Desinformation: Debatte zum Umgang mit Social Media
Was können Medien Desinformation in Sozialen Medien entgegensetzen? Unter anderem mit dieser Frage hat sich eine Fachtagung im ORF-Zentrum beschäftigt. Einig war man sich am Podium darin, dass Medienkompetenz verstärkt gelehrt werden müsse. Außerdem wurde für die engere Zusammenarbeit europäischer Fernsehanstalten als Gegengewicht zu amerikanischen Konzernen plädiert.
Mit rein rechtlichen Mitteln werde das Problem nur sehr schwer in den Griff zu bekommen sein, befand ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in seinem Eingangstatement im Rahmen der von ORF, der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) und dem Institut für Europäisches Medienrecht (EMR) organisierten, ganztägigen Fachveranstaltung. Ich glaube, es ist wichtiger, Medien, die bestimmten Werten der Demokratie verpflichtet sind, zu stärken.“ Öffentlich-rechtliche Plattformen seien als „Gegengewicht“ bedeutender denn je. „Das heißt, dass es ein Bekenntnis geben muss zu öffentlich-rechtlichen Anbietern in Europa, die von der reinen Marktlogik ausgenommen sind“, sagte Wrabetz.
Puls 4-Infochefin Corinna Milborn plädierte dafür, den amerikanischen Konzernen wie Facebook eine europäische Plattform entgegenzusetzen. „Ich glaube, dass es notwendig ist, dass sich die Öffentlich-rechtlichen in Europa zusammenzutun, um in Partnerschaft mit Privaten die Bildung von eigenen europäischen Plattformen anzustoßen“, sagte sie. Dann sei es „nicht so abwegig“, in Europa ein eigenes Soziales Medium zu schaffen, das gut funktioniert.
„Glaubwürdigkeit ist unser Geschäftsmodell“
Susanne Schnabl-Wunderlich, Moderatorin der ORF-Sendung „Report“, glaubt nicht, dass es in absehbarer Zeit eine wirkungsvolle europaweite Regulierung geben werde. Daher liege es an den Journalisten selbst. „Glaubwürdigkeit ist unser Geschäftsmodell“, sagte Schnabl-Wunderlich.
„Wir müssen Vertrauen aufbauen und erhalten und wir müssen die Menschen erreichen“, betonte auch Jochen Spangenberg von der „Deutschen Welle“. „Wenn wir einmal Fehler machen, sollten wir es offen ansprechen und transparent korrigieren.“ Spangenberg, der an verschiedenen Projekten zur Verifizierung von Inhalten von Sozialen Medien arbeitet, betonte auch, dass Journalisten diese verschiedenen Werkzeuge beherrschen müssten und die Medienkompetenz von Schülern verbessert werden müsse.
Er plädierte außerdem dafür, die verschiedenen Formen von Falschinformation klar zu benennen – also etwas als Lüge und nicht als „Fake News“ zu bezeichnen. „Das F-Wort will ich gar nicht nennen“, sagte Spangenberg. Auch Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ), betonte, dass die Prüfung der Quellen eine wesentliche Herausforderung ist für Medienunternehmen sei. Das Host-Provider-Privileg, auf das sich Soziale Medien wie Facebook berufen würden, müsse auf europäischer Ebene abgeschafft werden.
Algorithmen sollen Qualität der Quelle berücksichtigen
Die Gesetzeslage müsse geändert werden, so dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk wieder stärker im Internet aktiv werden könne, forderte Matthias C. Kettemann vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg. Die Algorithmen, die derzeit so funktionierten, dass Inhalte, die besonders häufig geteilt werden, „hochgespielt“ werden, müssten dahin gehend geändert werden, dass die Qualität der Quelle eine stärkere Rolle spiele.
„Es ist an uns, dieses Problem in den Griff zu bekommen“, zeigte sich dagegen Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen, überzeugt. „Ob Herr Zuckerberg uns hilft, werden wir sehen, aber es macht wahrscheinlich wenig Sinn darauf zu warten.“