Media-Preisträger: Pressefreiheit ist in Ungarn eingeengt

Der ehemalige Chefredakteur des größten Internet-Portals in Ungarn, Szabolcs Dull, hält die Pressefreiheit in Ungarn für zunehmend eingeengt. Der auf Veranlassung der regierungsnahen Eigentümer des Portals „index.hu“ entlassene Redaktionschef erhält an diesem Donnerstag (18 Uhr) in Potsdam den Preis der Medienkonferenz M100 Sanssouci Colloquium.

„Die Medienfreiheit ist nicht unbedingt schwarz-weiß zu sehen, sondern eine Frage des Freiraums und der Reichweite“, sagte Dull unmittelbar vor seiner Abreise nach Deutschland der Nachrichtenagentur dpa in Budapest. Man könne sie sich „wie ein geräumiges Zimmer“ vorstellen. Je höher die Decke ist, desto größer sei der Freiraum. Hängt die Decke niedrig, könne es zwar immer noch Medienfreiheit geben, „aber jeder bewegt sich in dem Zimmer gebückt und mit gesenktem Kopf“. In Ungarn seien in den vergangenen Jahren „dieses Zimmer immer kleiner, der Freiraum immer enger geworden“.

Bis zum Sommer war „index.hu“ das meistgenutzte Nachrichtenportal in Ungarn. Seine kritische und unabhängige Haltung wurden ebenso geschätzt wie seine innovative Sprache und der multi-mediale Auftritt. Durch mehrere Eigentümerwechsel geriet die Geschäftsführung zuletzt unter die Kontrolle von Vertrauten des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban.

Die Redaktion ließ sich aber weiterhin nicht politisch beeinflussen. Als die Geschäftsführung Dull im Konflikt um geplante strukturelle Eingriffe in die Redaktion entließ, reichten die Redakteure geschlossen ihre Kündigung ein. „Der Preis (des Sanssouci Colloquiums) ehrt mich sehr“, sagte Dull im dpa-Gespräch. „Er gilt aber in erster Linie der gesamten Redaktion.“ Durch ihr beispielhaftes Handeln habe sie aufgezeigt, wo für sie die Grenzen lagen, innerhalb derer sie unabhängig arbeiten konnte, so Dull.