Mehr Nachhaltigkeit durch Stammdatenmanagement

Die Produktion der neuen T-Shirts soll weniger Wasser verbrauchen und zudem den Kohlenstoffdioxidausstoß reduzieren. Außerdem will der Hersteller sicherstellen, dass jeder, der an der Produktion beteiligt ist, gut behandelt wird. Es stellt sich jedoch heraus, dass der Baumwolllieferant unfair produziert. Eine Fortführung der Kooperation könnte den Ruf der T-Shirt-Marke schädigen.

Doch ein schneller Lieferantenwechsel ist nur möglich, wenn die nötigen Daten über potentielle Kandidaten vorliegen. Die Einbeziehung von Lieferantenbewertungen, Leistungsdaten und Risikoprofilen im Materialauswahlprozess ermöglicht es Unternehmen, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren. Ohne diese Informationen stellt die Suche nach einem Ersatz eine große Herausforderung dar.

Ressourcennutzung effizient planen

Mit MDM gelingt es, die Daten aus verschiedenen Quellen im Unternehmen zu konsolidieren und zu harmonisieren. Dazu gehören Informationen über Lieferanten, Rohstoffe, Produktionsprozesse und Kunden. So entsteht eine einheitliche und konsistente Datenbasis, auf die alle relevanten Akteure in Echtzeit zugreifen können. Unnötige Duplikate und Datenfehler gehören damit der Vergangenheit an.

Durch die Überlagerung dieser Daten mit Markt- und Transaktionsdaten bietet MDM einen ganzheitlichen Überblick über das Kaufverhalten der Verbraucher und die sich entwickelnde Marktdynamik. So lassen sich die Produktionspläne auf den erwarteten Marktbedarf abstimmen, was nicht nur für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Nachfrage und Produktion sorgt, sondern auch das Risiko von Engpässen und Überbeständen verhindert.

Überschüssige Waren belegen nicht nur Lagerflächen, die sonst für andere Zwecke genutzt werden könnten. Im schlimmsten Fall landen sie als textile Abfälle oder Elektronikschrott auf Deponien, was die Umwelt verschmutzt und zur Zerstörung von Lebensräumen beiträgt.

CO2-Emissionen durch bessere Logistikplanung reduzieren

Die Auswahl geeigneter Lieferanten trägt viel dazu bei, wie nachhaltig ein Produkt ist. Denn je länger beispielsweise die Transportwege der Waren sind, desto größer der ökologische Fußabdruck. Stammdaten enthalten wichtige Informationen über Transportmethoden (wie Lkw, Bahn, Flugzeug oder Schiff), Transitzeiten, Kostenfolgen und Umweltauswirkungen. Diese Informationen können den Unternehmen helfen, bei der Planung fundierte Entscheidungen zu treffen.

Ein Sofahersteller etwa kann die Streckendaten zwischen den unterschiedlichen Warenlagern und seiner Produktionsstätte analysieren und gezielt die Lieferanten für seine Hölzer und Stoffe wählen, die näher am Produktionsstandort liegen. Durch eine lokale Lieferkette verkürzen sich die Entfernungen und der CO2-Ausstoß sinkt deutlich. Dank der konsolidierten Daten lassen sich auch die Lieferungen so planen, dass die Lkws voll beladen werden und möglichst wenige Fahrten benötigen. Das minimiert den Treibstoffverbrauch zusätzlich.

Ohne eine systematische Erfassung, Verwaltung und Auswertung der Daten schaffen es Firmen kaum, umweltschädliche Abgase zu reduzieren und so ihre Nachhaltigkeits- und Klimaziele einzuhalten. Denn wer seinen Verbrauch nicht kennt, weiß auch nicht, wo Einsparungen möglich und sinnvoll sind. Ein proaktiver Ansatz in der Logistikplanung hilft zudem beim Aufbau langfristiger Beziehungen zu Lieferanten, die das gleiche Engagement für die Umwelt zeigen.

Soziale Verantwortung, Transparenz und Compliance fördern

Viele Unternehmen möchten ihre Umweltbelastung verringern, ethische Standards fördern und die sozialen Bedingungen der Arbeiter verbessern. Mit MDM gelingt es, potenzielle Risiken in der Lieferkette besser zu identifizieren und zu managen. Beispielsweise können die Firmen so Lieferanten bewerten und diejenigen priorisieren, die über bestimmte Umweltzertifikate verfügen.

