Der Kampf um den Werbeetat
Pitches um Werbebudgets gehören zum Alltag der Agenturen. Manchmal gestalten sich die Abläufe dazu schwierig.
Erst kürzlich hat das Austrian Chapter der International Advertising Association (IAA) eine Charta beschlossen, wonach es Empfehlungen geben sollte, wie ein „Quality Pitch“ auszusehen habe. Denn schon seit geraumer Zeit rumort es offensichtlich in Sachen Qualität bei Etat-Vergaben, heißt es in der Branche. Durch die Empfehlungen der Charta – z.B. als Auftraggeber die Anzahl der eingeladenen Agenturen gering zu halten oder auch als Agenturen nicht an Bewerben ohne Abstandshonorar-Vereinbarung teilzunehmen – soll Fairness und Transparenz im Pitch-Prozess Einzug halten. Der Medienmanager sprach mit Pitch-Berater Martin Weinand über aktuelle Problematiken und künftige Entwicklungen im Kampf um den Werbeetat.
MedienManager: Pitches um Werbebudgets ist Alltag von Agenturen – der manchmal auch sehr anstrengend sein kann…Welche Schritte sind aus Ihrer Sicht notwendig, um Pitches „angenehm“ verlaufen zu lassen – sowohl für Agenturen als auch werbetreibende Unternehmen?
Martin Weinand: Zunächst einmal: Ein Pitch ist nichts Angenehmes, es ist für alle Seiten ein Stressfaktor, weil die Marketing- und Kommunikationsabteilung für einen gewissen Zeitraum eine erhebliche Zusatzbelastung bekommt. Es geht um eine wirklich herausfordernde Arbeit. Das beginnt bei dem Gedanken darüber, was möchte ich mit meiner Kommunikation erreichen, wer ist der beste Partner dafür, geht über das Briefing und es endet schließlich beim Beurteilungsprozess für kreative Ideen. Das ist sowohl für Auftraggeber eine Herausforderung und für Agenturen eine Zusatzarbeit neben dem täglichen Business. Denn gerade für sie steht am Ende des Tages eine Ungewissheit: Der Pitch-Prozess produziert mehrheitlich Verlierer. Am Ende eines Ausschreibungsprozesses bleiben nur zwei Parteien über: der Auftraggeber und eine Agentur.
MedienManager: Welche Problematiken orten Sie rund um das Thema Pitch?
Weinand: Neben der Mehrarbeit, geht es sehr um jenen Aspekt, dass ja statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass man einen Pitch verliert. Wenn jetzt im Prozess Transparenz und Fairness herrscht, wo Agentur und Auftraggeber auf Augenhöhe mit Respekt voreinander agieren, wenn altmodische Dinge wie Respekt und Wertschätzung eine große Rolle spielen, sind die Voraussetzungen gut, später auch ein Nein besser akzeptieren zu können. Stichwort Fairness: Ich sollte mir als Auftraggeber eine Ausschreibungs-Ethik zurechtlegen, um darlegen zu können, dass im Bewerb keine Agentur bevorzugt und natürlich auch nicht benachteiligt behandelt worden ist. Stichwort Transparenz: jeder Schritt des Auftraggebers muss für die Agentur nachvollziehbar bleiben. Denn für die Agentur ist es im Analyseprozess anschließend wichtig, warum ist es die eine Agentur geworden.
MedienManager: Wenn Pitches so mühsam sind, warum gibt es sie nach wie vor? Wer möchte da noch mitmachen?
Weinand: Weil 90 Prozent der Etatvergaben so ablaufen. Darüber hinaus ist diese Methode – bei aller Herausforderung – noch immer die beste Möglichkeit, als Agentur überhaupt einmal zu einem neuen Etat zu kommen. Wer heute einkaufen geht, schaut sich auch mehrere Angebote an. Beim Pitch kommt jedoch noch quasi ein emotionales Problem hinzu: Da geht’s ums Herzblut der Menschen, da werden ja kreative Ideen gefordert.
MedienManager: Was ist mit der guten alten Mundpropaganda?
Weinand: Das ist super, aber aufgrund dessen gewinnt man keinen Etat. Der gute Ruf hilft, dass man überhaupt zu einer Ausschreibung eingeladen wird. Die beste Reputation, der beste Botschafter ist der zufriedene Kunde.
MedienManager: Was wird in Zukunft auf die Agenturen zukommen? Und worauf legen werbetreibende Firmen (noch mehr) wert?
Weinand: Das Thema Kennenlernen wird noch wichtiger werden. Für Agenturen ist das tendenziell nicht sehr angenehm, denn man muss sich mehr als einmal treffen. Ein Blind Date heißt nicht, dass ich ein erfülltes Eheleben haben werde. Früher lief das so ab: Fünf Agenturen wurden gebrieft, dann lässt man sie sechs Wochen nachdenken, dann kommen sie und präsentieren. Aber diese Variante ist im Aussterben. Pitch ist ein Kennenlern-Prozess, der verschiedene Situationen betrifft. Da geht es nicht nur um die Präsentation, sondern es wird auch über die Briefing-Analyse diskutiert, Mitarbeiter werden vorstellt, man erzählt, was einem wichtig ist, wie eine gute Kampagne aussieht, welche Arbeitsaufteilung man hat. Es läuft auf ein mehrmaliges Treffen im Pitchprozess hinaus.