Die Druckereibranche gehört sicherlich zu jenen Wirtschaftssektoren, die in den vergangenen Jahren besonders von wirtschaftlichen Veränderungen betroffen waren. Dennoch gingen einige innovative Unternehmen in die Offensive.
Vor vier Jahren gab es in Vorarlberg bei der Buchdruckerei Lustenau (BULU) etwas Besonderes zu feiern: Das Unternehmen beging sein 100-jähriges Bestehen. Für ein Unternehmen in dieser Branche kein alltägliches Ereignis. Heute, erzählt Geschäftsführerin Christine Schwarz-Fuchs, gehört ihr Unternehmen zu den größten Druckereien Österreichs. Gedruckt wird dabei alles, was auf Papier und Karton gedruckt werden kann. Die Hauptprodukte sind Werbedrucksorten und Produktkataloge. Dabei setzt man in Lustenau auf den Leitspruch „Qualität als Naturprinzip“. Das heißt, die Buchdruckerei Lustenau hat sich einem Qualitätsstandard verschrieben, der in Produktion, Service und Beratung gleichermaßen gilt: Maschinentechnikauf Hightech-Niveau sowie bestens ausgebildete und hochmotivierte Fachleute, so die Geschäftsführerin weiter. Am Industriestandort Millennium Park werden auch keine halben Sachen gemacht: Gebaut auf 430 tief im Erdreich verankerten Energiepfählen, ist in den Räumlichkeiten der Druckerei sommers wie winters für eine die Umweltentlastende Temperaturregelung gesorgt. Der Umweltgedanke setzt sich durch weitere ökologische Maßnahmen zur Warmwassergewinnung und in der Drucktechnik fort, erzählt Schwarz-Fuchs.
Wettbewerbsnachteile. Dennoch existieren handfeste Probleme, die die gesamte Branche betreffen: „Generell kann man sagen, dass die Arbeitnehmer in den Druckereien in Österreich viel mehr ‚Privilegien’genießen als Arbeitnehmer in Druckereien anderer Länder“, berichtet die BULU-Chefin von Diskrepanzen wie z. B. 10 Wochenlöhne Sonderzahlungen pro Jahr oder Nachtzulagen von 50 Prozent des Stundenlohns ab 19 Uhr. „Durch die Unterschiede in den Arbeitsbedingungen ergeben sich automatisch Wettbewerbsnachteile im internationalen Vergleich, vor allem natürlich im Vergleich mit den osteuropäischen Ländern, in denen auch generell die Entlohnung niedriger ist als in Österreich“, so Schwarz-Fuchs. Was diese Fakten aber auch noch verschärft, seien die hohen Lohnnebenkosten, mit denen in Österreich die Unternehmen konfrontiert sind: „Wir leiden außerdem sehr unter den gesetzlichen Regelungen und Vorschriften, die in Österreich in den letzten Jahre erlassen wurden. Wenn es hier in der Politik nicht bald ein Umdenken gibt, dann werden es nicht nur die Druckereien, sondern generell auch viele andere Branchen immer schwerer haben, zu überleben.“
Fachkräftemangel. Aber auch andernorts lauern die Herausforderung benennt Schwarz-Fuchs den Fachkräftemangel als solche: „Das betrifft wiederum auch nicht nur unsere Branche, sondern ist auch ein branchenübergreifendes Thema. Es gibt immer weniger Lehrlinge, teils weil es zu wenig Lehrstellenbewerber gibt, teils weil die Qualität der Lehrstellenbewerber nicht den Anforderungen der Unternehmen entspricht.“ Das wird ihrer Ansicht nach in den nächsten Jahren das Hauptproblem für die meisten Druckereien werden: „Wir können diesem Problem nur dadurch zu begegnen versuchen, indem wir massiv in die Lehrlingswerbung investieren, in Schulen gehen, um unsere Lehrberufe vorzustellen, und bei Berufsinformationsmessen die Druckbranche und unsere Lehrberufe aktiv vorstellen.“
Verdrängungswettbewerb. Gerhard Steindl, Geschäftsführer der Medienfabrik Graz (MFG), sieht ebenfalls Parallelen zu anderen Branchen: „Es gibt im Grunde folgende strategische Ansätze: Kostenführerschaft, Nischenplayer oder regionaler Champion. Zurzeit gibt es einen Verdrängungswettbewerb, der zu einer Konzentration von Marktteilnehmern führt. In Österreich wird es in 10 Jahren, 100 Druckereien geben. Vor 25 Jahren waren es noch 700.“ Wer seine Strategie kennt und besser umsetzt als der Mitbewerb, so Steindl, wird bestehen und in eine gute Zukunft gehen. Das gilt auch für die Medienfabrik, erläutert Steindl seine Vorgangsweise: „Wir differenzieren uns vom Online-Handel durch ein hochmotiviertes und kompetentes Vertriebsteam. Wir sind innovativ und liefern beste Qualität zum akzeptablen Preis.“
Retro-Trend. Lisa Aichhorn, Juniorchefin von Samson Druck in Salzburg, macht eine interessante Entwicklung aus: „In der Druckbranche ist derzeit ein absolut positiver Trend spürbar und eine gewisse Rückkehr zum Analogen. Es gibt Signale, dass auf Gedrucktes wieder mehr Wert gelegt wird, und das erleben wir auch sehr stark bei uns im Haus.“ Dennoch verschließt sie sich nicht aktuellen Negativentwicklungen: „Zu den großen Problemen gehören unter anderem die extrem hohen Lohnkosten Österreichs in der grafischen Industrie. Im internationalen Vergleich liegen wir hier im Spitzenfeld, somit wandern Druckaufträge- aus Kostengründen – ins Ausland. Hier fehlt es vermutlich ein wenig an patriotischem Denken.“ Sie würde sich mehr Bewusstsein dafür wünschen, wohin Druckaufträge vergeben werden, und ein ausgeglicheneres Niveau der Lohnkosten im internationalen Vergleich.
