Werden Agenturen bald überflüssig?
Nächster Streich von Google: Doubleclick und Google Analytics werden zur „Google Marketing Platform“. Eine neue Gefährdung für Agenturen…?
Konzepte á la „One-Stop-Shops“, wie sie nun Google mit der Google Marketing Platform (GMP) umsetzt, sind in der Mediabranche durchaus eine aktuelle Entwicklung. Der ganzheitliche Blick auf alle Werbekanäle ist ja schon länger Trend. Darüber hinaus soll ein Tool – wie jetzt vom Digitalriesen angeboten – zusätzlich die Effizienz bei Budgetplanung und Mitteleinsatz steigern. Kritische Stimmen vermuten hier einen neuerlichen Angriff auf die Agenturen und ihre Angebote und Leistungen. In Österreich ist man diesbezüglich entspannt.
Neue Möglichkeiten. GMP ist eine logische Weiterentwicklung und Vereinheitlichung des Google Ad Tech Stacks, analysiert beispielsweise Christoph Truppe, Mindshare FAST Leader, die jüngste Entwicklung aus Kalifornien: „Das Handling des Google Universums und die damit verbundenen Möglichkeiten sind damit auch für uns als Agentur vielfältiger“. Dabei sei Google Ad Tech lediglich ein Set an Tools, das neben anderen verwendet wird. Beunruhigt ist Truppe nicht: „Die ganzheitliche Beratung von neutraler Perspektive wird durch die zunehmende Komplexität noch wichtiger – das bieten wir als Agentur.“ Ähnlich betrachtet auch Sascha Frommhund, Managing Director der Goldbach-Digitalagentur dreifive (vormals Goldbach Interactive), die Google’sche Umstrukturierung: „Die Zusammenführung der verschiedenen Tools in eine Plattform ist ein längst überfälliger Schritt. Schließlich sorgt diese Entwicklung für mehr Vergleichbarkeit zwischen den Marketingmaßnahmen und ermöglich somit eine effizientere Aussteuerung. Das ist eine klare Effizienzsteigerung für Anwender.“
Starke Agenturpartner. Außerdem sei dieser Schritt nichts wirklich Neues, so Frommhund: „Zahlreiche Wettbewerber bieten bereits ähnliche Möglichkeiten – und auch deren Kunden sind in aller Regel weiterhin auf starke Agenturpartner angewiesen. Schließlich sind die Aufgaben und Leistungen einer Agentur wesentlich vielfältiger.“ Hier sieht der dreifive-Chef künftig sogar einen eher steigenden Bedarf an qualifizierter, partnerschaftlicher Unterstützung: „Für den Werbetreibenden kann ein Tool das notwendige Fachwissen über die immer komplexer werdende Online-Marketing-Landschaft nicht ersetzen.“ Zusammengefasst sieht er die Entwicklungen eher positiv und ist überzeugt, dass die Bedeutung professioneller, spezialisierter Agenturen eher zu- als abnehmen wird. Dennoch bleibe man aufmerksam: „Wir schauen dieser Entwicklung jedoch nicht zu, sondern beschäftigen uns intensiv mit allen Trends und Neuheiten. Denn aufgrund der rasanten Entwicklungen wird es für Auftraggeber immer schwieriger, up-to-date zu bleiben. Dafür sind wir als Agentur da.“
Digitale Wirklichkeit. Wie gefährlich nahe rücken die Digitalriesen den Agenturen mit einer Entwicklung wie dieser? „Die digitale Wirklichkeit ist komplexer als das Google Universum“, argumentiert Mindshare-Experte Truppe: „Google schafft damit lediglich einen Schritt in der effizienteren Aussteuerung des Werbebudgets innerhalb ihres Systems.“ dreifive-Geschäftsführer Frommhund sieht’s ebenfalls pragmatisch: „Wenn man die Funktionalitäten im Detail betrachtet, sind die Überschneidungen geringer als es vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag. Im besten Fall ersetzt die GMP ein externes Reporting und ermöglicht den Werbetreibenden eine bessere Kontrolle über ihre Maßnahmen.“ Gute Agenturen bieten jedoch ein viel breiteres Spektrum an Leistungen, betont Frommhund: Von der Beratung, der individuellen Analyse, in welcher Situation potentielle Kunden wie, wo und wann angesprochen werden sollen, über den Einsatz kreativer Werbemittel bis hin zu beispielsweise der Betextung einer AdWords-Ausspielung oder der Befragung eines Seitenbesuchers: „Diese Maßnahmen durch eine zentrale Plattform einer Überprüfung und Optimierung zu unterziehen, ist ein richtiger Schritt, der in vielen Agenturen jedoch bereits heute mit Hilfe zentralen Trackingplattformen erfolgt. Solange die GMP nicht in der Lage ist, menschliche Kreativität und Ideen zu ersetzen, stellt sie für Agenturen ein weiteres, willkommenes Arbeitsmittel dar und keine Bedrohung.“
Autor: Erika Hofbauer