Besonders im Hinblick auf das EU-Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang ihrer Lieferketten verpflichtet, spielt MDM eine entscheidende Rolle. Denn Firmen müssen detailliert angeben, welche Rohstoffe sie in welchen Mengen von welchen Lieferanten aus welchen Ursprungsländern verwenden. Zudem gilt es, die EU-Abholzungsverordnung, die das Verschwinden von immer mehr Waldgebieten und die illegale Vertreibung der lokalen Bevölkerung verhindern soll, einzuhalten. Hierfür sollen die Unternehmen die geografischen Koordinaten der Anbauflächen für verschiedene Produktkategorien (etwa Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Soja oder Holz) sowie deren Folgeprodukte erfassen. Außerdem müssen sie sicherstellen, dass sie keine Produkte auf den Markt bringen, die nicht mit der erforderlichen Sorgfalt auf ihre Abholzung geprüft wurden. Ein Fehler in diesem Bereich kann Firmen satte vier Prozent ihres EU-weiten Umsatzes kosten.

Eine starke und exakte ESG-Berichterstattung (Environmental, Social and Corporate Governance) gelingt nur mit starken und exakten Daten. Durch die genauen Aufzeichnungen liegen dem Unternehmen zudem im Falle eines Problems (wie oben im Beispiel des T-Shirt-Herstellers) sofort präzise Informationen über die Fähigkeiten und die Qualität potenzieller Lieferanten vor.

Kreislaufwirtschaft fördern

Soll beispielsweise ein Smartphone am Ende seines Lebenszyklus recycelt werden, ist es schwer herauszufinden, welche Teile in den einzelnen Komponenten enthalten sind. Dies führt dazu, dass viele Materialien nicht wiederverwendet werden und die Smartphones stattdessen als Elektroschrott auf Müllhalden landen.

Die Implementierung eines MDM-Systems ermöglicht es den Herstellern, detaillierte Informationen über die Materialien und deren Herkunft für jede Komponente des Smartphones zu erfassen und zu speichern. Dank dieser Transparenz gelingt es den Unternehmen, Recyclingstrategien zu entwickeln, bei denen die Bestandteile nach Gebrauch wieder in den Produktionskreislauf wandern. Dies reduziert nicht nur die Abhängigkeit von neuen Rohstoffen, sondern verringert auch den Abfall. Denn auch Produktionsüberschüsse können durch die verbesserte Rückverfolgbarkeit effizient recycelt oder anderweitig genutzt werden und müssen nicht entsorgt werden.

Das Wegwerfen reparierbarer Waren wirkt sich enorm auf die Umwelt aus, denn allein in der EU fallen jährlich 35 Millionen Tonnen Abfall an. Deswegen gibt es inzwischen Maßnahmen und Richtlinien, mit denen die Kreislaufwirtschaft angekurbelt werden soll. Etwa das Recht auf Reparatur (auch „R2R“), das im Mai 2024 in der EU angenommen wurde: die Hersteller sollen unter anderem rechtzeitig und kostengünstig Reparaturen durchführen und die Verbraucher über ihr Recht auf Reparatur informieren. Selbst nach Ablauf der Garantiezeit müssen gängige Haushaltsprodukte wie Waschmaschinen, Staubsauger und Smartphones repariert werden.

Ein weiteres Beispiel ist der Reparatur-Index, der seit 2021 in Frankreich im Einsatz ist: das Label (ähnlich wie der Nutri-Score) zeigt den Käufern von Laptops, Fernsehern, Smartphones, Rasenmähern und Waschmaschinen in Form eines Punktestands zwischen null und zehn an, wie gut sich die Geräte reparieren lassen. Damit soll der ständige Neukauf von Geräten verhindert und die Reparatur von Elektrogeräten vorangetrieben werden.

Fazit

MDM hilft Unternehmen dabei, die Nachhaltigkeit zu fördern, indem es die Qualität, Konsistenz und Genauigkeit von Daten sicherstellt. Durch ein besseres Datenmanagement von Materialien, Transportwegen und Produkten können Firmen Ressourcen effizienter nutzen, CO2-Emissionen reduzieren und die Kreislaufwirtschaft fördern.

© Informatica
Christian Farra, Director & Practice Leader Data Supply Chain bei Informatica
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Beitrag von Christian Farra, Director & Practice Leader Data Supply Chain bei Informatica

Christian Farra ist ein international anerkannter Fachmann für Datenmanagement und arbeitet als Director & Practice Leader Data Supply Chain in Retail and Manufacturing beim Datenmanagementspezialisten Informatica. Im Bereich der Lieferkette treibt er durch Master Data Management (MDM), Data Governance (DG), Datenintegration (DI) und künstliche Intelligenz (KI) die Go-to-Market-Strategie von Unternehmen voran und bewirkt so erhebliche Geschäftsumwandlungen. Im Mittelpunkt steht für ihn der Aufbau einer interdisziplinären Community of Practice, die die Fachkenntnisse aus Vertrieb, Marketing und den Produktteams mit denen der Kunden und Partner verbindet.