Wifo-Experte zur Digitalsteuer: „Ziel ist „Fairness“
Ob die geplante „Digitalsteuer“ dem Staat bis zu 200 Mio. Euro pro Jahr einbringt, wird aus Sicht des Wifo-Steuerexperten Simon Loretz nicht überprüft werden können, weil es nicht den „einen“ Posten gibt, in dem alles zusammenfließt. Dennoch seien die geplanten Maßnahmen „schon gerechtfertigt“ und würden „zu Fairness und Steuergerechtigkeit“ beitragen. Derzeit seien „die Ehrlichen die Blöden“.
So könnte eine ordentliche Meldepflicht für Vermittlungsplattformen wie AirBnB sehr wohl zu „deutlichen Mehreinnahmen“ führen, auch wenn sich das im Einkommensteueraufkommen niederschlägt und schwer nachzurechnen sein wird, meinte Loretz am Dienstag im APA-Gespräch. Schon bisher seien die Einnahmen aus Ortstaxen von AirBnB-Vermietungen bereits deutlich gestiegen – allein durch die „Drohung“ des Finanzministeriums.
In Wien etwa sei dieser Trend schon seit zwei Jahren zu beobachten, „das war in den 2018er-Zahlen sichtbar“, so der Wifo-Experte. Die Stadt Wien hatte mit der Online-Buchungsplattform länger eine Vereinbarung gesucht, die Verhandlungen dann aber im Oktober abgebrochen. Vor allem WKÖ und Tourismusbranche pochen seitdem verstärkt auf eine bundesweite Regelung. Österreich-weit lagen die Ortstaxen-Einnahmen von allen Tourismusbetrieben (inkl. AirBnB) laut Loretz bei rund 100 Mio. Euro. Allein in Wien seien es bereits 23 Mio. Euro, deutlich mehr als früher.
Auch bei der geplanten Ausweitung der Einfuhrumsatzsteuer – für Importe aus Drittländern, etwa Amazon-Packerln aus China – ist „die Intention, Missbrauch zu begrenzen“, so der Experte. Denn künftig soll für solche Importe bereits ab dem ersten Euro Warenwert Umsatzsteuer fällig sein, derzeit erst ab 22 Euro. Mit der Streichung der Freigrenze wolle die Politik Umgehungsgeschäfte verhindern, denn Handelsplattformen könnten ja etwa ein „Stückeln“ größere Bestellungen forcieren. Natürlich treffe eine Mehrwertsteuer im Endeffekt aber immer den Konsumenten, auch hier, so Loretz. Das mögliche Einnahmenvolumen aus der ausgeweiteten Einfuhrumsatzsteuer hält er für „ganz schwer abzuschätzen“.
Die Online-Werbeabgabe werde, wenn sie künftig 3 Prozent auf den Bruttowerbewert betragen solle, „vermutlich wirklich nicht mehr als 10 bis 15 Millionen Euro“ jährlich bringen, glaubt der Wifo-Steuerexperte. Die geplante Neuregelung böte jedoch die Möglichkeit einer „Chancengleichheit“ mit Print-Werbung, so Loretz. Diese wird ja derzeit mit einem Satz von 5 Prozent besteuert, Online-Werbung aber gar nicht.
Ansatzpunkt für die Online-Werbeabgabe würden die Firmen sein, die zum Beispiel auf Google Werbeeinschaltungen in Auftrag geben. Hier werde dann der spezifische Österreich-Werbewert zu versteuern sein, so Loretz. An die großen internationalen Googles und Facebooks dieser Welt kommt man ohnedies nicht heran, räumt auch er ein: „Denn Facebook zum Beispiel hat in Österreich keinen Firmensitz und keine rechtliche Präsenz“.
Ob das Gesamtaufkommen aus einer künftig allenfalls 3-prozentigen Werbeabgabe „für alle“ anstelle der derzeitigen für Nicht-Online-Werbung höher ausfällt, wagt der Wifo-Experte nicht abzuschätzen: „Es muss nicht unbedingt mehr herausschauen unterm Strich. Wenn man die Belastung in Summe ein bisschen senkt, würde es in das Bild der Regierung passen. Es gebe aber dann in Zukunft zumindest einen fairen Vergleich von traditioneller und Online-Werbung.“
Auch in Summe könnten die tatsächlichen Zusatzeinnahmen aus den einzelnen „Digitalsteuer“-Komponenten „nicht überprüft“ werden, so Loretz. Denn es gebe keinen Posten, der „Digitalsteuer“ heiße und wo man dies ablesen könne.
Heute, Dienstagnachmittag, soll sich zur Digitalsteuer erstmals eine Expertengruppe im Finanzministerium treffen. Die Gruppe besteht aus Vertretern des Ministeriums, des Bundeskanzleramtes sowie aus Vertretern diverser Interessensgruppen wie dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ), dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP), dem ORF, der Internetoffensive Österreich und des Interactive Advertising Bureau Austria (IAB).