Content für den Kunden vom Kunden

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Philip Papendieck, Intermate

Influencer-Marketing ist für viele Unternehmen immer noch ein „Geisterwort“. Philip Papendieck, CEO der Agentur INTERMATE, macht sich für die Professionalisierung und Validierung der Werbeform stark.

MedienManager: Herr Papendieck, warum ist das Werben mit Influencern für Unternehmen und Märkte spannend?

Philip Papendieck: Influencer bringen generell, trotz Werbekennzeichnung, eine sehr hohe Glaubwüdigkeit mit. Sie teilen ihr – vermeintlich – privates Umfeld mit ihrer Community und lassen sie an ihrem täglichen Leben teilhaben. Die Community ist beim Aufstehen im Bett, beim Mittagessen, über den Nachmittag bis hin zur abendlichen Party live mit dabei. Somit haben Influencer einen stärkeren Zugang zu ihrer Community als beispielsweise berühmte Testimonials und können eine gewisse Nähe zu ihr aufbauen. In Zeiten von Adblockern und einer kritischen Zielgruppe, die nicht mehr jede Werbung stumm schluckt, stellt der Influencer einen starken Botschafter für die Zielgruppe da. Weitere Vorteile sind die hohe Reichweite und die hohe Zuschauerbindung auf YouTube. Die Zuschauerbindung linkt teilweise bei 80 bis 90 Prozent, auch wenn des offensichtlich als Werbung gekennzeichnet ist.

MedienManager: Wie können insbesondere kleine und mittlere Unternehmen davon profitieren?

Papendieck: Influencer sind mittlerweile in jeder Größenordnung vorhanden. Sei es im Food- und Beveragebereich, wo Influencer die verrücktesten Burger fotografieren, sich mit dem Grillen beschäftigen oder veganes Essen bevorzugen. In jedem Winkel des Internets gibt es Influencer, die eine Story erzählen. Man braucht die großen, teuren Superstars nicht mehr. KMUs können auf kleine, bezahlbare Influencer setzen.

MedienManager: Worauf kommt es bei einer gelungenen Influencer-Marketing- Kampagne an?

Papendieck: Vor wenigen Jahren, als Influencer-Marketing in den Kinderschuhen steckte, gab es noch eher wenige Insights. Der Kunde hat begriffen, dass es Leute gibt, die man zwar überhaupt nicht kennt, denen aber über 10.000 Leute in den sozialen Netzwerken folgen. Zwar war dem Kunden der Grund dafür nicht ganz klar, aber er hat sich gedacht: „Ich probier das aus!“. Verwackelte Handybilder wirken ja auch authentisch und der Kunde hat diese neue Werbeform akzeptiert. Die ausgewiesenen Zahlen waren eher rudimentär und das Feld der Influencer war sehr überschaubar. Heute gibt es viele Insights wie Zuschauerbindung, demografische Daten, Performance der Kanäle und Klickrate, die man bereits im Vorfeld einsehen und im Nachhinein reporten kann. Die Marken haben begriffen, dass da eine starke Werbewirkung dahintersteckt. Dementsprechend höhere Ansprüche haben sie jetzt an Kampagnen. Gute Kampagnen zeichnen sich zum einen durch sehr datengetriebenes Vorgehen aus. Man selektiert in einem ersten Schritt, welcher Influencer die Zielgruppe anspricht und wie seine Performance und Audience Credibility ist. In einem zweiten Schritt muss der Influencer die Botschaft der Marke in seiner Community gut rüberbringen. Wenn man beispielsweise mit dem Thema Bildung eine junge Zielgruppe erreichen möchte, hilft es nicht, wenn der Influencer mit erhobenem Zeigefinger, wie die eigenen Eltern, auf das Thema zeigt. Das blockt die junge Community ab. Der Content ist hier sehr wichtig. In jedem Kanal muss eine eigene Story erzählt werden. Im Hintergrund kann man Daten sammeln und selektieren, damit der Kunde das Gefühl hat: „Ok, die Kampagne hat etwas gebracht!“

MedienManager: Obwohl laut einer Werbemarktprognose Werbeabteilungen in diesem Jahr mehr als eine halbe Milliarde Euro für Influencer-Marketing ausgeben werden, macht es in der medialen Berichterstattung immer noch den Eindruck, dass die junge Disziplin nicht ernst genommen wird. Woran liegt das?

Papendieck: Wir sehen bei unseren Kunden, dass es noch wenig Wissen in Bezug auf Influencer gibt. Das ist auch gar nicht branchenabhängig. Wir haben teilweise große Konzerne als Kunden, die noch nie eine richtige, übergeordnete Influencer-Kampagne hatten, dafür aber kleine Institutionen, die schon ihre vierte Kampagne schalten. Ein Grund dafür, dass sich die Influencer-Branche so schnell entwickelt hat, ist, das viele Firmen begriffen haben, dass ein Influencer mit nur einem einzigen Post viel mehr Leute erreicht als beispielsweise Onlinebanner oder Fernsehwerbung. Für andere ist es schwierig, sich vorzustellen, dass man viel Geld in einen jungen und vermeintlich unerfahrenen YouTuber investiert, von dem man nicht einmal weiß, was er wirklich tut. Das kann man intern auch schwer argumentieren und es führt zu gedanklichen Barrieren. Hier braucht es Aufklärungsarbeit.

