ORF-Wahl: Verfassungsjurist Mayer plädiert für geheime Wahl

In die Debatte rund um die offene Wahl der ORF-Generaldirektion schaltet sich nun auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer ein. In einem Interview mit der „Presse“ (Freitagsausgabe) hält er fest: „Ich kenne keinen Verein, in dem der Vorstand in offener Wahl bestimmt wird.“ Das Vorgehen beim ORF halte er für „völlig unerträglich“. Eine geheime Wahl würde hingegen „zumindest eine Überraschung ermöglichen“, erinnert er etwa an die Wahl Gerd Bachers Ende der 1970er Jahre.

Den Einfluss politischer Parteien werde man auch in Zukunft „nicht völlig beseitigen“ können, aber „man muss den Einfluss zurückdrängen, damit die nicht völlig allein bestimmen können, wer Generaldirektor wird“, so Mayer gegenüber der Zeitung. Österreich sei viel zu klein, „um ausreichend viele Leute zu finden, die da infrage kommen“, sagt er in Hinblick auf die Auswahl unabhängiger Stiftungsräte. „Die müssten wohl aus dem Ausland kommen.“ Weiters könne man der Redakteursvertretung und dem Betriebsrat „einen stärkeren Einfluss geben“.

Allerdings lässt er mit einer Haftbarmachung aufhorchen: „Wenn eine öffentliche Ausschreibung erfolgt, ist nach der Judikatur Gewähr dafür zu bieten, dass wirklich derjenige genommen wird, der die Ausschreibung am Besten erfüllt“, so Mayer zur „Presse“. „Wenn der Beste übergangen wird und jemand genommen wird, der weniger qualifiziert ist, dann gibt es einen Schadenersatzanspruch des Betreffenden.“

Der Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal kritisierte unterdessen im „Kurier“ die Ausschreibung für den Generaldirektorenposten. So meinte er, die Ausschreibung sei „völlig schwammig formuliert“. Im Grunde könne jeder, der zum Beispiel fünf Jahre Journalist war oder Führungserfahrung vorweisen könne, ORF-General oder -Generalin werden. „Das ist so elastisch ausgelegt, da muss man kein Großunternehmen geführt haben.“ Erst Mittwochabend sah der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz die Ausschreibungskriterien bei seinem härtesten Mitbewerber ORF-Vizefinanzdirektor Roland Weißmann nicht erfüllt. Dieser sei lediglich „ordentlicher Abteilungsleiter“, weise aber keine Erfahrung in der Unternehmensführung auf.