Grün ist nicht gleich Grün

© cienpiesnf/AdobeStockWelche Kriterien sind für die Wahl einer umweltfreundlichen Druckerei wirklich wichtig? Der MedienManager gibt eine Hilfestellung und zeigt einen Weg durch den Dschungel der unterschiedlichen Label.

In der Farbenlehre wird Grün als die Farbe der Mitte bezeichnet. Aber aufgepasst! Grün ist nicht gleich Grün. Im modernen Druckprozess gilt Grün als die Farbe, deren Reproduktion immer wieder zwischen den am Prozess Beteiligten zu Auseinandersetzungen darüber führt, ob der jeweilige gedruckte Grünton die richtige Nuancierung aufweist. Womit wir schon mitten im Thema sind.

Wann ist eine grüne Druckerei wirklich umweltfreundlich?

Gibt man im Internet Begriffe wie grün drucken, umweltfreundlich drucken, ökologisch drucken, klimaneutral drucken oder nachhaltig drucken ein, tauchen eine Vielzahl von Druckereien auf, die mindestens das eine oder andere der genannten Schlagworte in ihrer Headline führen. Verantwortungsbewusste Drucksacheneinkäufer, die angesichts steigender Erderwärmung, globaler Waldbrände, illegalen Holzschlags und schwindender Ressourcen ökologisch handeln wollen, stehen vor der entscheidenden Frage: Welche Druckerei produziert wirklich umweltschonend und nachhaltig? Und je mehr die Nachfrage nach ökologisch verträglichen Produkten und Dienstleistungen steigt und somit der Markt wächst, desto begehrter wird die Teilhabe daran. Kein Wunder also, dass Unternehmen aus der Druckbranche alles tun, um sich ein möglichst grünes Image zu verschaffen. Häufig werden dabei oberflächliche „ökologische Maßnahmen“ als echter Umweltschutz verkauft. Greenwashing ist somit weit verbreitet und oft nicht einfach zu erkennen. Labels wie FSC, PEFC oder Klimaneutral gedruckt finden sich mittlerweile auf den Homepages der allermeisten Druckereien. Sie allein sind jedoch kein handfestes Indiz für nachhaltige Umweltleistungen eines Unternehmens. Anders verhält es sich mit Zertifikaten für systematisches Umweltmanagement wie u. a. EMAS, ISO 14001, das Österreichische Umweltzeichen oder Ökoprofit, wie sie nur bei wenigen Druckereien in die Produktionsabläufe eingebunden sind. Im Folgenden werden deshalb die gängigen Siegel und Zertifikate der Druckbranche erklärt.

Geben Siegel Orientierung?

