Startschuss für Digi-Steuer
Es ist vollbracht – zumindest einmal ein (kleiner) Schritt: In Österreich wird es ab Jänner 2020 die so genannte Digitalsteuer geben.
Diese Steuer soll, so plant es Finanzminister Hartwig Löger, als Abgabe auf Online-Werbeumsätze (plus einer Ausdehnung der Einfuhrumsatzsteuer im Online-Handel sowie einer Haftungsklausel für Online-Vermittlungsplattformen), rund 200 Mio. Euro jährlich einbringen. 15 Mio. Euro davon sollen an österreichische Medien gehen, heißt es dazu in einem Bericht von horizont.at. Österreich ging deshalb in die Offensive, weil – vorläufig – eine europäische Digitalsteuer gescheitert ist. Dennoch ist auf europäischer Ebene der Gedanke an eine einheitliche Digi-Abgabe noch nicht ganz gestorben: Die OECD sondiert derzeit verschiedenste Standpunkte, wie internationale Steuervorschriften für das digitale Zeitalter umgestaltet werden können. Man orte im Moment weniger Widerstand diesbezüglich von Firmen, heißt es. Fast so etwas wie Unterstützung gibt es auch seitens der User – hier speziell die Österreicher: Sie empfinden die geringe Besteuerung digitaler Großkonzerne als unfair (laut #RethinkRetail-Umfrage), zeigen aber zugleich den allgegenwärtigen Zwiespalt auf: der Großteil der Konsumenten will regionale Produkte im Handel und Nahversorgung, jedoch ist fast jeder Zweite Mitglied bei Amazon Prime.
US-Gedanken. In den USA (wohl dem kommenden Präsidentschaftswahlkampf geschuldet) schaltet man in dieser Frage auch einen Gang höher: Hier startete die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Elizabeth Warren eine „Zerschlagungs-Debatte“ darüber, ob Internet-Giganten wie konkret Facebook, Google und Amazon mittlerweile zu mächtig geworden seien – denn, so Warren: Diese drei wertvollsten Internet-Konzerne der Welt, zeigen bereits „eine erdrückende Dominanz auf dem Werbemarkt“. Apropos USA: Finanzminister Löger zeigt sich von amerikanischen Warnungen in Sachen Digitalsteuer-Einführung unbeeindruckt: Man sei in konstruktiven Gesprächen – sowohl mit Regierungs- als auch mit Firmenvertretern, erklärt er in einem horizont.at-Beitrag.
Österreich-Sicht. Was hält man hierzulande von diesen aktuellen Entwicklungen – einerseits Österreichs „Alleingang“, andererseits EU-weite Besteuerung? Alexandra Vetrovsky-Brychta, Vizepräsidentin des Interactive Advertising Bureau Austria (IAB), begrüßt den österreichischen Vorstoß, wiewohl man sich seitens des IAB generell für eine Lösung auf OECD-Ebene ausspreche: „Das wird jedoch kurzfristig nicht absehbar sein. Wir begrüßen daher diese Entwicklung, solange die Treffsicherheit garantiert ist.“ Auch der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) sieht die Initiative positiv: „Nach dem Scheitern der Bemühungen um eine EU-Digitalsteuer setzt die Bundesregierung mit dieser österreichischen Lösung einen wichtigen Schritt in Richtung Wettbewerbsfairness“, so VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm: „Unternehmen wie YouTube oder Facebook ziehen laufend mehr Geld aus Österreich ab, ohne hierzulande einen Beitrag zur Wertschöpfung zu leisten, Arbeitsplätze zu schaffen oder sich auch nur an vergleichbare Spielregeln zu halten. Dies führte bisher zu einem eklatanten Wettbewerbsnachteil für österreichische Unternehmen. Die Maßnahme der österreichischen Bundesregierung gleicht die bestehende Wettbewerbsverzerrung nun zumindest zum Teil aus.“
Werbe-Wirkung. Die Digitalsteuer sollte einen positiven Effekt für den Standort haben, wenn die Intention, für Steuerfairness zwischen Österreichischen Playern und den US-Digitalgiganten zu sorgen, bestehen bleibt“, argumentiert Vetrovsky-Brychta: „Eine Besteuerung von digitalen Diensten macht nur dann Sinn, wenn sie ausschließlich Unternehmen trifft, die bis dato keinen fairen Steuerbeitrag in Österreich leisten. Eine reine Ausweitung der Werbeabgabe auf Onlinedienste, wie von einigen Vertretern gefordert, trifft vorwiegend heimische Klein- und Mittelunternehmen, anstatt der eigentlich adressierten multinationalen Konzerne.“ Die Folge wäre eine kurzfristige und unmittelbare Abwanderung von heimischer Wertschöpfung ins Ausland, glaubt die IAB-Vizepräsidentin: „Im digitalen Ökosystem kann dies theoretisch innerhalb weniger Minuten erfolgen. Das wäre nicht nur kontraproduktiv für die österreichische Digitalisierungsstrategie, sondern gefährdet den Standort nachhaltig.“ Man plädiere daher für die von der Bundesregierung ursprünglich geplante Digitalsteuer mit den entsprechenden Umsatzgrenzen, um ein „Level Playing Field“ mit multinationalen Konzernen herzustellen.
Konzern-Zerschlagung? Dass die Zerschlagungsdebatte wieder aufflammt, sei nicht überraschend, so Vetrovsky-Brychta weiter: „Die zunehmende Konzentration von Daten und Macht durch US-Digitalgiganten wie Google, Facebook, Amazon und Co. führt natürlich zu Bedenken aufgrund von überbordender Marktmacht. Realistisch gibt die aktuelle Gesetzeslage aber keine Zerschlagung her.“ Vielmehr seien die Stakeholder in einem Dialog gefordert, bestehende Regulierungsmechanismen – wie etwa Wettbewerbsbehörden – stärker aufzurufen, aber auch künftige Regulierungen – wie etwa die heiß diskutierte ePrivacy-Verordnung – mit standortfördernden Richtlinien auszustatten, um den europäischen digitalen Binnenmarkt und die zugehörigen Daten nicht noch abhängiger von der Konkurrenz aus Übersee zu machen.