MedienManager: Sie rufen nach einer Professionalisierung und Validierung der Disziplin. Wie könnten diese aussehen?

Papendieck: Stichwort Daten. Sehr viele Agenturen wählen Influencer immer noch danach aus, wie cool sie aussehen oder wie oft sie in der Presse genannt werden, dabei haben sie aber vielleicht nur wenige Follower im Land der Zielgruppe. Fragen, die man sich stellen muss, sind: Wie viele Impressionen hat der Influencer? Sind seine Follower echte, potenzielle Kunden oder sind sie vielleicht nur gekauft? Welche Zielgruppe hat er? Welche organische Ausstreuung hat er? Das ist wichtig, damit die Kunden Vertrauen in die Influencer aufbauen können. Wir weisen diese Daten transparent aus. Auch das Vetragswesen muss sich grundlegend ändern. Wir haben mittlerweile nicht nur Influencer, die zu Hause mit der Dose Pepsi ein Foto aufnehmen, sondern wir produzieren richtig coole Spots. Dafür braucht man einen Produktionsplan, ein Team, mehrere Kameras – das muss alles bezahlt werden. Damit man sich auf die Leistung des Influencers verlassen kann, muss im Vertrag der Schadenersatz geregelt sein. Was passiert beispielsweise, wenn der Influencer am Vortag zu viel gefeiert hat und nicht erscheint. Ein geregelter Vertrag ist auch ein starkes Signal: Achtung! Hier ist ein großer Kunde und viel Budget im Spiel, trotzdem soll alles authentisch bleiben. Ein guter Vertrag ist flexibel, aber es gibt gewisse Parameter, die nicht verhandelbar sind (der Influencer hat echte Follower, er redet im Nachhinein nicht schlecht über die Marke usw.) Wir recherchieren im Vorfeld, ob der Influencer in den letzten sechs Monaten mit einer konkurrierenden Marke gearbeitet hat, und legen zusätzlich vertraglich fest, dass gewisse Marken nicht im Zuge der Kampagne oder in einem gewissen Zeitraum nach der Kampagne beworben werden dürfen. Es gibt nach wie vor viele Agenturen und Unternehmen, die solche Sachen nicht absprechen. Dann kommt es genau dazu, dass der Influencer an Tag eins jenes Bier in die Kamera hält und an Tag zwei dieses.

MedienManager: In einem Interview erklärt L’Oréal-Manager Stefan Geister, dass er seine eigenen Mitarbeiter zu Influencern machen möchte. Ist diese Vorgehensweise in Ihren Augen sinnvoll? Wie viel hat das mit der Arbeit eines „professionellen“ Influencers gemeinsam?

Papendieck: Für das Thema Employer Branding macht das durchaus Sinn. Nur der Mitarbeiter kann am besten über das Unternehmen sprechen. Wenn es darum geht, Produkte zu promoten, finde ich es schwierig, weil der Influencer ein „unabhängiger“ Produkttester sein sollte. Der Mitarbeiter ist das natürlich nicht. Klar weiß der Follower auch, dass der Influencer für seine Produktmeinung bezahlt wird, trotzdem ist er immer noch authentischer als der Mitarbeiter, der auf seinem eigenen Kanal für die Marke wirbt.

MedienManager: Was bietet Ihre Agentur INTERMATE ihren Kunden?

Papendieck: Wir bieten unseren Kunden zwei Säulen an. Zum einen die beste datengetriebene Selektion am Markt. Dabei handelt es sich um eine eigene Technologie, die wir seit vier Jahren stetig weiterentwickeln, basierend auf demografischen und Performance-Daten, Fake Followern und der Höhe der Belastbarkeit der Community. Wir schauen uns auf inhaltlicher Ebene an, wie sehr der Influencer zum Kunden passt, und untersuchen jeden seiner Kanäle. Wir transkribieren Gesprochenes in YouTube-Videos, damit wir screenen können, wie der Influencer zum Kunden selbst und zu seinem Thema steht. Unsere eigene Produktionsfirma hat ihren Fokus auf Vertical-Video- Content, dabei handelt es sich ebenfalls um ein starkes „Geisterwort“ in der Produktionsbranche. Dabei haben wir uns sehr früh stark positioniert und haben nach strategischen Ansätzen gesucht, damit wir nicht nur für den Kunden Inhalte produzieren können, sondern auch für die Follower der Influencer, also den Kunden vom Kunden. Derzeit arbeiten wir daran, unsere Dienste auch in Österreich anbieten zu können.

Info:

Agentur INTERMATE
Sickingenstr. 70, 10553 Berlin
Managing Directors: Alessandro De Pasquale, Jörn Mecher, Philip Papendieck

info@intermate.de
www.intermate.de

Kontakt in Österreich:

Isabel Hernandez-Silva,
Team Leader | Key Account Manager
isabel.hernandez-silva@intermate.de