Bei der Bewertung von Siegeln muss geprüft werden, ob sie z. B. mit offiziellen und verifizierbaren Seriennummern versehen sind oder einfach nur abgebildet werden. Bei dieser genaueren Betrachtung wird deutlich, dass das Prädikat „Nachhaltiger Druckdienstleister“ im deutschsprachigen Raum auf kaum mehr als 20 Druckereien zutrifft. Eine Vielzahl der grafischen Unternehmen Deutschlands bietet „klimaneutrale Druckprodukte“ an. Ob unter dem Label der Climate Partner Deutschland GmbH, Nature Office, myclimate oder des Bundesverbands Druck & Medien – das Prozedere ist immer das gleiche: Der Ausgleich der jeweiligen CO2-Emissionen, die bei der Herstellung eines Druckprodukts inklusive Papier, eingesetzter Chemikalien und sonstiger Materialien sowie Energie und Logistik anfallen, erfolgt über den Ankauf von Zertifikaten für geprüfte Klimaschutzprojekte. Welche betrieblichen Umweltleistungen gemäß dem Grundsatz „Vermeiden – Vermindern – Kompensieren“ wirklich dahinterstehen, lässt sich an diesen Labels nicht erkennen. FSC und PEFC sind keine Umweltzertifikate, sondern Labels zur Identifizierung von Produktketten (Chain of Custody). FSC®, der Forest Stewardship Council®, ist eine internationale gemeinnützige Organisation, die das erste System zur Zertifizierung ökologischer Waldbewirtschaftung schuf. Gleichzeitig wird das Akronym FSC auch für das Gütesiegel benutzt, mit welchem Holzprodukte als Erzeugnisse aus FSC-zertifiziertem Holz gekennzeichnet werden. Papier aus FSC-zertifiziertem Holz trägt ebenfalls dieses Logo und darf von Druckereien, die in der Chain of Custody zertifiziert sind, für die Kennzeichnung eines Druckprodukts benutzt werden. Die Zertifizierung für Druckereien besteht in einer gründlichen Überprüfung des mengenmäßigen Einsatzes von FSC- zertifizierten Papieren vor Ort, das heißt: Im Zuge der Zertifizierung wird anhand von Lieferscheinen und Rechnungen kontrolliert, ob die Ein- und Verkaufsmengen von FSC-deklariertem Papier übereinstimmen. Das Logo kann dann auf dem Produkt mitgedruckt werden. Dabei sind Abbildungsvorschriften wie Mindestgröße, Abstände etc. zu beachten. Das FSC-Label wird von führenden NGOs empfohlen. Die Kriterien des FSC-Labels sind teilweise präziser. Dennoch verwenden einige Druckereien alternativ das PEFC-Label. PEFC ist ein Zertifikat der europäischen Holzwirtschaft und dokumentiert zum einen die ökologische Waldbewirtschaftung durch die Waldbauern – andererseits garantiert das Siegel eine kontrollierte Verarbeitungskette (Chain of Custody). Papier aus PEFC-zertifiziertem Holz trägt dieses Siegel und darf von Druckereien, die in der Chain of Custody zertifiziert sind, als solches angeboten und verarbeitet werden. Die Zertifizierung erfolgt wie bei FSC durch die Überprüfung der Ein- und Verkaufsmengen. Nicht zertifizierte Druckereien dürfen diese Papiere natürlich verarbeiten, eine Label-Kennzeichnung ist ihnen nicht erlaubt. Das mitgedruckte Label muss unbedingt die Zertifizierungsnummer des Unternehmens enthalten. Die Nutzung dieser Label gibt keine Auskunft über weitere nachhaltige Maßnahmen einer Druckerei. Der Fokus liegt auf der Papierherkunft, nicht auf einem nachhaltigen Produktionsprozess.

Der Blaue Engel – umfassendes Umweltzertifikat für Produkte und Dienstleistungen

Dieses Siegel kennzeichnet im Allgemeinen besonders umweltschonende Produkte und Dienstleistungen. Recyclingpapiere, die mit diesem Siegel ausgezeichnet sind, gibt es seit Ende der 1970er-Jahre auf dem Markt. Jede Druckerei kann diese Papiere verarbeiten. Viele Unternehmen verweisen auf ihren Websites unter Nutzung des Logos Blauer Engel darauf, dass bei ihnen Druckprodukte unter Verwendung dieser zertifizierten Papiere hergestellt werden. Leider führt diese Verwendung des Blauer-Engel-Labels oft zu Verwirrungen, denn es suggeriert fälschlicherweise, dass das Druckprodukt unter nachhaltigen Bedingungen hergestellt wurde, obwohl oft nur zertifiziertes Papier verwendet worden ist. Um solche Verwechslungen auszuschließen und eindeutig Klarheit zu schaffen, wurde im Jahr 2015 von der RAL gGmbH ein Zertifizierungsverfahren eingeführt, das es Druckereien und ihren Kunden ermöglicht, ein gesamtes Druckprodukt mit dem Blauen Engel auszuzeichnen. Hierfür wurden  bestimmte Nachhaltigkeitskriterien festgelegt:

• Das Druckprodukt muss in seiner Gesamtheit überwiegend aus Papier oder Karton bestehen.

• Die eingesetzten Papiere und Kartons müssen überwiegend aus Recyclingfasern hergestellt sein.

• Nachwachsende Rohstoffe, z. B. in Farben, dürfen nicht gentechnisch verändert sein.

• Klebstoffe, Farben usw. müssen unbedenklich gegenüber Umwelt und Gesundheit sein. Das Produkt muss recycelbar und deinkbar sein.

• Die Druckerei muss als Betrieb bestimmte Kriterien erfüllen, damit sie Druckprodukte mit dem Blauen Engel auszeichnen darf. Dazu gehört ein im Produktionsablauf implementiertes und zertifiziertes Umweltschutz-Management-System, wie etwa EMAS oder ISO 14001.

