KI: Game Changer in Medien- und Filmbranche?

Verdrängt KI traditionelle Berufswege, schränkt sie kreative Freiheiten ein oder fördert sie Innovation und Kreativität? Die Medien- und Filmbranche diskutierte beim 15-jährigen Jubiläum der c-tv-Konferenz an der FH St. Pölten.

© Alexander Steininger
Über Risiken und Chancen von künstlicher Intelligenz in der Film- und Medienbranche diskutieren (v.l.) Doris Priesching (Autorin; Redakteurin, Der Standard), Kerstin Lenger (Data Science Consultant, EBCONT), Matthias Hornschuh (Komponist & Sprecher der Kreativen in der Initiative Urheberrecht), Djordje Slijepčević (Researcher am Institut für Creative\Media/Technologies, FH St. Pölten)
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Neue Technologien wie KI oder die Integration von cloud-basierten Arbeitsmethoden revolutionieren die Produktion und die Zusammenarbeit in Teams in der Medien- und Filmbranche. Doch auch ein Kulturwandel und ein Umdenken in Bezug auf die Arbeitsbedingungen prägen diesen Wandel.
 

KI als Game Changer
„Vor allem generative KI ist ein Treiber des Wandels“, weiß die Konferenzleiterin und Leiterin des Studiengangs Medientechnik an der FH St. Pölten Rosa von Suess. Sie wurde von Moderatorin Doris Priesching, Autorin und Redakteurin bei „Der Standard“, sowie von einer KI-generierten „Kollegin“ auf die Bühne gebeten, deren Performance von der eines realen Menschen nur mehr wenig zu unterscheiden war – nur ein Beispiel, was mit KI bereits möglich ist, doch davon gibt es weitaus mehr: „Eine Studie, die 160 KI-Anwendungen betrachtet, belegt, dass bereits Drehbücher oder Nachrichten von KI geschrieben oder Kurzvideos vollständig von KI erzeugt werden – inklusive Musikstücke. Stimmen werden geklont, Lokalisationen, wie beispielsweise eine automatische Generierung von Untertiteln, werden angewandt“, sagt von Suess.
 

Nachholbedarf und Potenzial für zukünftige Akteur*innen
Die namhaften Expert*innen aus der Medien- und Filmbranche sind sich einig: Künstliche Intelligenz wird die Medien- und Filmindustrie noch stark beeinflussen. Wichtig ist es dabei, den professionellen Umgang mit der Technologie zu lernen. Hier sehen die Expert*innen noch Nachholbedarf und Potenzial für zukünftige Akteur*innen in der Medien- und Filmbranche.

„Der Nachwuchs in der Medienproduktion muss sich einerseits mit den KI-Lösungen vertraut machen, um zukunftsfit zu bleiben, und andererseits Bereiche finden, in denen Kreativität besonders wichtig ist“, so Philipp Eibl, Leiter der Gruppe für Medienproduktions-Software am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen. Er entwickelt mit seinem Team im Projekt „Post-pro Cloud“ AI-Tools für einen cloud-basierten Lokalisierungsassistenten. Angebunden an die ebenfalls in der Gruppe entwickelte Filmmastering-Software easyDCP, sollen hier schrittweise Lösungen für Barrierefreiheit, Transkription und Übersetzung evaluiert und nutzbar gemacht werden.

An der FH St. Pölten behandeln verschiedene Medien-Studiengänge vielfältige Aspekte der KI und bilden zu Fachkräften mit umfassendem Know-how aus. „Gerade für unsere Medientechnik-Studierenden ist der Einsatz von KI unumgänglich und wichtiges Know-how für ihre Zukunft“, sagt die Medientechnik-Studiengangsleiterin Rosa von Suess.
 

Spannungsfeld KI & Gesellschaft
Matthias Hornschuh betrachtet die technologischen Entwicklungen kritisch in Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die schöpferische Tätigkeit in Kultur und Medien. Der Komponist und Sprecher der Kreativen in der Initiative Urheberrecht, die sich mit den gesellschaftlichen und medialen Implikationen der künstlichen Intelligenz beschäftigt, warnt eindringlich vor den Auswirkungen ungeregelter KI auf Kunst und Gesellschaft. „Ich bin nicht gegen KI; ich fordere keine Fahrverbote, sondern eine Verkehrsordnung. Wir brauchen Regulatorien, die dem, was gemacht werden darf, klare Grenzen ziehen. Die Lücke zwischen politischer Kontrolle und technologischem Fortschritt wird unbeherrschbar groß, und das sollten wir uns nicht bieten lassen.“
 

Change in Crews
Aber nicht nur KI verändert die Medien- und Filmbranche, es findet auch gerade ein Kulturwandel und ein Umdenken in Bezug auf die Arbeitsbedingungen statt. „Wir sind schon sehr weit – Stichwort: Me too, da ist die letzten Jahre viel an Präventionsarbeit und Bewusstseinsbildung passiert – aber wir sind noch nicht am Ziel“, betont Claudia Wohlgenannt, Filmproduzentin, Vorstandsmitglied der Akademie des Österreichischen Films und Mitglied der Fachvertretung der Film- und Musikwirtschaft der Wirtschaftskammer Wien. Vor allem die 60-Stunden-Woche ist nach wie vor ein großes Problem und trägt mitunter dazu bei, dass Menschen die Branche in der Phase der Familiengründung wieder verlassen. „Eine unbürokratische Lösung dafür wären geteilte Jobs. So könnten sich zum Beispiel zwei Maskenbilder*innen zusammenschließen, die sich die Arbeitszeit und die Workload teilen“, ist Claudia Wohlgenannt überzeugt.