Datenbesteuerung: ja, aber richtig
Daten besitzen Wert und sollten daher auch besteuert werden. Das meinte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede am Global Solution Summit im Frühsommer in Berlin. Diejenigen, die mit Daten viel zu tun haben, sind skeptisch ob dieser Forderung.
Zunächst das Positive: „Grundsätzlich ist es absolut richtig, dass der Wert von Daten aktuell in den Köpfen der Menschen nur langsam Einzug hält. Auch wenn er aus der Wirtschaft mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist“, meint Mathias Fanschek, Managing Director Central Services beim Dentsu Aegis Network (DAN). „Den Wert von Daten zu thematisieren und auch die Erhebungspraktiken – wer sammelt wo, zu welchem Zweck und wie welche Daten – ist unglaublich wichtig.“ Wichtig ist für ihn aber gleichzeitig, dass das freie Internet und der damit verbundene freie Zugang zu Information stark darauf beruht, dass Betreiber von Websites Daten sammeln, um Werbung zu personalisieren und dafür die Dienste und Informationen auf den Websites ohne monetäre Bezahlung anbieten. „Würde man hier berechtigtes wirtschaftliches Interesse absprechen oder hohe Steuern einführen, wäre dieses Modell des freien Internets wohl nicht mehr aufrechtzuerhalten.“ Thomas Urban, Vorstandsmitglied des Internet Advertising Bureau Austria (IAB) und Director Operations & Growth der Agentur Improove, drückt es drastischer aus: „Es macht absolut keinen Sinn, Daten zu besteuern! Dieser Gedanke ist marktfeindlich und realitätsfremd.“ Es brauche klare Regeln im Umgang mit Daten und der Wertschöpfung daraus.
Regeln und Gesetze. Angelika Sery-Froschauer, Obfrau des Fachverbands Werbung und Marktkommunikation in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), bestätigt wohl, dass es auch in der digitalen Welt Regeln und Gesetze geben müsse, diese seien in erster Linie auf europäischer und globaler Ebene zu organisieren: „Große Unternehmen mit signifikanten digitalen Geschäftstätigkeiten können sich in diesem Abgabenmodell einer Steuerpflicht in der EU nicht entziehen.“ Damit würde ein Mindestmaß an Besteuerung in der EU für jene Unternehmen eingeführt werden, die am stärksten auf Nutzerbeiträge und -daten setzen. „Dies wäre vorteilhaft für KMU und Kleinstunternehmen. Das Fiskalregime wäre so anzusetzen, dass KMU nicht betroffen wären, da ihre Einnahmen nicht die festgesetzten Schwellenwerte erreichen würden.“
Digitalsteuer. Grundsätzlich würde man sich seitens des Fachverbandes zu Initiativen, die auf eine effiziente und gerechte Besteuerung der digitalen Wirtschaft abzielen, bekennen, aber: „Wir sehen jedoch die Ausgestaltung der von der Europäischen Kommission Anfang 2018 vorgelegten Digitalsteuer-Modelle äußerst kritisch.“ Der Fachverband habe sich dezidiert gegen die Einführung neuer Steuern ausgesprochen: „Die Werbeabgabe besteuert nur solche Werbeleistungen, welche in Österreich erbracht werden bzw. einen bestimmten Bezug zu Österreich haben. Eine Ausweitung der Werbeabgabe auf den Online-Bereich kann nach unserer Auffassung nicht als optimales Instrument zur Vermeidung von Gewinnverschiebungen eingesetzt werden.“ Es werden mit solchen Maßnahmen in der Regel nicht die Gewinne von ausländischen Werbedienstleistern erfasst, sondern die heimischen Auftraggeber selbst belastet, so die Fachverbandsobfrau: „Denn in den meisten Fällen würde eine nationale Ausdehnung der Werbeabgabe auf Online-Werbung vom Werbedienstleister an den Auftraggeber weiterverrechnet werden, was eine wirtschaftliche Belastung des Auftraggebers – und nicht des Gewinns des ausländischen Werbedienstleisters – zur Folge hätte.“ DAN-Manager Fanschek ortet auch noch andere Probleme: „Auf unsere Branche hätte die Einhebung so einer Steuer massivste organisatorische Auswirkungen. Wie sollte so eine Steuer administriert oder eingehoben werden?“ IAB-Vorstand Urban bestätigt solch eine Verschlechterung: „Eine Besteuerung von Daten würde das Leben der europäischen Publisher weiter erschweren, wenn sie überhaupt umsetzbar wäre.“ Kostenloser Zugang zu hochwertigen journalistischen Inhalten ist nur durch Werbung finanzierbar, die wiederum auf Daten angewiesen ist, argumentiert er: „Wenn Daten besteuert würden, wären die Login Walls von Facebook und Co. wahrscheinlich kaum betroffen.“
Wünsche. Was würde also Sinn machen? „Aus Sicht der mittelständisch strukturierten österreichischen Werbewirtschaft ist das politische Ziel, eine gerechte Digitalsteuer auf EU-Ebene einzuführen, zu unterstützen“, erklärt Sery-Froschauer, wenn zugleich die nationale Werbeabgabe ersatzlos gestrichen werde: „Wir sind überzeugt, dass damit die Wirtschaftskraft der in Österreich tätigen Werbeunternehmen gestärkt wird.“ Agentur-Manager Fanschek würde sich eine breite Diskussion über den Wert von Daten wünschen, um Awareness bei den Usern aufzubauen: „Awareness, dass man mit Daten für Dienste bezahlt, aber auch, dass man mit seinen Daten vorsichtig umgehen sollte.“ iab-Vorstand Urban sieht in der digitalen Betriebsstätte einen wesentlichen Schritt in die richtige Richtung: „Wir fordern lediglich Wettbewerbsgleichheit: Der Fiskus profitiert von deutlichen Mehreinnahmen, wenn Wertschöpfung auch dort besteuert wird, wo sie stattfindet.“ Die Einnahmen für den Fiskus würden schon von selbst kommen, wenn der Wertschöpfungsabfluss über den Atlantik reduziert wird, so Urban.
Autor: Erika Hofbauer