Das war das Medienjahr 2018 – FPÖ versus Küniglberg
Mit 2018 geht ein durchaus politisches Medienjahr zu Ende, wenn auch die Medienpolitik der Regierung noch ein gemächliches Tempo anschlug. Vor allem das Medienverständnis in den Reihen der Vizekanzler-Partei FPÖ sorgte im ersten Jahr der neuen Koalition für Irritationen, häufige Zielscheibe war der ORF. Offizielles Highlight war die Medienenquete im Juni.
Von Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) war das zweitägige Event als ein Startschuss für einen breiten medienpolitischen Diskurs ausgerufen worden. Inhaltliche Vorgaben kamen von Blümel nicht, außer: Der heimische Medienmarkt müsse kooperativer werden, insbesondere der ORF solle sich als Partner, auch der Privatsender, positionieren. Einmal mehr als die Erzfeinde der Mediennation firmierten dabei die internationalen Konzerne Google, Facebook und auch Amazon.
Nach der Enquete machte sich zwar allerorten Zufriedenheit breit, konkrete Pläne legte die Regierung bisher aber nicht vor. Eine Reform des ORF-Gesetzes steht an, das ist klar. Wie sie aussehen soll, blieb bis Jahresende Gegenstand von Spekulationen. Vor allem auch, was die künftige Finanzierung des Öffentlich-rechtlichen betrifft. Die war auch Thema eines Volksbegehrens: Die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) sammelte 320.239 Unterschriften gegen die Gebühren und schaffte es so, dass ihr Anliegen im Nationalrat diskutiert wurde.
Wohlwollend unterstützt von der FPÖ, die auch heuer wieder die Forderung nach einer Abschaffung der „Zwangsgebühren“ erklingen ließ. Nicht die einzige Offensive von blauer Seite Richtung Küniglberg. Ein Beitrag des ORF Tirol zum Landtagswahlkampf, bei dem danach das Landesstudio und auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz Fehler eingestanden, brachte die FPÖ in Rage. Ein Höhepunkt der blauen Attacken war ein Facebook-Posting von Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache, in dem er den ORF und auch „Zeit im Bild 2“-Moderator Armin Wolf der Lüge bezichtigte. Man verglich sich später, Strache entschuldigte sich öffentlich.
Kritik an kritischen Fragen
Der freiheitliche Stiftungsrat Norbert Steger sorgte ebenfalls für Entrüstungsstürme. Er bezeichnet kritisch fragende ORF-Journalisten schon mal gerne als unbotmäßig. Da ihm die Berichterstattung über die Ungarn-Wahl missfiel, stellte er die Kündigung von Auslandskorrespondenten in den Raum. Das fand sogar Bundespräsident Alexander Van der Bellen „besorgniserregend“.
Steger wurde nach einiger Aufregung aber dann doch zum Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats gekürt. Denn die ORF-Gremien konstituierten sich 2018 planmäßig neu, und entsprechend der neuen Zusammensetzung von Nationalrat und Regierung kommt die ÖVP im Stiftungsrat nun auf 15 von 35 Mitgliedern, die FPÖ auf 8.
Zu befinden hatte das oberste ORF-Aufsichtsgremium heuer einmal mehr über den ORF-Standort. Es wurde „Plan B“, das Alternativszenario am Küniglberg, das keine Umwidmungen erfordert und Ö1 und FM4 nach Hietzing bringen soll.
Umgesetzt wurde 2018 die Neustrukturierung von ORF eins und ORF 2 als „Channel“. Channelmanager sind Lisa Totzauer und Alexander Hofer, Chefredakteure Werner Geier und Matthias Schrom. Ganz ohne politisches Getöse gingen diese Entscheidungen auch nicht vonstatten, Hofer will nicht als ÖVP-nahe gelten, Schrom musste sich gegen eine blaue Punzierung wehren. Die Channelmanager leiteten indes erste Reformschritte ein.
