Forscher fordern Solidarität bei Anfeindungen gegen Kollegen
Im Zuge der anhaltenden Einschränkungen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie richtet sich der Zorn mancher Kritiker auch vermehrt gegen Wissenschafter, die in den Medien Hintergründe erklären oder Regierungen beraten. Verfassungsschützer registriert laut Medienberichten auch zunehmend Drohungen gegen Fachleute, die sich exponieren. In der Wissenschaftsgemeinde sei dieses Phänomen länger greifbar, sagten Forscher am Donnerstag. Begegnen könne man dem mit Solidarität.
Das Phänomen, den Überbringer einer schlechten Nachricht mit Anfeindungen bis hin zu Drohungen zu bedenken, ist keineswegs neu. In der beispiellosen Covid-19-Krise kommt der Wissenschaft neben der Erforschung des SARS-CoV-2-Virus selbst auch eine zentrale Rolle beim Sammeln von Informationen und bei der medialen Kommunikation zu. Gelangen Vertreter der Wissenschaft hier in das Fadenkreuz von Corona-Kritikern oder -Leugnern „ist es wichtig hier auch Solidarität zu üben“, sagte Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien am Donnerstag vor Journalisten. Gegen teils unsachliche Anfeindungen, etwa in Sozialen Medien müsse man sich auch ein Stück weit zusammenschließen.
Viele Wissenschafter, die in Bezug auf Covid-19 ein Stück ins mediale Rampenlicht rückten, hätten mitunter unangenehme Erfahrungen gemacht, konstatierte auch der Komplexitätsforscher Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna (CSH) und der Medizinischen Universität Wien. Gerade wenn man in medialen Plattformen auftrete, in denen nicht nur Menschen verkehren, die der Wissenschaft eher wohlgesonnen gegenüberstehen, schwappe in der Folge oft viel Argwohn in den Maileingang. Wissenschaftliche Treffen hätten „dann manchmal den Charakter einer Selbsthilfegruppe“, so Klimek: „Es ist ein Abnützungskampf, in dem die wissenschaftliche Community auch zusammenstehen muss“. Es gehe auch darum, stark exponierte Kollegen dabei zu unterstützen, sich zurückzunehmen, sich zu schützen und trotzdem wichtige Botschaften weiter zu tragen.
Aufgrund starker Anfeindungen gebe es auch einige Forscher, „die sich überhaupt nicht mehr trauen, mit den Medien zu sprechen“, sagte die Politikwissenschafterin Barbara Prainsack von der Universität Wien. Das betreffe vor allem junge Forscher in mitunter prekären Arbeitsverhältnissen. Nochmals stärker treffe es Frauen zu. Prainsack: „Da kommt nochmals eine zusätzliche Portion Hass und Sexismus dazu.“ Sie ziehe daher umso mehr ihren Hut vor jungen Wissenschafterinnen, die sich weiter äußern, selbst wenn sie „zu Angriffsflächen für Attacken werden“.