Regierung will Medienförderung auf neue Beine stellen
Die Regierung plant, die heimische Medienförderung und Inseratenvergabe auf neue Beine zu stellen. Ein der APA vorliegender Ministerratsvortrag von Mittwoch sieht vor, einen Maßnahmenkatalog zu evaluieren, der unter anderem strengere Regeln und mehr Transparenz für Inseratenschaltungen als auch ein einheitliches Medienförderungsgesetz beinhaltet. Das Medienförderungsbudget soll steigen und reine Onlinemedien inkludiert werden, wobei Qualitätskriterien verankert werden sollen.
Die Vorschläge im Ministerratsvortrag sind nur eine Diskussionsgrundlage. Ab Februar wird die Regierung mit der Branche, den anderen Parteien und Wissenschaftern diskutieren. Ergebnisse sollen bis Ende des Jahres vorliegen, sagte Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) vor dem Ministerrat am Mittwoch. Auch die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, hoffte gegenüber der APA auf eine Umsetzung im heurigen Jahr. Sie gab jedoch zu bedenken, dass diverse Fristenläufe eingehalten und in diesem Bereich europäischen Rechtsstandards entsprochen werden muss, womit eine Notifizierung durch die EU-Kommission nötig ist. Ziel sei es laut Raab, die Inseratenvergabe neu zu organisieren und Kriterien dafür zu entwickeln. Darüber hinaus soll es eine klare Trennung zwischen Inseraten und Medienförderungen geben. Inserate seien nichts Anrüchiges, es gebe ein legitimes Informationsbedürfnis seitens der Politik, um etwa über die Corona-Impfung oder Gewaltschutz zu informieren, betonte die Medienministerin.
Auch Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer bekräftigte, dass es ein legitimes Informationsbedürfnis gebe. Die Frage sei, ob die Vergabe von Inseraten transparent sei. Sie freue sich jedenfalls sehr darüber, dass dieser Diskussionsprozess nun beginne und „wir einen ganz neuen Impuls setzen wollen“. Das sei den Grünen ein großes Anliegen. Eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft sei „wichtig für die Demokratie“. Das habe sich in der Pandemie klar gezeigt. „Dabei ist Transparenz ganz wichtig.“
„Gerade das quantitative Missverhältnis zwischen Fördervolumina, die nach klaren gesetzlichen Regeln vergeben werden, auf der einen Seite, und Inseratenbudgets, die überwiegend ohne ausreichende Zielgruppen- und Wirkungsanalyse gesteuert werden, auf der anderen Seite, steht einer zielgerichteten, transparenten Medienpolitik im Weg“, heißt es im Ministerratsvortrag. Um dem entgegenzuwirken, soll „zeitnah“ ein Maßnahmenkatalog unter Berücksichtigung europarechtlicher Rahmenbedingungen evaluiert und ein „Neustart für die österreichische Medienförderung und -transparenz sowie die Praxis der Medienkooperation“ eingeleitet werden.
In Hinblick auf gesetzlich klar geregelte Medienförderungen wie etwa die Presseförderung, den Privatrundfunkfonds oder auch die wohl noch heuer erstmals auszuschüttende Digitalisierungsförderung sieht die Regierung vor, ein einheitliches Medienförderungsgesetz mit höherem Budget zu schaffen. „Ziel ist es, ein oder auch zwei Gesetze zu schaffen“, sagte Blimlinger. Dabei sollen reine Onlinemedien ebenfalls in das Förderregime inkludiert werden. Der Umstand, dass diese bei der Digitalisierungsförderung leer ausgehen, sorgte in mehreren Stellungnahmen zum Gesetz für Unmut.
Die Verankerung von Qualitätskriterien für die Vergabe von Medienförderung will die Regierung prüfen. Raab zeigte sich diesbezüglich am Dienstag bei einer Pressekonferenz noch skeptisch. „Nicht die Politik hat darüber zu entscheiden, was Qualität ist. Das würde einen Schritt zu weit gehen“, sagte sie. Blimlinger sieht das anders: „Qualität kann man schon definieren. Es geht dabei aber nicht darum, ist das ein guter Beitrag oder ein schlechter, sondern etwa wie viele Journalistinnen und Journalisten nach Kollektivvertrag beschäftigt sind oder wie viele Artikel in einer Zeitung eigenrecherchiert sind.“ Auch das Angestelltenverhältnis von Männern und Frauen oder gerichtliche Verurteilungen könnten als Qualitätskriterien herangezogen werden – nicht jedoch Rügen des Presserats. „Das ist ein Organ der Selbstkontrolle, hier hat der Staat nichts verloren“, so Blimlinger.
