Streaming verschafft heimischem Musikmarkt erneut Plus
Der heimische Musikmarkt ist weiter im Aufschwung: Nachdem 2017 erstmals nach Jahren des Rückgangs wieder ein Wachstum verzeichnet werden konnte, hielt dieser Trend auch im Vorjahr an. 153,3 Mio. Euro Umsatz bedeuten ein Plus von 5,5 Prozent, wie der Verband der österreichischen Musikwirtschaft IFPI am Dienstag mitteilte. Größten Anteil daran hatte das nach wie vor boomende Streamingsegment.
Nicht zuletzt deshalb werde 2018 „in die Geschichtsbücher eingehen“, betonte IFPI-Präsident Dietmar Lienbacher bei einer Pressekonferenz: Immerhin hat der digitale Markt sein physisches Pendant erstmals überholt. Umsätze mit Online-Musik summierten sich auf 62,5 Mio. Euro, für den Löwenanteil davon war Streaming mit 51,6 Mio. Euro (ein Plus von 58,3 Prozent) zuständig. Auf Downloads entfielen 10,9 Mio. Euro, was einem Minus von 19,1 Prozent entspricht. Am physischen Markt wurden 54,9 Mio. Euro (minus 15,3 Prozent) lukriert.
„Bei Streaming hat sich der Umsatz seit 2016 beinahe verdreifacht“, unterstrich Cornelius Ballin, Chef von Universal Music Austria. Es gebe natürlich die Hoffnung, dass diese Steigerungsraten künftig weiterzuführen sind. Potenzial sei jedenfalls vorhanden: Zwar sind kostenpflichtige Premium-Abos von Spotify und Co für den Großteil der Einnahmen verantwortlich, die höhere Nutzeranzahl entfalle aber noch auf werbeunterstützte Gratisangebote. „Es liegt natürlich auch im Interesse der Dienste, die Überführung hin zu den Premium-Abos zu steigern, es ist aber auch eine Gratwanderung“, so Ballin.
Ein Plateau dürfte vorerst Vinyl erreicht haben, das wie schon 2017 bei 7,8 Mio. Euro Umsatz landete. Trotz der Rückgänge keineswegs zu vernachlässigen ist das CD-Segment, das immerhin noch auf 43,4 Mio. Euro kam – allerdings vom Streaming als stärkstes Einzelformat abgelöst wurde. Lizenzeinnahmen der Verwertungsgesellschaft LSG konnten ebenfalls zulegen und landeten bei 29,4 Mio. Euro (plus 5,4 Prozent). Komplettiert wird der Gesamtumsatz durch Merchandising sowie Lizenzierungen (6 Mio. Euro) und den Bereich Mobile (500.000 Euro).
IFPI-Geschäftsführer Franz Medwenitsch zeigte sich angesichts dieser Entwicklung „vorsichtig optimistisch“. Ein für den Verband nach wie vor wichtiges Thema ist der sogenannte „Value Gap“, also die verhältnismäßig geringen Zuflüsse durch große Video-Plattformen wie YouTube. Diese steuern lediglich 5,6 Prozent zum Streamingkuchen bei, obwohl die Nutzung bedeutend intensiver sei. Bei diesem schon seit Jahren beklagten Punkt setzt die IFPI auf die aktuell noch intensiv diskutierte Urheberrechtsreform der EU. „Realistisch gesehen hat die Kompromisssuche der vergangenen Monate mittlerweile aber dazu geführt, dass niemand mehr so richtig zufrieden damit ist.“ Es sei schwer, diesbezüglich „etwas endgültiges zu sagen“, sagte Medwenitsch.
Kaum Chancen sehen die Branchenvertreter hingegen für einen Trend, der das Film- und Serienstreaming schon länger bestimmt: das Aufspringen der Plattformen selbst auf den Produktionszug. Während Netflix oder Amazon Prime Video verstärkt selbst als Contenthersteller fungieren, sei das für den Musikbereich kaum rentabel, glaubt Ballin. „Wieso sollten Streamingplattformen sich die harte Arbeit antun und hier Risikokapital verbrennen?“, sieht er diese Aufgabe bei den Labels – egal ob Major oder Indie – beheimatet. Die neuen Angebote brachten das Podium jedenfalls zu einem sehr positiven Ausblick: Es sei „absolut möglich“, wieder zu Umsatzgrößen von vor 20 Jahren zurückzukehren. Seitdem hat sich der Markt immerhin halbiert.