ServusTV setzt auf mehr Fiktionales
ServusTV erweitert in den kommenden Monaten und Jahren seine Palette an fiktionalen Eigenproduktionen. Neben Altbewährtem wie weiteren Altaussee-Krimis und einem „Meiberger“-Film kommt auch eine Comedy-Serie mit Nina Proll und ein koproduzierter Zweiteiler namens „Im Netz der Camorra“. Vom Gesamtpaket verspricht man sich für den Sender „eine persönliche Note“, wie ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider gegenüber der APA erklärte.
„Fiktionale Eigenproduktionen sind ein wichtiges Element für einen Sender mit Vollprogramm, wie es ServusTV anbietet. Damit verleiht man dem Sender eine persönliche Note und zwar weit besser als mit zugekaufter Ware“, sagte Wegscheider. Man habe sich „durchaus lokalen Elementen“ verschrieben, wobei man versuche, „mit den besten zu arbeiten“.
Noch im Herbst erscheint nach drei Staffeln mit insgesamt 20 Episoden erstmals ein Film rund um den Gerichtspsychologen Thomas Meiberger (gespielt von Fritz Karl) namens „Im Kopf des Täters“. Auch steht ein zweiter Altaussee-Krimi („Letzer Gipfel“) mit Cornelius Obonya in der Hauptrolle in den Startlöchern. Auf neues Terrain wagt sich der Salzburger Privatsender in Koproduktion mit dem ZDF, Satel Film und der good friends Filmproduktion mit dem Zweiteiler „Im Netz der Camorra“. Tobias Moretti spielt dabei einen Winzer, der von seiner dunklen Vergangenheit in Neapel eingeholt wird. Regie führt Andreas Prochaska („Das Boot“).
Im Winter startet die Comedy-Serie „Aus die Maus“ mit Nina Proll als einst gefeierter und nun gefeuerter Schauspielerin, die sich in einem Tierbestattungsinstitut widerwillig um die Trauerangelegenheiten ihrer Kunden kümmern muss. Anfang 2022 kommt der Film „Klammer“ rund um den Olympiasieg Franz Klammers im Jahr 1976 in die Kinos. Servus TV arbeitete dabei mit epo-film, Samsara Film und zahlreichen weiteren Partnern wie dem ORF zusammen.
Noch etwas Geduld ist für den dritten Altaussee-Krimi und die internationale Serie „Das Netz“ gefragt. Sie starten im Herbst nächsten Jahres. Für „Das Netz“ – Moretti übernimmt auch hierfür die Hauptrolle – trat ServusTV als Ideengeber und Initiator in Erscheinung. Die acht Episoden werden von MR-Film in Koproduktion mit dem Salzburger Privatsender, ARD Degeto und Netz GmbH erstellt. Gedreht wird in mehreren Sprachen, wobei die jeweiligen national eigenständigen Produktionen inhaltlich verflochten sind.
Thematisch stehen die Fußballwelt, deren Leidenschaft und dunkle Machenschaften im Fokus. „Würde man zu dieser Thematik eine Dokumentation machen, könnte man sich vermutlich vor lauter Klagen nicht mehr wehren“, glaubte Wegscheider. Die Serie soll im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar ausgestrahlt werden.
Mit dem ORF, der jährlich rund 100 Mio. Euro in die heimische Film- und Fernsehwirtschaft investiert, hält ServusTV hinsichtlich des Auftragsvolumens nicht mit. „Das wäre schön, wenn wir uns in ähnlichen Gefilden bewegen könnten. Wenn man jährlich rund 650 Mio. Euro an Gebühren erhält, ist es natürlich leichter einen so großen Anteil in Fiction zu investieren. Bei ServusTV wird es aber von Jahr zu Jahr mehr“, so Wegscheider. Rein kaufmännisch betrachtet würden sich diese Investitionen in „einem kleinen Land wie Österreich“ nicht rechnen. „Man muss fiktionale Eigenproduktionen als Teil des Ganzen sehen: Sie sind die Marmelade auf dem Brot eines Vollprogrammsenders“, meinte der 60-Jährige, der seit 2016 als Intendant für den Privatsender tätig ist.
Offen stehe man Kooperationen zur Vermarktung der kommenden Fiction-Angebote gegenüber. „Wo immer Kooperationen Sinn machen, sind wir dazu bereit. Ein ‚Austro-Player‘, wo private Anbieter und der ORF auf Augenhöhe vertreten sind, macht durchaus Sinn. Nicht spielen wird es mit uns einen ORF-Player, bei dem die privaten Anbieter als Anhängsel dabei sind“, erklärte Wegscheider.
Für einen vollumfänglich einsetzbaren Player benötigt das größte Medienunternehmen des Landes jedoch bekanntlich eine ORF-Gesetzesnovelle, um Inhalte „online first“, „online only“ und zeitlich unbefristet anbieten zu können. Ginge es nach Wegscheider sollte eine Novelle zum Anlass genommen werden, um den ORF zu redimensionieren. „Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich den ORF im Verhältnis zur Größe des Landes als zu aufgebläht erachte“, meinte Wegscheider, der als Privat-TV-Pionier gilt, hatte er doch 1995, noch vor dem Fall des Fernsehmonopols, Salzburg TV gegründet, aus dem später Servus TV wurde.
Die ursprüngliche Konzeption für den ORF mit zwei Fernsehprogrammen sei „durchaus richtig und ausreichend“ gewesen. „Die mittlerweile vier Sender werden aus meiner Sicht über Strecken ganz klar missbraucht, um mithilfe von Gebührengeldern den Markt zu verstopfen“, kritisierte der ServusTV-Intendant.
Angesprochen darauf, dass ServusTV mit Sendungen wie dem „Corona-Quartett“ oder auch dem wöchentlichen provokanten Kommentar „Der Wegscheider“ von manchen Teilen der Bevölkerung mittlerweile als Sender der Maßnahmengegner und Corona-Zweifler angesehen wird, reagierte Wegscheider empört: „Nein, ich sehe das definitiv nicht so. Ich empfinde diese Behauptung nahezu als Chuzpe. Andere Sender und Medien haben in den vergangenen 15 Monaten eine einseitige Berichterstattung betrieben, die mich an totalitäre Staaten erinnert, weil sie den kritischen Teil der Wissenschaft aussperren und deren Vertreter auch noch als Quacksalber oder Spinner verunglimpfen.“ Wissenschaft sei nie in Stein gemeißelt und es seien immer Diskurse zu führen, so Wegscheider.
Dass mit den zahlreich erworbenen Sportrechten und nun der Ausweitung im Bereich fiktionaler Eigenproduktionen bald ein zweiter ServusTV-Sender kommen, verneint der ServusTV-Intendant: „Das ist ein Gerücht. Wir wollen den Österreichern und Österreicherinnen ein möglichst ausgeglichenes Vollprogramm anbieten und dabei soll es kurz- und mittelfristig auch bleiben.“ Für den Sender mache auch durchaus Sinn, dass mittlerweile so manche Sportrechte nur für die Onlineplattform verwendet werden. „Wir spielen manche Sportarten bewusst nur digital, da wir so flexibler sind und etwa auf österreichische Beteiligungen reagieren können“, erklärte Wegscheider.
Zudem sei es nicht neu, dass vor allem jüngere Zuseher zunehmend auf digitale Angebote umsteigen. Dem wolle man mit einer künftig noch stärkeren Teilung auf die zwei Übertragungswege linear und digital Rechnung tragen. Zufrieden wäre Wegscheider, „wenn die Kurve für ServusTV weiterhin so nach oben geht wie in den vergangenen Jahren.“