Für Medienkooperationen – etwa Inseratenschaltungen – sollen Regeln erstellt werden. So sieht der Ministerratsvortrag etwa Berichtspflichten, eine Wirkungsanalyse, um Zielgruppen und Maßnahmen zu identifizieren, und eine Gültigkeit für alle Gebietskörperschaften vor. Für die Budgets soll es zudem eine Grenze geben, wie Blimlinger erklärte. Diese könne aber bei erhöhtem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit wie zum Beispiel im Falle einer Pandemie flexibel angepasst werden.
Um die Medienkooperationen möglichst transparent zu gestalten, ist eine Reform der Medientransparenzdatenbank, die vierteljährlich die Werbeausgaben in Medien der öffentlichen Hand ausweist, vorgesehen. So soll etwa die Einsehbarkeit und Lesbarkeit erleichtert werden. Bisher ist es sehr schwer, die Daten zu strukturieren und auszuwerten. Auch soll die Löschpflicht nach zwei Jahren aufgehoben und die „Bagatellgrenze“, die derzeit bei 5.000 Euro liegt, bei Veröffentlichungspflichten fallen. Geplant ist zudem, auch Werbeschaltungen der öffentlichen Hand in nicht periodischen Medien meldepflichtig zu machen. Schätzungen gehen von rund einem Drittel des gesamten Werbegeldes aus, das durch die „Bagatellgrenze“ und der Lücke bei nicht periodischen Medien einer Veröffentlichungspflicht entgeht.
Der Opposition geht die Neuaufstellung der Medienförderung und der Inseratenvergabe zu langsam. Die Medienministerin schiebe notwendige Gesetzesänderungen offenbar lieber auf die lange Bank, kritisierte SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried. Ein Vorschlag der Opposition sei bereits vorhanden. Die Presseförderung solle zu einer plattformunabhängigen deutlich erhöhten Medienförderung umgebaut werden und „natürlich“ Qualitätskriterien vorsehen. Bei der Inseratenvergabe brauche es Reduktion, transparente Kriterien und Kontrolle, so Leichtfried.
Auch die FPÖ wies in einer Aussendung darauf hin, bereits Maßnahmen präsentiert zu haben, die für Unabhängigkeit, Objektivität und Transparenz sorgen sollen – etwa die Einführung eines Kostendeckels für Regierungsinserate. Raab werde man nun an der Umsetzung der Vorhaben messen. „Ein bloßes Herumdoktern am Status quo gepaart mit Worthülsen ist jedenfalls zu wenig“, so FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker.
„Besonders eilig scheint es Ministerin Susanne Raab nicht zu haben, endlich mit dem für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler so enorm teuren System Kurz aufzuräumen“, hielt NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter in einer Aussendung fest. Es sei längst klar, welche Reformen es im Bereich Medienpolitik und Medienförderung brauche, pochte sie auf Tempo. Brandstötter setzt sich ebenfalls für eine Erhöhung der Medienförderung und eine Vergabe nach klaren Qualitätskriterien ein. Zugleich tritt sie dafür ein, dass die Werbung der öffentlichen Hand auf ein „absolutes Minimum“ reduziert werde. „Somit hätte auch die Inseratenverteilung der Regierung nach Gutsherrenart ein Ende“, so die NEOS-Mediensprecherin.
Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) begrüßte die Initiative. Wichtig sei, dass dabei eine klare Trennung zwischen der Inseratenvergabe durch die öffentliche Hand und der Presseförderung gemacht wurde. „Eine Vermischung der beiden Instrumente kann weder im Interesse der Auftraggeber bzw. Fördergeber – im konkreten Fall der öffentlichen Hand – noch der Medien liegen“, meinte VÖZ-Präsident Markus Mair. Die Initiatoren des Anti-Korruptions-Volksbegehrens sehen einen „ersten Zwischenerfolg“ gegeben. „Vorzeitiger Applaus wäre aber unangebracht. Wir haben in der Vergangenheit leider zu oft erlebt, dass solche Ankündigungen auf die lange Bank geschoben und einem Tod auf Raten zugeführt wurden,“ wurde Franz Fiedler, ehemaliger Präsident des Rechnungshofes, als einer der Proponenten des Volksbegehrens zitiert.