„Nachhaltig drucken ist eine Wertsteigerung“

Kunden kaufen bzw. konsumieren immer häufiger emanzipiert nachhaltig – auch bei der Order von Print. Über die Motivation, handgemalte Kunstdrucke umweltgerecht und regional produzieren zu lassen, habe ich mit der österreichischen Illustratorin und Geschäftsfrau Brigitte Baldrian gesprochen.

Warum informieren sich einige Menschen eigenverantwortlich über das Thema Nachhaltigkeit? Was motiviert Einkäufer von nachhaltigen Drucksachen, gezielt nach umweltgerechten Medien zu suchen? Wem nutzt dieses Engagement? Was bringt es?
Am Veggie-Boom, wo sich das Bewusstsein der Konsumenten bereits vor Jahren sensibilisiert hat, lässt sich mittlerweile gut festmachen, dass wir Konsumenten sehr wohl die Macht haben, in diesem Fall eine der mächtigsten Industrien, die Fleischindustrie, zum Besseren zu verändern. Zunehmend wird hier bereits viel erreicht, etwa:

  • den Sojaanbau (Tierfutter, Massentierhaltung),
  • die unerträgliche Tierquälerei und
  • die mit der Massentierhaltung verbundene Gülleschwemme (Nitratbelastung im Grundwasser) zu reduzieren.

Die Dynamik ist hier bereits exponentiell, und man kann schon heute sagen: 1:0 für nachhaltig orientierte Konsumenten und Kunden!
Bei der Order von Drucksachen bedeutet Selbstverantwortung, sich ernsthaft mit den Optionen der Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Das ist wirklich kein Hexenwerk, denn im Wesentlichen sind zertifiziert nachhaltige Druckereien an drei elementaren Merkmalen klar zu erkennen:

  1. Erfassung von Umweltdaten aus allen relevanten unternehmerischen Bereichen (Umweltbuchführung)
  2. Laufende Prüfung (Revalidierung) nach einer festgelegten und für alle gleichen Struktur (Umweltbetriebsprüfung).
  3. Pflicht zur Transparenz durch jährlich aktualisierte Ökobilanzen (Umweltberichte)

Es sind nur wenige, hochwertige Umweltlabels, die diese drei Merkmale garantieren.
Die Pioniere, wenige Druckdienstleister als Speerspitze der nachhaltigen Medienproduktion, stemmen sich mit Herz und Verstand gegen das Prinzip Discountdruck mit seinen teils immensen Überproduktionen – oder gegen Greenwashing-Dienstleister, die viel versprechen, aber keine Leistung „amtlich“ nachweisen können, denn national oder international standardisierte Validierungen fehlen.
Nachhaltige Druckereien agieren mit derselben Beharrlichkeit, mit der seinerzeit die ersten Unternehmen für vegane Produkte aufgetreten sind, und wissen um die enormen Verbesserungspotenziale im Umweltschutz. Dieses Engagement fällt immer häufiger auch Einkäufern von Drucksachen auf.
Verbräuche werden in allen Bereichen reduziert: Bei der Energie, der Chemie, beim Isopropanol (Alkohol beim Druckprozess) und bei vielen weiteren Druckhilfsmitteln. Oder es wird mit jeweils nachhaltigeren Komponenten und zumeist auch auf umweltfreundlicheren Papieren produziert. Ständig stehen weitere Verbesserungspotenziale auf dem Prüfstand. Auch die sozialen Leistungen überzeugen.

Brigitte Baldrian, Atelier Brigitte Baldrian / Foto: Privat

Umweltschutz beginnt vor dem Druckprozess
Unsere Berichterstattung über umweltgerechte Medien schließt die Phase der Gestaltung von Medien ein, denn:
Die Weichen für umweltgerechte Drucksachen werden maßgeblich bei der Erstellung der Druckvorlagen und beim Einkauf gestellt!
Beides liegt allein in den Händen der Käufer von Print, mit großem Einfluss auf den endgültigen CO2-Fußabdruck der produzierten Drucksachen. Druckereien wie die Janetschek GmbH beraten zwar mit Umweltkompetenz und sensibilisieren ihre Kunden für nachhaltige Drucksachen, doch Beraterkompetenz ist keine Bevormundung.
Immerhin: Bei nachhaltig zertifizierten Druckereien werden Medien immer in zertifiziert umweltgerechten Produktionsumgebungen herstellt. Ob der ökologischen Fußabdruck einer Drucksache allerdings tatsächlich bestmöglich ausfällt, entscheiden die Kreativen und/oder Auftraggeber.
Vergleichbar mit dem Wandel beim Rauchen oder dem Veggie-Boom, können Printbuyer auch in der Medienbranche sehr viel zum Besseren bewegen, schon durch wenige Punkte, die auf einer Umwelt-Checkliste abgehakt werden:

Auflagenoptimierung, z. B. durch Steigerung der Rücklaufquote:

  • Wie wirkt es sich auf den CO2-Fußabdruck aus, wenn Drucksachen bei häufigen Änderungen von Inhalten statt in Massen in geringeren Auflagen on Demand hergestellt werden, um Überproduktionen zu vermeiden?
  • Wie können Drucksachen generell weniger gestreut, sondern gezielter, z. B. nach konkreten Interessen der Adressaten (Zielgruppen-Segmentierung), versendet werden?
    Wie wirken sich geschickte Personalisierungen (persönliche Ansprache etc.) positiv auf die Reduzierung der Streuverluste bzw. die Steigerung der Responsequote aus?

Funktionen, Veredelungen:

  • Welche Funktionen, die seitens der Adressaten zu einer Interaktion animieren (ziehen, schieben, drehen, falten, aufreißen etc.), wirken positiv auf die Rücklaufquote?
  • Welche nachhaltigen Veredelungen können verwendet werden, etwa Blindprägungen, Stanzungen oder Perforationen?

Umfang der Drucksache:

  • Wie kann die Seitenzahl durch eine Reduzierung auf nur die tatsächlich relevanten Inhalte (Databased Publishing) je Adressat reduziert werden? Vereinfachtes Beispiel: Endkunden mit bisherigem Interesse an Damenblusen erhalten Kataloge ohne die Inhaltsseiten mit Herrenbekleidung.
  • Können bestimmte Inhalte einer Drucksache ggf. durch Funktionen wie Augmented Reality oder QR-Codes ins Internet verlagert werden – mit welchen Umweltauswirkungen der digital präsentierten Medien? Damit bleibt die besondere Wirkung von Print im Marketing (Haptik, Multisensorik, Größe, Separation vom digitalen Rauschen etc.) für wichtige Botschaften erhalten.

Endformat:

  • Wie viele Seiten (Nutzen) passen möglichst ohne viel Verschnitt auf einen Druckbogen, entsprechend dem Maschinenformat?
  • Welche Effekte können durch Verkleinerungen des Layouts, z. B. um 20 Prozent, erreicht werden?

Papiersorte:

  • Welche Papiersorten passen zum Image und weisen zugleich den besten CO2-Fußabdruck aus?
  • Durch welche Zertifikate kann die Nachhaltigkeit garantiert werden?

Druckerei:

  • Welcher Druckdienstleister kann Drucksachen generell in einer nachhaltigen Produktionsumgebung herstellen?
  • Durch welche Zertifizierungen kann das nachgewiesen werden?

CO2-Ausgleich:

  • Mit welchen Umweltschutzprojekten können dennoch nicht vermeidbare CO2-Emissionen ausgeglichen werden?
  • Welche Labels sind seriös und belastbar bzw. dürfen dann auch auf der Drucksache abgebildet werden?


Jürgen Zietlow