Medientage – Zechner setzt auf Kreativität
ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner sieht die Chance des ORF im Konkurrenzkampf mit großen Streamingplattformen darin, auf Kreativität statt „Konfektionsware“ zu setzen. „Wenn du ein kleiner Markt bist und deine Mittel nicht unbegrenzt sind, musst du umso kreativer sein“, betonte sie bei einer Diskussion im Rahmen der Österreichischen Medientage am Mittwochnachmittag.
Bei der Debatte standen die Herausforderungen für die Filmwirtschaft angesichts der Coronakrise und des steigenden Konkurrenzdrucks durch internationale Plattformen im Zentrum. Für die Produzenten handle es sich um eine besonders schwierige Situation, sagte Jan Mojto, Geschäftsführer von Beta Film, in einem vorab aufgezeichneten Videointerview. Die durch die Pandemie verlorene Zeit könne nicht zu 100 Prozent aufgeholt werden.
Wegen der zusätzlichen Konkurrenz werde Erfolg künftig anders gemessen werden. „Was sich verändern wird, ist, dass man auf die Gesamtsummen des Erfolgs im globalen Raum schauen wird, nicht nur auf die Einschaltquoten und Abrufzahlen in den Heimatmärkten“, prophezeite Mojto. Da durch amerikanische Streamingportale wesentlich mehr Geld in den Markt gepumpt werde, würden Koproduzierungsmodelle künftig eine immer größere Rolle spielen, glaubt UFA-Geschäftsführer Nico Hofmann
Zechner warnte dagegen davor, zu viele Kooperationen mit den großen Streaminganbietern einzugehen. „Netflix, Disney+ und Amazon entdecken das Lokale. Das tun sie, um die Kleineren platt zu machen.“ Genau diese lokalen Produktionen würden am Ende des Tages von den großen Plattformen wieder abgeworfen und ganz verschwinden.
„Dagegen treten wir mit einem sehr schönen Volumen von rund 100 Mio. Euro an“, betonte sie. Die Chance des ORF in einem kleinen Markt wie Österreich bestehe darin, einen „mutigen und innovativen Weg zu gehen“.
„Der Weg, den wir gehen, sehr lokal, sehr regional zu sein, das ist sicher der richtige, um den Netflixes und Amazons dieser Welt begegnen zu können“, zeigte sich Frank Holderied, Leiter des Programmeinkaufs und der fiktionalen Eigenproduktion bei Servus TV, überzeugt. Auch er gab sich optimistisch: „Wir sehen die Konkurrenz, wir beobachten sie“, sagte er. Aber das klassische Fernsehen habe einen Aufschwung erlebt und die Marktanteile von Servus TV würden kontinuierlich steigen.
Davor diskutierten Akteure aus Politik, Kultur und Medien über die Herausforderungen im Kulturbereich. „Es ist unser erklärtes Ziel, dass sowohl die Künstlerinnen und Künstler als auch die Kulturbetriebe diese Krise überleben“, betonte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne). Mit den Maßnahmen sei man von der epidemiologischen Lage abhängig. „In den letzten Tagen war die Entwicklung der Infektionszahlen wieder stabil, so dass wir hoffen, auf diesem Level der Veranstaltungen bleiben zu können.“ Bis zum heutigen Tag habe man 160 Mio. Euro zusätzlich zum sonst üblichen Kunst- und Kulturbudget in die Hand genommen – „und das wird nicht alles sein“, so Mayer.
Auch die Digitalisierung spiele eine wichtige Rolle und müsse verstärkt gefördert werden. „Wir vergeben heuer noch über ein Million Euro extra für Projekte quer durch alle Bundesländer, die sich mit Digitalisierung beschäftigen.“ Allerdings könne sie immer nur ein Zusatzangebot bedeuten, „weil Kunst und Kultur leben davon, dass Menschen ein gemeinsames Erlebnis haben, das ist nicht ersetzbar“.
Staatsoperndirektor Bogdan Roscic betonte die Bedeutung sozialer Netzwerke für Kulturinstitutionen. Bevor er an die Oper kam, sei deren Twitter-Auftritt schon zwei Jahre lang nicht mehr aktualisiert worden. Dieser spiele aber genauso wie Instagram eine wichtige Rolle bei der Öffnung des Hauses. „Dafür zu sorgen, dass die Oper nicht ein Spielzeug eines eher kleinen Ausschnitts der Gesellschaft wird, sondern die breitest mögliche Gruppe anzusprechen, das ist die Aufgabe der nächsten zehn Jahre“, sagte Roscic. Auch die Webseite sei „nicht journalismusfreundlich“ aufgestellt, daran werde derzeit gearbeitet. „Ich finde tatsächlich, dass so ein Haus wie ein Medium agieren muss“, sagte er.
Auch Franz Patay, Geschäftsführer der Vereinigten Bühnen Wien, setzt auf neue Wege und will verstärkt „audiovisuell unterwegs sein“. „Wir überlegen sehr stark, wie wir das, was wir machen, nämlich Emotionen zu transportieren, auch außerhalb des Theaters machen können“, sagte er.
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz plädierte dafür, in gewissen Bereichen mit anderen öffentlich-rechtlichen Sendern zusammenzuarbeiten. „Große Möglichkeiten“ sehe er etwa darin, eine europäische Musikplattform für klassische Musik zu gründen. Auch der geplante ORF-Player könnte Kooperationsmöglichkeiten für Streamingdienste verschiedener Kulturveranstalter schaffen – Patay wünschte sich etwa eine Kooperation analog zur Zeitschrift „Bühne“.