Welchen Werbekanal hätten Sie gerne?
Welcher Werbekanal hat welche Werbewirksamkeit? Diese Frage zu beantworten, erschwert auch der Umstand, dass Zahlen oft nicht alles abbilden.
Dem Werbemarkt geht es prinzipiell gut – weltweit und vor allem auch digital. In Deutschland wurde in diesem Zusammenhang zuletzt Kritik am Zentralverband der Werbewirtschaft (ZAW) laut. Hintergrund: Das Zahlenwerk des Verbandes bilde immer weniger alle digitalen und neuen Werbemöglichkeiten ab – z.B. Content Marketing oder Influencer Marketing. So mancher YouTube-Star erziele schon einmal höhere Tausend-Kontakt-Preise als eine Regionalzeitung, heißt es in der Kritik. Eine harte Ansage vor allem für Agenturen, die ihren Werbekunden die optimalen Werbestrategien aufgrund der Datenlage schmackhaft machen wollen. In Österreich sieht man diese Entwicklung ebenfalls mit gemischten Gefühlen.
Spannungsfeld. „Werbebeobachter stehen und standen im Grunde schon immer vor der Herausforderung, die verschiedenen Kommunikationskanäle auf einer einheitlichen Basis zu integrieren und somit valide zu vergleichen“, beschreibt Ronald Luisser, Geschäftsführer von Marktforscher Focus Media Research, den täglichen Spagat: „Während die klassischen Medien eine tarifgenaue Beobachtung
zulassen, so steht man bei vielen anderen Werbeträgern vor der Herausforderung, eine einheitliche und somit vergleichbare Bewertung zu koordinieren.“ Bei Focus habe man in diesem Zusammenhang beispielsweise schon vor Jahren die Bereiche des Direct Marketing oder auch Sponsoring integriert, um eine umfangreiche Bilanz der Werbeaktivitäten zur Verfügung stellen zu können.
Herausforderung. Doch selbst in den klassischen Medien ist eine Beobachtung oftmals nur durch Meldungen (Out of Home, Online) und somit Unterstützung der Medien möglich, räumt Luisser ein. Genau hier liegen auch seiner Meinung nach die Herausforderung von renommierten Werbebeobachtern: „Nachdem sich der Werbemarkt mehr und mehr fragmentiert und digitale Budgets in Kanäle transferiert werden, die eine vollständige Beobachtung nahezu unmöglich machen, wird eine seriöse und insbesondere wahrheitsgetreue Integration aller Werbeaktivitäten immer eine Herausforderung bleiben“. Bei Focus wurde 2018 eine integrative Kommunikationsbilanz gelauncht, erzählt der Focus-Geschäftsführer: „Diese gliedert die Werbeaktivitäten inklusive Ausgaben von beispielsweise Social Media, Youtube und Suchwortmarketing ein“.
Budgetdarstellung, „Für uns als Marken-Mediaagentur ist die komplette Abbildung der Online-Spendings im Gesamtmarkt-Medienmix wichtig und notwendig“, betont Ursula Arnold, CEO von Mindshare Österreich. Die Darstellung der Budgets des Digitalanteils im traditionellen Sinn sei derzeit sicher kritisch zu sehen, da es keinen Aufschluss über die tatsächlichen Budgetverteilungen gibt, räumt Arnold ein: „Das liegt auch daran, dass nicht alle Seiten ihre Daten melden.“ Eine noch komplexere Kategorisierung, zum Beispiel eine konkrete Darstellung der Spendings für Influencer Marketing oder Content Marketing, sei jedenfalls wünschenswert, um den gesamten Kommunikationsmix abzubilden, so die Mindshare-Chefin: „Wir sehen, dass das Wachstum in diesem Bereich im zweistelligen Prozentbereich liegt. Und das mit stark steigender Tendenz seit vier Jahren.“ Eine Hilfestellung sei, dass es seit etwa drei Jahren möglich ist, dass alle Mediaagenturen selbst zusätzlich ihre „SEA“ („Social“ und „Sonstige“ Digital Billings) beispielsweise an Marktforscher Focus melden: „Aber auch hier gibt es naturgemäß ein unklares Verständnis, da keine valide Überprüfung der Daten stattfinden kann. Es kommt auch über die allgemeine Darstellung im Brutto-Werbewert für das Digital Business zu einer leichten Verzerrung, die allen Akteuren am Markt jedoch bekannt ist.“
Bedarf nach Messbarkeit. Wachsende Investitionen in „neue“ digitale Werbemöglichkeiten ortet auch Omid Novidi, Chief Operating Officer der MediaCom Wien: „Wir sehen vor allem im Bereich Paid Social, YouTube und Influencer starke Zuwächse quer über unser Kundenportfolio. Speziell im Influencer Marketing entwickelt sich gleichzeitig der Bedarf der Messbarkeit und der Evaluierung dieser Investitionen. Die Zeiten der Bauchentscheidungen, welcher Influencer es denn werden soll, sind vorbei.“ Er sieht die Diskussion um die Datengenauigkeit bei Werbespendings differenziert: „Es hat schon immer Teile des Kommunikations-Kuchens gegeben, die wenig transparent bzw. schwer zu messen waren.“ Waren das früher Maßnahmen im Bereich Sampling, Ambient Media oder Newsletter Aussendungen, so sind es heute vermehrt Investitionen in Bereich Content Marketing, die nicht voll erfasst werden, erläutert Novidi, der eine gewisse Unschärfe der Werbeinvestitionen für eine gute Sache hält: „Nicht jeder Koch sollte sich bei den Zutaten permanent über die Schulter schauen lassen. Am Ende schmeckt alles gleich und verliert an Würze.“ Die Stärke des Werbekanals sollte außerdem nicht an der Höhe der jeweiligen Investitionen festgemacht werden, so der MediaCom-COO: „Die wachsende Digitalisierung eröffnet uns laufend neue Möglichkeiten, entlang der Consumer Journey Kommunikationsmaßnahmen in Echtzeit auszusteuern, um den Geschäftserfolg sicher zu stellen.“ Hier sollte eher das Hauptaugenmerk auf den Einsatz der Werbebudgets liegen, ist Novidi überzeugt.
Redaktion: Erika Hofbauer