RBB-Intendantin Schlesinger tritt als ARD-Vorsitzende zurück
Angesichts zahlreicher Vorwürfe tritt die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt als Vorsitzende des deutschen öffentlich-rechtlichen TV-Senders ARD zurück. Das berichtete die ARD-„Tagesschau“ am Donnerstag, der RBB bestätigte das auf dpa-Anfrage. WDR-Intendant Tom Buhrow übernimmt demnach bis zum Jahreswechsel die laufenden Geschäfte. Schlesingers Zukunft als RBB-Intendantin blieb vorerst offen.
Schlesinger teilte mit: „Wir werden mit allen beteiligten Stellen in der ARD für einen reibungslosen Wechsel Sorge tragen. Die öffentliche Diskussion um in meinen Verantwortungsbereich fallende Entscheidungen und Abläufe im RBB berührt inzwischen auch die Belange der ARD.“ Die 61-Jährige ergänzte: „Die Geschäftsleitung des RBB und ich sehen unsere Hauptaufgabe jetzt darin, zur Aufklärung dieser Vorwürfe beizutragen und unser Hauptaugenmerk auf den RBB zu richten.“ Deshalb gebe man den Vorsitz jetzt ab.
Laut Mitteilung begrüßten die Intendantinnen und Intendanten der ARD die Entscheidung des RBB. Bei der kommenden ARD-Hauptversammlung in Bremen im September könne dann ein neuer Vorsitz bestimmt werden, der von 2023 an im Amt wäre. Der Südwestrundfunk (SWR) habe seine Bereitschaft erklärt, diese Aufgabe dann zu übernehmen.
Die Intendantin war seit Wochen immer stärker in die Kritik geraten, es kamen mehr und mehr Vorwürfe auf. Derzeit läuft eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Ergebnisse liegen noch nicht vor, sie werden in mehreren Wochen erwartet.
Das Online-Medium „Business Insider“ hatte den Fall Ende Juni ins Rollen gebracht und seither immer wieder über neue Details berichtet. Es geht im Kern um die Frage, ob die Senderchefin und der Senderchefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf miteinander einen zu laxen Umgang bei der möglichen Kollision von Interessen gepflegt haben könnten. Beide wiesen Vorwürfe zurück.
Dabei spielen Beraterverträge für ein inzwischen auf Eis gelegtes RBB-Bauprojekt und Aufträge für Schlesingers Ehemann bei der landeseigenen Messe Berlin eine Rolle. Wolf ist neben seiner RBB-Funktion auch Aufsichtsratschef der Messe.
Es gibt zudem Kritik an einer deutlichen Erhöhung von Schlesingers Gehalt auf gut 300.000 Euro sowie an der Beschaffung und Nutzung ihres Dienstwagens, für den vom Autohersteller ein sehr hoher Rabatt gewährt worden sein soll. Für Unmut sorgt auch, dass Schlesinger mehrmals als RBB-Chefin Gäste in ihrer Privatwohnung empfing und die Kosten für Essen und Getränke über den beitragsfinanzierten ARD-Sender abrechnete; die in Rechnung gestellten Kosten sollen angeblich fehlerhaft gewesen sein.
Schlesinger war seit Jahresanfang die Vorsitzende der öffentlich-rechtlichen ARD-Gemeinschaft und vertrat diese als wichtigste Repräsentantin nach außen. Der RBB hatte zum ersten Mal in der Geschichte der ARD den Vorsitz inne. In der Regel ist es so, dass der Vorsitz zunächst ein Jahr dauert und die Intendanten sich in der zweiten Jahreshälfte darauf einigen, dass die Amtszeit um ein weiteres Jahr auf insgesamt zwei Jahre verlängert wird. Die Wiederwahl Schlesingers stand noch aus. Die RBB-Intendantin hatte den Vorsitz von WDR-Intendant Buhrow übernommen. Er war gemäß der Regel in Schlesingers Amtszeit ihr Stellvertreter.
Die 61-Jährige ist seit 2016 Intendantin des RBB, der im ARD-Senderverbund einer der kleineren Anstalten ist. Ihre zweite Amtszeit begann im vergangenen Jahr und dauert fünf Jahre bis 2026. Am Donnerstag wurde nichts zu ihrer Position als RBB-Intendantin mitgeteilt. Schlesinger hatte unlängst in Interviews deutlich gemacht, dass sie ihr Amt während der Untersuchung der Vorwürfe weiter ausüben werde. Zugleich hatte sie sich offen dafür gezeigt, noch einmal mit dem RBB-Verwaltungsrat über die umstrittene Erhöhung ihres Gehalts zu sprechen.
Wolfs Funktion als Verwaltungsratsvorsitzender beim RBB ruht während der Untersuchung bis zur Aufklärung. Bei der Messe Berlin will er nach Angaben des Landes Berlin voraussichtlich im Herbst aus Altersgründen aufhören.