Zukunft. Den zukünftigen Herausforderungen will sich die Samson-Druck-Juniorchefin „gerne mit Innovationskraft und Kreativität“ stellen: „Wir investieren in die hochwertigste Technik und das Know-how unserer Mitarbeiter, um unseren Kunden die bestmögliche Qualität sichern zu können. Der Faktor Mensch ist dabei für uns sehr wichtig, sowohl auf Mitarbeiter- als auch auf Kundenseite“, so Aichhorn. Für MFG-Chef Steindl gilt es die großen Trends zu bedienen wie z. B. Geschwindigkeit und Individualität.“ Unser Geschäftsfeld liegt hauptsächlich in der Werbemittelproduktion, und hier gibt es gute Chancen. Es gibt viele regionale Unternehmen, die ihren Markt nicht online erreichen können, weil viele dieser Kanäle von den großen Playern besetzt sind.“ Wer möglichst rasch individuelle Lösungen liefern kann, hat einen Wettbewerbsvorteil, ist Steindl überzeugt, wobei die Herausforderung dabei ist, die Kosten dafür im Rahmen zu halten. Für BULU-Geschäftsführerin Schwarz-Fuchs ist in Zukunft wichtig, „dass die Beratung der Kunden, das Service und die Qualität der Produkte und Leistungen stimmen – die Kunden wollen Druckpartner, auf die sie sich verlassen können.“ Samson-Druck-Juniorchefin Aichhorn setzt auf Bewusstsein und Offenheit für Weiterentwicklung sowie das Aufbrechen veralteter Strukturen, denn: „Die Zukunft wird wohl weiterhin einen Ausbau der Digitalisierung und Automatisierung bringen.“
Frauenpower. Apropos veraltete Strukturen: Ist es heutzutage schon selbstverständlich, in einer Branche wie jener der Druckereien, Frauen als Chefs vorzufinden? Aichhorn: „Mit Einsatzbereitschaft, Durchhaltevermögen und einer gewissen Durchsetzungskraft ist es in jedem Beruf sowohl für Männer als auch Frauen möglich, Führungspositionen zu erreichen. Aber gerade für junge Frauen ist das meist nicht einfach, da wir oft mit einer Art ‚Altersarroganz‘ konfrontiert werden und nicht auf Augenhöhe miteinander gesprochen wird. Ich hoffe jedoch, dass die junge Generation in der Druckbranche von den alten Denkweisen wegkommt und gemeinsam den nächsten Schritt in die Zukunft geht, egal ob Mann oder Frau.“ Für Schwarz-Fuchs ist es „völlig irrelevant, ob man eine Frau oder ein Mann ist. Wichtig ist, dass man die Arbeit – hoffentlich! – gut macht.“ Freilich sei es in den ersten paar Jahren schon manchmal vorgekommen, dass Geschäftspartner sie anfangs nicht ganz ernst genommen hatten, aber: „Spätestens, nachdem diese mich etwas näher kennengelernt und gemerkt hatten, dass sie sich auf mich als Geschäftspartner voll und ganz verlassen können, hat dann auch bei diesen Zweiflern ein Umdenken stattgefunden“, erinnert sich die Buchdruckerei Lustenau-Chefin. Für sie sei viel wichtiger, dass man verlässlich ist, Handschlagqualität hat und einen wertschätzenden Umgang mit den Kunden pflegt. Aber, so Schwarz-Fuchs weiter, es sei auch heutzutage noch etwas Besonderes, als Frau in dieser eher männerlastigen Branchein einer Führungsposition zu sein. „Ich bin seit Kurzem bei einer deutschen Gruppe von Druckerei-Geschäftsführern dabei, die sich zweimal jährlich treffen, um Branchenthemen zu besprechen. Von den 12 Geschäftsführern dieser Gruppe bin ich die einzige Frau. Das ist typisch für unsere Branche. Mich persönlich stört das aber nicht. Es ist einfach so, und ich denke, dass mit den jüngeren Generationen nach und nach auch mehr Frauen nachrücken werden.“