein 2017 unter Türkis-Blau angefertigtes Strategiepapier, das die Abschaffung der Rundfunkgebühren vorsah. Auch tauchte eine Vereinbarung zu Postenbesetzungen zwischen dem ORF-Stiftungsratsvorsitzenden Norbert Steger von der FPÖ und Thomas Zach, Leiter des ÖVP-„Freundeskreis“ im obersten ORF-Gremium, auf. Darin sind wichtige Führungspositionen mit Namenskürzeln versehen, wobei der Großteil davon unter Wrabetz auch so besetzt wurde.

Neben den türkis-blauen Absprachen zum ORF tauchten auch solche der türkis-grünen Regierung auf. Darin werden die ORF-Direktoriumsposten im Verhältnis drei ÖVP – inklusive Generaldirektor – versus zwei Grüne aufgeteilt. Wrabetz sei laut „Salzburger Nachrichten“ zwar bewusst gewesen, dass es Abmachungen gegeben hatte, „aber ich bin erstaunt, dass das so detailliert geregelt war. Das ist selbst in der ORF-Geschichte ungewöhnlich.“ Man müsse nun daraus lernen und etwa darüber nachdenken, den Stiftungsrat pluralistischer aufzustellen.

Der ORF-Redakteursrat empörte sich am Montag in einer Aussendung darüber, mit welcher „Dreistigkeit es bei Regierungsverhandlungen zum Thema ORF ausschließlich um die Interessen der politischen Parteien und Postenschacherei geht“ und forderte unter anderem ein neues ORF-Gesetz und den Rücktritt verantwortlicher Stiftungsräte. Unterstützung für die Forderungen kam vonseiten der Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse von ZDF, ARD und Deutschlandradio (AGRA).

„Mit Entsetzen blicken wir auf die Vorgänge in Österreich“, hieß es in einer Aussendung. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei kein Spielball von Parteien oder Regierungen und dürfe nicht für machtpolitische Zwecke missbraucht werden. „Die Anstalt muss aus den Fängen der Politik befreit werden“, so die AGRA.