• Außerdem werden Überprüfungen der Druckmaschinen zum Nachweis des alkoholfreien Druckprozesses gefordert sowie ein Energie-Managementsystem nach ISO 50001.

• Zusätzlich sind Unbedenklichkeitserklärungen für benutzte Klebstoffe, Heftklammern, Druckhilfsmittel und Farben vorgeschrieben.

• Kennzahlen zur Überprüfung des Energieverbrauchs, des Papierabfalls und weiterer quantifizierter Umweltziele sowie der technischen Anlagen sind vorzulegen.

Erst wenn alle diese Kriterien erfüllt sind, erhält die Druckerei das Zertifikat, das sowohl auf der Webseite als auch auf Druckprodukten verwendet werden darf. Nur eine Druckerei, die im Label dieses Suffix „blauer-engel.de/UZ 195“ anführt, ist eine entsprechend zertifizierte Druckerei. Unternehmen, die das Label ohne Suffix verwenden, sind nicht zertifiziert und dürfen ihre Druckerzeugnisse nicht damit auszeichnen! Dieses Label ist aufgrund seiner umfassenden Anforderungen an eingesetzte Materialien und den gesamten Herstellungsprozess das strengste und glaubwürdigste Umweltsiegel für Druckprodukte.

Ökoprofit – ein ökologisches Projekt für integrierte Umwelt-Technik

Ökoprofit ist ein Kooperationsprojekt zwischen Kommunen und der örtlichen Wirtschaft. Ziel ist eine Betriebskostensenkung unter gleichzeitiger Schonung der natürlichen Ressourcen. Produzierende Unternehmen, Dienstleister, Sozialeinrichtungen und Handwerksbetriebe können daran teilnehmen. Wichtige Bausteine des Konzepts sind gemeinsame Workshops der teilnehmenden Betriebe, in denen die Inhalte durch externe Berater vermittelt werden. Nach einer einjährigen Projektdauer werden die Betriebe anhand eines Kriterienkatalogs geprüft und von der Kommune für ihre Umweltleistungen ausgezeichnet. Zu den wichtigen Kriterien gehören:

• die Vorlage eines Abfallwirtschaftskonzepts,

• ein skizziertes betriebliches Umweltprogramm sowie

• die Verwendung von Kennzahlen zur Umweltleistung.

Im Grunde kann dieses Ökoprofit- Basisprogramm den Unternehmen dazu dienen, sich auf die spätere Zertifizierung nach ISO 14001 vorzubereiten. Anders als bei anderen Umweltmanagementansätzen, die in der Regel auf das Einzelunternehmen ausgerichtet sind, zielt Ökoprofit auf die Bildung eines lokalen kommunalen Netzwerks zum Umweltschutz ab. Nach einem Jahr im Basisprogramm treten viele Betriebe einem Club bei, wo sie sich in regelmäßigen Workshops austauschen und über neue Entwicklungen im Umweltrecht und in relevanten organisatorischen und technischen Neuheiten informiert werden. Österreichisches Umweltzeichen – ein Zertifikat für Produkte und Dienstleistungen. Dieses Zertifikat ist, wie auch bei Ökoprofit, eine Vereinbarung zwischen Politik und Wirtschaft. Dabei wird der „Lebenszyklus-Ansatz“ angewendet. Die Grundlage für die Zertifizierung eines Produkts oder einer Dienstleistung bilden Richtlinien mit verbindlichen Kriterien. Betrachtet werden dabei die Umweltauswirkungen bei Gebrauch, Herstellung und Entsorgung. Ebenso der Rohstoff- und Energieverbrauch, Toxizität der Inhaltsstoffe, Emissionen (Abgase, Abwasser, Lärm …), Abfälle und Recyclingfähigkeit, Verpackung, Vertrieb und Transport. Zudem werden Qualität und Gebrauchstauglichkeit sowie Sicherheit, Langlebigkeit und Reparaturfreundlichkeit geprüft. Nach Abschluss des Zertifizierungsprozesses beschließt der „Beirat Umweltzeichen“ die Veröffentlichung durch das österreichische Umweltministerium.

Autor: Guido Rochus Schmidt