Presse darf urheberrechtlich geschützte Werke nutzen
Bei der Berichterstattung über aktuelle Ereignisse dürfen Medien „grundsätzlich“ ohne vorherige Zustimmung des Verfassers auch urheberrechtlich geschützte Werke benutzen. Das entschied der EuGH im Rechtsstreit um die Veröffentlichung eines Manuskripts des Grünen-Politikers Volker Beck über die strafrechtliche Bewertung von Sex mit Kindern aus den 80er Jahren durch das Portal „Spiegel Online“.
Dies ergebe sich aus den europaweit geltenden Grundrechten zur Presse- und Informationsfreiheit, betonten die Richter in ihrem Beschluss in Luxemburg vom Montag (Az. C-516/7). Der Schutz von geistigem Eigentums sei insbesondere dann „nicht bedingungslos“, wenn die fragliche Information „im Rahmen der politischen Auseinandersetzung oder einer das allgemeine Interesse berührenden Diskussion von besonderer Bedeutung ist“.
Konkret besteht demnach bei der nationalen Umsetzung der Vorgaben europäischer Vorgaben aber ein gewisser Gestaltungsspielraum. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH), der den Fall dem EuGH zur grundsätzlichen europarechtlichen Klärung vorlegte, müsse daher selbst prüfen, ob die Veröffentlichung des Originalmanuskripts „erforderlich war, um das verfolgte Informationsziel zu erreichen“, betonten die Richter.
In dem Fall geht es um die Veröffentlichung eines Texts, in dem der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete 1988 für eine teilweise Entkriminalisierung von Sex mit Kindern argumentiert hatte. Er war damals als Beitrag in einem Buch erschienen. Nach Angaben Becks verfälschte der Herausgeber damals allerdings zentrale Aussagen.
Als das Originalmanuskript 2013 wiederentdeckt wurde, wurde die Sache zum Gegenstand von Medienberichten. Beck kandidierte damals für den Bundestag. Er veröffentlichte den Text unter anderem mit distanzierenden Bemerkungen im Internet.
„Spiegel Online“ veröffentlichte das Manuskript komplett, indem der Berichterstattung ein Internetlink angefügt wurde. Beck sah damit seine Urheberrechte verletzt. Der BGH legte den Fall dem EuGH vor, um klären zu lassen, wie weit das „Zitierrecht“ der Presse reicht.