Regierung will neues ORF-Gesetz im zweiten Halbjahr vorlegen
Die Regierung will im zweiten Halbjahr 2020 eine Novelle des ORF-Gesetzes vorlegen, die die Umsetzung des ORF-Players ermöglichen soll. Außerdem soll die angekündigte projektbezogene Digitalförderung auf 18 Millionen Euro aufgestockt und im Idealfall noch heuer ausgezahlt werden. Das kündigte der Kanzlerbeauftragte für Medienthemen, Gerald Fleischmann, im Gespräch mit der APA an.
Eine gemeinsame Bewegtbildplattform aller österreichischen Medien ist offenbar nicht mehr geplant. „Was sich abzeichnet ist, dass das ORF-Gesetz, das wir im zweiten Halbjahr vorlegen wollen, dafür sorgt, dass der ORF-Player kommt und dass der ORF dafür von einigen Fesseln und Einschränkungen befreit wird, dafür aber für die anderen Medienunternehmen die Möglichkeit zur Partizipation in verschiedensten Bereichen eröffnen muss“, sagte Fleischmann. Dabei gehe es etwa um Rechte, Werbung und das Archiv. Derzeit würden dazu Gespräche mit allen Stakeholdern und dem Koalitionspartner geführt.
Die Gesetzesnovelle soll unter anderem die Abschaffung der Sieben-Tage-Regel, die Ermöglichung des Prinzips „Online First“ und die Öffnung des ORF-Archivs unter Bedachtnahme auf die Rechte Dritter bringen. Bei der Öffnung des Archivs stellt sich etwa die Frage, ob diese für die gesamte Bevölkerung oder nur für andere Sender gelten soll und ob es kostenlos oder gegen eine Gebühr zu nutzen bzw. zu verwerten sein wird.
Auch die angekündigte Digitalförderung soll noch heuer umgesetzt werden. Sie soll in Form einer Projektförderung vergeben werden. Eingereicht werden können Projekte in sechs Bereichen: Investitionen in Jugendschutz sowie Jugendprojekte (etwa im Bereich Medienkompetenz), digitaler Content (beispielsweise Podcasts oder Vlogs) sowie Investitionen in die IT-Sicherheit, in Barrierefreiheit im Onlinebereich oder in die Ausbildung (beispielsweise ein Redaktionslehrgang zum Thema Digitales) und in die Infrastruktur, die benötigt wird, um digitale Transformationsprozesse zu gewährleisten.
Die Mittel dafür sollen aus der Digitalsteuer kommen, die Anfang des Jahres in Kraft getreten ist. Die Werbeabgabe auf Facebook und Co. werde Schätzungen zufolge in etwa 20 bis 25 Mio. Euro ausmachen. Mindestens 15 Mio. Euro davon sollen in die Digitalförderung fließen. Heuer soll die Förderung auf 18 Mio. Euro aufgestockt werden. „Der Grundimpetus ist, man nehme von den US-amerikanischen Onlinegiganten und man gebe den heimischen Medienunternehmen, die durch diesen Druck aus den USA einer erheblichen Spannung ausgesetzt sind“, sagte Fleischmann.
Das Vorhaben muss allerdings noch bei der EU-Kommission eingereicht werden, da es sich um beihilfenrechtliche Fragen handle, für die ein Marktversagen nachgewiesen werden müsse. „Das kostet leider drei Monate“, sagte Fleischmann. Die RTR erstellt derzeit eine entsprechende Studie. Im Herbst soll dann der parlamentarische Prozess gestartet werden. „Wir wollen es auf jeden Fall noch heuer umsetzen“, betonte Fleischmann. Im Idealfall werde das Geld noch in diesem Jahr fließen, spätestens mit Anfang 2021 soll es jedenfalls so weit sein.
Einem ähnlichen Konzept folgt der geplante Medienfonds, der allerdings erst 2021 umgesetzt werden soll. Für den Fonds soll von Abrufdiensten wie Netflix, Amazon Prime, Disney oder YouTube ein Beitrag eingefordert werden. Orientieren will sich die Regierung dabei an Frankreich, das ein ähnliches Konzept erarbeitet. Geplant ist, ausländische Abrufdienste dazu zu verpflichten, 20 Prozent des Umsatzes, den sie in Österreich einnehmen, in europäische oder österreichische Produktionen zu investieren – entweder durch die Produktion im Inland oder in Form eines Beitrags zum Medienfonds, mit dem Produktionen in Österreich gefördert werden sollen.
Die Mittel aus dem Medienfonds könnten also in die Förderung von Bewegtbildcontent österreichischer Medien fließen. Dabei müsse es sich um Unterhaltung handeln, „weil wir nur das fördern können, wofür wir einen Beitrag einheben“, sagte Fleischmann, der einen zweistelligen Millionenbetrag erwartet.
Der Medienfonds basiert auf der Umsetzung der EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (AVMD), die im September beschlossen werden soll. Enthalten sind darin auch ein Werbeverbot für Alkohol auf YouTube sowie Maßnahmen zur Steigerung der Barrierefreiheit.
Die Sonderförderung für Medien wegen der Coronakrise beträgt laut Fleischmann insgesamt rund 45 Millionen Euro (zum 35,6 Millionen Euro schweren Medienhilfspaket kommen demnach rund zehn Millionen an Mehrwertsteuererleichterungen). Für Inserate der „Schau auf dich, schau auf mich“-Kampagne wurden zudem 19 Millionen Euro budgetiert. 12 Millionen Euro davon wurden schon ausgegeben, der restliche Betrag werde für eine mögliche zweite Welle vorbereitet.
In Vorbereitung darauf soll auch der Krisenstab gegen Fake News im Kanzleramt im September neu aufgestellt werden. Die Bundesregierung werde sich als Organisator zurückziehen, aber weiterhin als „gleichberechtigtes Mitglied der Drehscheibe“, an der Medien, NGOs und Experten beteiligt sind, fungieren.
Noch keine Lösung gibt es für die „Wiener Zeitung“. Wie geplant sollen die Pflichtveröffentlichungen in der Printausgabe abschafft und ein neues Geschäftsmodell entwickelt werden. Die Umsetzung habe sich aber wegen der Coronakrise verzögert, sagte Fleischmann.