Beim Bieten um die Live-Rechte an der Österreichischen Fußballbundesliga musste sich der ORF heuer dem Pay-TV-Sender Sky geschlagen geben. Auf Spekulationen über daraus resultierende Reichweitenverluste für die Ligen-Partien reagierte die Regierung mit wohlinszenierten Überlegungen, diese auf die sogenannte „Schutzliste“ im Fernseh-Exklusivrechtegesetz zu setzen. Bei den meisten Fernseh-Sendern und der Bundesliga hält sich die Begeisterung darüber in engen Grenzen.
Benko geht zur „Krone“
Im Print-Sektor überraschte Investor Rene Benko heuer mit seinem indirekten Einstieg bei „Kronen Zeitung“ und „Kurier“. Seine Signa Holding übernahm 49 Prozent der WAZ Ausland Holding GmbH, über die die deutsche Funke-Gruppe 50 Prozent an der „Krone“ und fast die Hälfte am „Kurier“ hält.
Benko gehören nach Abschluss des Kaufs ein knappes Viertel an der größten sowie der drittgrößten Kauftageszeitung Österreichs. Im Dezember segnete die Bundeswettbewerbsbehörde den Deal ab. Zuvor hatten die Erben des „Krone“-Gründers Hans Dichand acht Jahre nach dessen Tod das Verlassenschaftsverfahren geregelt. Helga Dichand und ihre drei Kinder Michael, Johanna und Christoph halten nun zu gleichen Teilen die andere Hälfte der „Krone“.
Am Wiener Gratiszeitungsmarkt wurde das Blätterrauschen aggressiv, als die Wiener Linien einen Vergleich mit Wolfgang Fellners Mediengruppe Österreich bezüglich U-Bahn-Boxen schlossen. Die Blätter warfen einander gegenseitig ungerechtfertigt hohe Inseratebuchungen der Stadt Wien und anderer öffentlicher Stellen vor. Futter dafür lieferten auch heuer die quartalsmäßig erhobenen Medientransparenzdaten.
FPÖ-Akteure hatten im Jahr 2018 nicht nur den ORF im Visier. Aufregung gab es etwa über ein Mail aus dem Innenministerium an Polizeidienststellen, wonach die Kommunikation mit „kritischen“ Medien beschränkt werden solle. Das Schreiben erregte internationale Aufmerksamkeit und bescherte FPÖ-Ressortchef Herbert Kickl Zensurvorwürfe.
Check und Re-Check
Als seinem Haus die BVT-Berichterstattung von „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk missfiel und es daraufhin Nachrichten von Klenk veröffentlichte, gingen die Wogen erneut hoch. Das BMI löschte diese Nachrichten später, seine Beschwerde beim Presserat gegen den „Falter“ wurde kurz vor Jahresende abgewiesen. Der Presserat war es auch, der in einer viel beachteten Mitteilung die heimischen Redaktionen zum sorgfältigen Re-Check von Informationen der Regierung ermahnte: Diese seien „nicht immer ausgewogen“.
Für die „Wiener Zeitung“ suchte und fand die Bundesregierung 2018 mit Martin Fleischhacker einen Restrukturierer, der das republikseigene Blatt für die von ÖVP und FPÖ gewünschte Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen rüsten soll. Definitiv zum Chefredakteur bestellt wurde dort Walter Hämmerle, der das Blatt seit 2017 interimistisch geleitet hatte. Neue Chefredakteurin beim „Kurier“ ist seit Herbst Martina Salomon; ihr Vorgänger Helmut Brandstätter fungiert weiter als Herausgeber.
„News“-Chefredakteurin Esther Mitterstieler verlässt das Magazin nach knapp zwei Jahren an der Redaktionsspitze, Kathrin Gulnerits wird ihre Nachfolgerin. Neuer VÖZ-Präsident nach Thomas Kralinger („Kurier“), der zwei Funktionsperioden gedient hatte, wurde Styria-Vorstand Markus Mair. Den Zeitungsverband beschäftigte heuer unter anderem das Aus des Morawa Pressevertriebs.
Die Beteiligung der APA – Austria Presse Agentur an der Schweizer Keystone-sda wurde im Frühling fixiert. Wesentliche interne Veränderung bei der Nachrichtenagentur war der Abschied des langjährigen Chefredakteurs Michael Lang, auf den mit Jahreswechsel Johannes Bruckenberger folgt.